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Flucht aus Oxford

Titel: Flucht aus Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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Autos, den zähnefletschenden Hund von Nummer 3, lauschte dem Dauerstreit zwischen Barry und Paula in Nummer 5, schnupperte beglückt an den spät blühenden Rosen im Vorgarten von Nummer 8 und betrat schließlich den letzten Wohnblock am Ende der Sackgasse.
    Vom zweiten Stock aus hatte sie eine gute Aussicht auf die umliegenden Weiden und in die Gärten der Nachbarn. Sie fand es immer wieder erstaunlich, wie viel man über Menschen allein dadurch erfahren konnte, dass man ihre Gärten betrachtete. Gary und Kev hatten Massen von Pappkartons neben ihrem langsam vor sich hinrostenden Motorrad gestapelt; neben dem alten Waschbecken in ihrem Garten türmten sich einige kleinere Kisten. Donna überlegte, wie lange es noch dauern würde, ehe die Polizei auf der Suche nach verschwundenen Videorekordern oder Mikrowellenherden hier vorbeikäme. Paulas jüngster Spross, der kleine Lee, pinkelte an Barrys neues Gartenhaus; vermutlich traute er sich nicht in die Wohnung, in der die Eltern sich stritten wie die Kesselflicker. Scott bewunderte die Reihe von Leyland-Zypressen, die er gepflanzt hatte, um Mr Luckett aus dem Haus nebenan zu ärgern. Im Gemüsebeet des ewig schlecht gelaunten alten Knackers in Nummer 8 sprossen ein paar wirklich schöne Schösslinge; in einer der nächsten Nächte würde sie hingehen und sie klauen. Das würde ihn lehren, sie noch einmal wegen ihrer lauten Musik anzuraunzen.
    Donna zog die Vorhänge zu, um die jugendlichen Spanner zu ärgern, zog sich aus und sprang kurz unter die Dusche. Anschließend ließ sie sich vor dem Spiegel nieder und zog die Schublade heraus, in der sie ihr Schminkzeug aufbewahrte. Ehe sie sich daranmachte, ihr Aussehen zu verändern, schnitt sie dem rosigen Kindergesicht eine Grimasse, das unter der dicken Schicht bleichen Make-ups zum Vorschein gekommen war.
    »Du siehst aus, als wärst du eben erst vom Storch gebracht worden«, schalt sie ihr Konterfei und begann, sich Blasiertheit und Weltschmerz auf die jugendlichen Wangen zu malen.
    Während sie sich Gedanken darüber machte, welches Outfit ihrer umfänglichen Sammlung sich am besten für diesen Abend eignete, legte sie eine Kassette ein und drehte den Lautstärkeregler bis zum Anschlag. Das bringt die alten Säcke mal auf Trab, dachte sie.
    Nachdem sie sich in ein hautenges schwarzes Kleid gezwängt hatte, zog Donna die Vorhänge zurück und blickte aus dem anderen Fenster der Wohnung auf die Straße hinunter. Die Gärten hinter den Häusern offenbarten das geheime Leben von Broombanks; hier wurde Diebesgut versteckt, wurden Handel abgeschlossen und außereheliche Affären geplant. Die Straßenseite jedoch war das öffentliche Gesicht der Siedlung. Hier flanierte man, wenn man sich so richtig aufgebrezelt hatte, aber hier fanden auch die spektakulärsten Auseinandersetzungen zwischen streitenden Ehepaaren statt. Die Kinder aus der Problemfamilie in Nummer 4 neckten das einfältige Kind von nebenan, und die beiden Ältesten von Kelly, Jordan und Connor, versuchten, ihren kleinen Bruder mit ihren Mountainbikes zu überfahren. Alles war völlig normal. Seit Donnas Kindheit hatte sich nichts verändert. Zwar war die Straße eine andere, aber die aggressiven Überlebensspiele waren die gleichen geblieben.
    Donna verspürte eine gewisse Verbundenheit mit den Kindern dort unten auf der Straße. Sie würde sich weit aus dem Fenster lehnen müssen, um diese Verbindung zu kappen. Schnipp, schnapp. Aber mit der Armut, diesem Leben von der Hand in den Mund hier in Broombanks, wollte sie nichts mehr zu tun haben. Sie würde reich werden, und sie hatte entsprechende Pläne. Jeden Mittwoch und Samstag spielte sie Lotto. Sie hatte sechs Glückszahlen, die eines Tages gezogen werden würden; dann würde sie mit ihrem Raben nach Teneriffa oder auf die Bahamas entfliehen. Vielleicht brachten auch die fünf Rubbellose, die sie jeden Freitag erstand, einmal mehr als die ein oder zwei Pfund, die sie bisher gewonnen hatte. Eines wusste sie ganz genau: Hier in Broombanks würde sie nicht mehr lange bleiben. Sie würde entkommen – allerdings nicht in die spießige Welt der Hope-Stanhopes und der Fannings, sondern in ein Leben mit tollen Outfits, angesagten Nachtclubs, schnellen Autos und intensivem Sex, der den ganzen Nachmittag lang dauerte. Auch wenn ihre Glückszahlen niemals gezogen werden sollten – sie würde es schaffen, das wusste sie. Wenn Fortuna ihr nicht lächelte, würde sie es eben aus eigener Kraft so weit bringen..
    Donna

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