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Flucht aus Katmandu

Titel: Flucht aus Katmandu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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schon nach drei, und sie hatten bereits geschlossen. Also fuhr ich nach Hause.«
    »He«, sag ich, »da hast du doch schon gute Fortschritte gemacht.«
    Keine Antwort von George.
    Am nächsten Morgen machte er sich noch früher auf den Weg, und er kam noch später zurück. Ich fragte ihn, wie es ihm ergangen sei, und lotste ihn zu einem chinesischen Abendessen zu Valentino.
    Als er die Frühlingsrolle aufschnitt, schüttelte er den Kopf. »Die Alten Hügelstraßen meinten, da es eine neue Straße sei, müsse ich offensichtlich zu den Neuen Hügelstraßen gehen. Sie taten so, als sei ich vollständig bekloppt. Sie sagten, sie kümmerten sich nur um die Erhaltung der Straßen und wüßten nichts von Erweiterungen.«
    »Du machst Witze.«
    »Nein. Also ging ich zu den Neuen Straßen zurück und fragte einen anderen, diesmal mit einem Bakschisch. Er sagte, sie wüßten nichts über diese Straße, es sei eine ganz besondere Straße.«
    »Sag das noch mal.«
    »Du hast richtig verstanden. ›Oh, Sir! Wir wissen nichts über diese Straße, von der Sie sprechen! Es ist eine ganz besondere Straße!‹ Sie empfahlen mir, mich ans Informationsamt im Kommunikationsministerium zu wenden.«
    »Ein Fortschritt.«
    In dieser Nacht war er wieder in beträchtlichen Nöten – er kam mit dem exotischen Essen von Katmandu nicht klar. Und am nächsten Tag fand er heraus, daß die Beamten des Informationsamtes nichts von unserer Straße wußten, nicht einmal, nachdem er sie mit einem Bakschisch bestochen hatte. Sie empfahlen ihm das Straßenamt. Oder vielleicht das Büro der Nationalen Planungskommission.
    Am nächsten Tag schickte die Leute in der Planungskommission ihn zum Ministerium des Panchayat, dem ein Örtliches Entwicklungsamt angeschlossen war. Dort schickte man ihn zum Straßenamt.
    »Wir machen Fortschritte«, sagte ich zu ihm. »Jetzt wissen wir, wohin wir uns nicht wenden müssen.«
    Er schnaubte.
    In der nächsten Woche fing er wieder von vorn an. Doch er war immer noch krank, und es schien ihm ständig schlechter zu gehen, und so fiel es ihm immer schwerer, einen vollen Tag durchzustehen.
    Eines Tages sagte ihm jemand im Informationsamt, die Chinesen würden die Straße bezahlen, doch der König wolle nicht, daß die Inder davon erfuhren. Das gab uns neuen Mut, und nur einen oder zwei Tage später sagte ihm jemand im Örtlichen Entwicklungsamt, einer der Minister im Kabinett habe die Verträge für den Bau der Straße seiner Familie zugeschustert und wolle nicht, daß jemand davon erfuhr.
    Ein paar Tage später informierte ihn ein dritter Beamter in der Abteilung für Alte Terai-Straßen, die Straße sei ein Geheimnis, weil die Inder sie bezahlten und der König nicht wolle, daß die Chinesen davon erfuhren.
    Wieder ein paar Tage später nahm ein Informant im Panchayat ein Bündel Bakschisch entgegen und erzählte ihm, der Finanzminister habe sowohl die Chinesen als auch die Inder dazu gebracht, die Straße zu bezahlen, und sie wollten nicht, daß überhaupt jemand etwas davon erfuhr, damit keine Seite herausfand, was der Minister getan habe.
    »Das klingt so wahrscheinlich, daß es wahrscheinlich nicht wahr ist«, meinte unser Freund Steve dazu.
    Aber man konnte es nicht genau sagen. Und die ganze Zeit über hing George in diesen Ämtern im Singha Durbar herum und wartete darauf, von dem einen oder anderen Beamten empfangen zu werden, bis er eines Tages nach Hause kam und, als ich ihn fragte, wo er an diesem Tag gewesen sei, sagte: »Weiß nicht.«
    »Was soll das heißen, du weißt es nicht? Wo warst du?«
    »Weiß nicht.«
    Ich fuhr mit der Hand vor seinem Gesicht hin und her. »Wie heißt du, George?«
    »Weiß nicht.«
    Ich nahm an, daß er allmählich ausgebrannt war, und lud ihn zum Abendessen ein. »He, Mann«, sagte ich, als er sich danach etwas erholt hatte, »ich könnte dich doch begleiten. Dann kannst du dich mit jemandem unterhalten, während du wartest.«
    »Freds, du siehst einfach nicht wie eine Amtsperson aus.«
    »Aber du auch nicht! Du siehst aus wie ein Trekker, der an der Höhenkrankheit gestorben ist.«
    »Hm«, sagte er und betrachtete sein Spiegelbild im Fenster. »Vielleicht.«
    Also gingen wir zu Yongten, um mehr Bakschisch zu holen und uns die Haare schneiden zu lassen. »Wir müssen aussehen, als wären wir gerade aus dem Flugzeug gestiegen«, sagte George zu ihm.
    »Klar.«
    »Wir müssen aussehen wie Burschen von einer Hilfsorganisation«, sagte ich, »mit jeder Menge Knete.«
    »Das wird

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