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Flucht Der Sklaven

Flucht Der Sklaven

Titel: Flucht Der Sklaven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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und hob sie in die Luft. Seltsamerweise verspürte sie noch immer keine Furcht. Wenn sie dies überlebte, würde sie niemals wieder Furcht empfinden.
    Cadsuane ließ das Ding, das einmal ein Ter'angreal gewesen war, zu Boden fallen. Man konnte es nicht länger als die Statue einer Frau bezeichnen. Das Gesicht drückte noch immer die gleiche erhabene Weisheit aus wie zuvor, aber die Figur war in zwei Stücke zerbrochen; die eine Seite war geschmolzen und so klumpig wie aufgekochtes Wachs, und der Arm mit der Kristallkugel lag nun in Splittern um das zerstörte Ding herum. Die männliche Figur war unversehrt und steckte bereits in ihrer Satteltasche. Callandor war ebenfalls gesichert. Es war besser, keine Versuchungen auf der offenen Hügelspitze liegen zu lassen. Wo sich einst Shadar Logoth befunden hatte, klaffte nun eine gewaltige Öffnung im Wald, die perfekt kreisförmig und so groß war, dass Cadsuane trotz der dicht über dem Horizont stehenden Sonne sehen konnte, wie die gegenüberliegende Seite schräg in die Tiefen der Erde führte.
    Lan führte sein hinkendes Schlachtross den Abhang hinauf und ließ die Zügel fallen, als er Nynaeve auf dem Boden ausgestreckt liegen und bis zum Kinn mit ihrem Umhang zugedeckt sah. Der junge al'Thor lag ebenfalls in seinen Umhang eingewickelt an ihrer Seite, Min lag zusammengekrümmt neben ihm, den Kopf auf seiner Brust. Sie hielt die Augen geschlossen, aber ihrem schmalen Lächeln nach zu urteilen schlief sie nicht. Lan hatte kaum einen Blick für sie übrig, als er die letzten Schritte rannte und sich auf die Knie fallen ließ, um Nynaeves Kopf sanft in seine Armbeuge zu betten. Sie regte sich genauso wenig wie der Junge.
    »Sie sind nur ohnmächtig«, erklärte Cadsuane. »Corele sagt, es wäre besser, sie sich allein erholen zu lassen.« Und wie lange das dauern würde, da hatte Corele sich nicht festlegen wollen. Genauso wenig wie Damer. Die Wunden in der Seite des Jungen hatten sich nicht verändert, obwohl Damer fest damit gerechnet hatte. Es war alles sehr beunruhigend.
    Den Hügel ein Stück weiter hinauf beugte sich der kahle Asha'man über eine stöhnende Beldeine, und seine Finger zuckten über sie hinweg, während er sein seltsames Heilgewebe webte. Er hatte in der vergangenen Stunde viel zu tun gehabt. Alivia konnte nicht aufhören, den Arm, der gebrochen und bis auf den Knochen verbrannt gewesen war, ungläubig anzustarren und ihn zu beugen und dehnen. Sarene ging auf unsicheren Beinen, aber das war nur die Müdigkeit. Sie war unten im Wald beinahe gestorben und diese Erfahrung stand ihr noch immer in die weit aufgerissenen Augen geschrieben. Weiße Schwestern waren nicht an solche Dinge gewöhnt.
    Nicht jeder hatte so viel Glück gehabt. Verin und die Meervolk-Frau saßen neben der mit einem Umhang verhüllten Kumira; ihre Lippen bewegten sich im stummen Gebet für ihre Seele, und Nesune versuchte ungeschickt die schluchzende Daigian zu trösten, die den Leichnam des jungen Eben in den Armen hielt und ihn wie ein Baby wiegte. Grüne waren an leidvolle Erfahrungen gewöhnt, aber Cadsuane gefiel es nicht, zwei ihrer Leute für nicht mehr als ein paar angesengte Verlorene und einen toten Renegaten verloren zu haben.
    »Sie ist sauber«, sagte Jahar zum wiederholten Male. Diesmal war Merise diejenige, die saß, während sein Kopf in ihrem Schoß ruhte. Ihre blauen Augen blickten so streng wie immer, aber sie streichelte zärtlich sein Haar. »Sie ist sauber.«
    Cadsuane wechselte mit Merise über den Kopf des Jungen hinweg einen Blick. Damer und Jahar sagten übereinstimmend das Gleiche, der Makel war weg, aber wie konnten sie nur sicher sein, dass nicht eine Kleinigkeit zurückgeblieben war? Merise hatte ihr gestattet, eine Verknüpfung mit dem Jungen einzugehen, und sie konnte nichts von dem fühlen, was die anderen Grünen beschrieben hatten, aber wie sollten sie nur sicher sein können? Saidin war so fremdartig, dass sich in diesem verrückten Chaos alles Mögliche verbergen konnte.
    »Ich will sofort aufbrechen, sobald die restlichen Behüter eingetroffen sind«, verkündete sie. Es gab zu viele Fragen, für die sie keine befriedigenden Antworten hatte, aber sie hatte jetzt den jungen al'Thor, und sie beabsichtigte nicht, ihn wieder zu verlieren.
    Die Nacht brach herein. Oben auf dem Hügel wehte der Wind Staub über die Fragmente dessen, was einst ein Ter'angreal gewesen war. In der Tiefe lag die Gruft von Shadar Logoth geöffnet dar, um der Welt Hoffnung zu

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