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Flucht im Mondlicht

Flucht im Mondlicht

Titel: Flucht im Mondlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N. H. Senzai
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kommen gleich«, sagte Gul Khan mit einem glucksenden Lachen, bei dem sein Bauch bebte.
    Aus der Küche roch es so gut, dass Fadi der Magen knurrte. Er hatte wieder mehr Appetit, seit er erfahren hatte, dass Mariam nach Peschawar gelangt war. Aber nun, anderthalb Monate nach dieser erfreulichen Nachricht, war die Familie wieder in Sorge. Tante Nargis ließ in ganz Peschawar nach Mariam suchen, aber bisher hatten ihre Leute nicht die geringste Spur von ihr gefunden. Seit den amerikanischen Bombenangriffen auf Dschalalabad hatte sich die Zahl der afghanischen Flüchtlinge verzehnfacht, was das Chaos entlang der Grenze noch vergrößerte. Fadi hatte gehofft, dass Mariam irgendwie den Weg in die Klinik ihrer Tante und ihres Onkel finden würde, aber dieses Wunder war nicht geschehen. Deshalb hatte er diesmal besonders lange auf dem Gebetsteppich in der Moschee gekniet und Allah angefleht, Mariam zu beschützen und ihm zu helfen, den Fotowettbewerb zu gewinnen.
    Die Khutba des Imam beim Freitagsgebet hatte ihm Hoffnung gegeben. Das Thema der Predigt war der Prophet Hiob gewesen, der trotz all des Unglücks, das über ihn kam, nie die Geduld und den Glauben an Allah verlor – nicht einmal, als sein ganzer Körper mit schmerzenden Geschwüren bedeckt war. Am Ende hatte Allah Hiob für seine Frömmigkeit und Geduld mit Gesundheit, Familienglück und Wohlstand belohnt.
    Fadi wusste von Miss Bethune, dass die Ergebnisse des Fotowettbewerbs bereits abgeschickt worden waren. Seine Nervosität wuchs, obwohl er sich um Geduld bemühte. Ich muss positiv denken. Dank meiner Erfahrung im Fotografieren und Anhs Hilfe werde ich gewinnen . Er setzte sich, seinem Vater gegenüber, an einen Tisch neben dem Fenster.
    »Alle hier reden nur noch über die Wahl von Hamid Karzai«, sagte Gul Khan, als er ihnen heißes Brot und eine Schüssel Salat brachte.
    »Ja, klar«, sagte Habib.
    »Hast du gewusst, dass der Bruder von Hamid Karzai ein afghanisches Restaurant in San Francisco hat?«, fragte Gul Khan. »Ich wette, dass die Wahl seines Bruders seinen Umsatz enorm steigern wird«, fügte er seufzend hinzu.
    »Salam, Gul Khan«, begrüßte ihn die dröhnende Stimme von Onkel Amin, der gerade hereingekommen war.
    » Walaikum Salam «, erwiderte der Wirt. »Nimm Platz. Die Kebabs sind fast fertig.«
    Onkel Amin ging erst noch auf die Toilette. Salmai setzte sich gleich neben Fadi.
    »Ich habe gehört, dass ihr euch mit Ike und Felix an­legen wollt«, sagte Salmai hastig, als Habib sich eine afgha­nische Zeitung holen ging.
    Fadi runzelte die Stirn. Das hat sich aber schnell herum­gesprochen . »Also wir wollen die beiden nicht bekriegen oder so was«, flüsterte er. »Aber sie drangsalieren ständig Kinder, deshalb werden wir etwas gegen sie unternehmen.«
    Salmais Gesicht nahm einen besorgten Ausdruck an. »Ich weiß nicht, Mann. Wollt ihr euch diese Kerle wirklich zu Feinden machen? Die Eltern von Felix sind anscheinend sehr erfolgreiche Anwälte mit einer großen Kanzlei in der Stadt.«
    »Oh«, sagte Fadi. Das hatte er nicht gewusst.
    »Ja, sie erledigen den ganzen juristischen Kram für die philippinische Gemeinde.«
    »Sei still«, zischte Fadi, als Habib mit der Zeitung zurückkam. Auf der Titelseite war ein großes Bild von einem bärtigen Mann mit einer Karakulmütze auf dem Kopf.
    »Ist es nicht unglaublich, dass alle afghanischen Oppositionsgruppen sich in der deutschen Stadt Bonn trafen und einen Paschtunen wählten?«
    »Karzai ist vor allem ein guter Mann«, sagte Habib lächelnd. »Er wurde von allen gewählt, die an der Loja Dschirga teilnahmen, auch von den Delegierten der Nordallianz.«
    »Ja«, sagte Onkel Amin. »Ich bin nur überrascht, dass sie sich für ihn entschieden, weil er eine Zeit lang die Tali­ban unterstützte.«
    »Die Zeiten ändern sich. Viele von uns setzten damals große Hoffnungen in die Taliban«, murmelte Habib. »Nachdem Karzai mitgeholfen hatte, die Sowjets hinauszuwerfen, arbeitete er mit den Taliban zusammen, bis sie sich gegen ihn wandten. Karzai wollte auch nicht ihr UNO -Botschafter werden.«
    Onkel Amin lachte. »Na ja, das ist auch ein sehr schwieriges Amt.«
    Habibs Lächeln wurde breiter. »Allerdings«, sagte er trocken.
    »Vielleicht kehrt in Afghanistan nun etwas Frieden ein«, sagte Onkel Amin mit einer Mischung aus Hoffnung und Sehnsucht in den Augen. »Karzai ist ein guter Mann, ein gerechter Mann.«
    »Ja, Bruder, Inschallah «, sagte Gul Khan und stellte eine große Platte mit

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