Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Flucht - Ein Kay-Scarpetta-Roman

Titel: Flucht - Ein Kay-Scarpetta-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
Vom Netzwerk:
den du erwähnt hast, irgendetwas mit ihrer Ermordung zu tun haben könnte, dann solltest du das der Polizei erzählen, nicht mir«, sagte ich ärgerlich.
    »Kay«, antwortete er, »meine Kanzlei weiß nicht das Geringste davon, dass ich mit dir rede, okay? Als mich Berger gestern anrief, ging es um etwas ganz anderes, verstehst du? Er hat im Verlauf des Gesprächs den Mord an Beryl Madison erwähnt, weil er wollte, dass ich mich in den hiesigen Zeitungen über den Fall informiere.«
    »Gut. Im Klartext heißt das, informiere dich über den Fall, bei deiner Ex- ...«
    Ich spürte, wie ich rot wurde. Ex- was ?
    »So ist es nicht.« Er blickte zur Seite. »Ich dachte an dich und wollte mit dir telefonieren, bevor Berger anrief, bevor ich die Sache mit Beryl erfuhr. Zwei verdammte Nächte lang habe ich vor dem Telefon gesessen. Ich habe mir deine Nummer von der Auskunft geben lassen, aber ich habe mich einfach nicht getraut, dich anzurufen. Wenn Berger mir nicht erzählt hätte, was passiert ist, hätte ich es vermutlich nie getan. Vielleicht war Beryl ein willkommener Vorwand. So viel gebe ich zu. Aber es ist nicht so, wie du denkst ...«
    Ich hörte nicht zu. Es erschreckte mich, wie gern ich ihm glauben wollte. »Wenn deine Kanzlei sich für den Mord interessiert, dann sag mir genau, warum.«
    Er dachte einen Moment lang nach. »Ich bin mir nicht sicher, ob wir ein berechtigtes Interesse an dem Mord haben. Vielleicht kommt es aus einem ganz persönlichen Gefühl des Schreckens heraus. Es war ein fürchterlicher Schock für diejenigen von uns, die sie gekannt hatten. Außerdem kann ich dir verraten, dass sie sich mitten in einem ziemlich heftigen Streit befand. Aufgrund eines Vertrags, den sie vor acht Jahren unterschrieben hatte, wurde ihr ganz schön übel mitgespielt. Die Geschichte ist sehr kompliziert. Und sie hat etwas mit Cary Harper zu tun.«
    »Dem Schriftsteller?«, fragte ich verblüfft. » Dem Cary Harper?«
    »Wie du vielleicht weißt«, sagte Mark, »wohnt er nicht weit von hier in Cutler Grove, einer alten Plantage aus dem achtzehnten Jahrhundert. Sie liegt am Ufer des James River, in Williamsburg.«
    Ich versuchte mir ins Gedächtnis zu rufen, was ich über Harper gelesen hatte. Vor etwa zwanzig Jahren hatte er mit einem Roman den Pulitzerpreis gewonnen. Er lebte sehr zurückgezogen zusammen mit seiner Schwester. Oder war es seine Tante? Um Harpers Privatleben rankten sich die wildesten Gerüchte. Je mehr er dieReporter austrickste und Interviews verweigerte, desto heftiger schossen die Spekulationen über ihn ins Kraut.
    Ich zündete mir eine Zigarette an.
    »Ich habe gehofft, du hättest damit aufgehört«, sagte er.
    »Dazu müsste man mir schon ein Stück meines Vorderhirns herausoperieren.«
    »Das wenige, was ich weiß, ist schnell erzählt. Beryl hatte als Teenager, bis sie etwa zwanzig war, eine Art Beziehung mit Harper. Eine Zeitlang lebte sie sogar mit ihm und seiner Schwester in seinem Haus. Beryl war für ihn eine hoffnungsvolle junge Autorin, die talentierte Tochter, die er selbst nie hatte. Er nahm sie unter seine Fittiche. Durch seine Vermittlung konnte sie schon im Alter von nur zweiundzwanzig Jahren unter dem Namen Stratton ihren ersten Roman veröffentlichen, eine pseudo-literarische Liebesschnulze. Harper ließ sich sogar dazu herab, ein paar Worte für den Schutzumschlag des Buches zu schreiben, irgendetwas von einer aufregenden jungen Autorin, die er entdeckt habe. Viele Leute rümpften damals darüber die Nase. Ihr Roman gehörte eher dem Bereich der kommerziellen Unterhaltungsliteratur an und war kein Werk von hohem künstlerischem Rang. Außerdem hatte man schon jahrelang kein Wort mehr von Harper gehört.«
    »Was hat das mit ihren Vertragsstreitigkeiten zu tun?«
    Mark antwortete ironisch: »Harper mag ja leicht auf eine ihn anbetende junge Dame hereinfallen, aber er ist auch ein ganz schön durchtriebener Bastard. Bevor er ihrem Buch zur Veröffentlichung verhalf, zwang er sie, einen Vertrag zu unterzeichnen. In diesem wurde Beryl untersagt, etwas über ihn zu schreiben, solange er und seine Schwester am Leben waren. Harper ist erst Mitte fünfzig und seine Schwester ein paar Jahre älter. Im Grunde hinderte der Vertrag Beryl bis an ihr Lebensende daran, etwas Autobiographisches zu schreiben, denn wie konnte sie das, ohne Harper zu erwähnen?«
    »Sie hätte es schon gekonnt«, antwortete ich, »aber ohne Harper hätte sich das Buch nur schlecht

Weitere Kostenlose Bücher