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Flucht im Mondlicht

Flucht im Mondlicht

Titel: Flucht im Mondlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N. H. Senzai
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Mit von Arthritis knotigen Fingern löste er den Schal behutsam aus den Dornen. Dann brach er eine große gelbe Blüte ab und reichte sie Abai. Sie kicherte wie ein junges Mädchen und roch an der Rose.
    Fadi hielt inne. Das ist perfekt! Blitzschnell stellte er die Schärfe nach und knipste los, während die Sonne eine letzte Salve goldenes Licht über den Hof feuerte, bevor sie verblasste und unterging. Abai und Dada vergaßen alles um sich herum, während sie zärtlich miteinander plauderten. Klick, klick, klick . Abai hatte einen seligen Ausdruck auf dem Gesicht und Dada lächelte. Fadis Herz schlug höher vor Begeisterung. Er wusste, dass diese Fotos zu de n besten gehörten, die er je geschossen hatte.
    Fadi trug das Tablett mit seinem Mittagessen durch die volle Cafeteria, ohne den Lärm um ihn herum wahrzunehmen. Soeben hatte er sein Anmeldeformular und sein bestes Foto bei Miss Bethune abgegeben, fünf Stunden vor der Frist. Er war müde und aufgeregt zugleich. Ich werde gewinnen. Das weiß ich einfach .
    Er blieb bei den Getränkeautomaten stehen und blickte zu dem Tisch hinüber, an dem er immer mit Anh, Jon, Ravi und ein paar anderen Kindern aus dem Fotoklub saß. Er war leer. Heute war er der Erste am Tisch. Er wollte sich gerade hinsetzen, als er hörte, wie hinter ihm sein Name gerufen wurde. Er drehte sich um und blickte über den Tisch mit den Basketballspielern, die neben den Jugend-forscht-Teilnehmern saßen.
    »Fadi«, rief die Stimme noch einmal.
    Bei den Mitgliedern der Schulband sah Fadi eine Gruppe Jungen sitzen und erkannte, wer nach ihm rief. Es war Masud, der afghanische Junge, den er im Lebensmittelgeschäft gesehen hatte, als Habib dort seine flammende Rede gehalten hatte.
    »Hallo, Fadi«, sagte der andere afghanische Junge aus seinem Mathekurs. »Bist du nicht Paschtune?«
    Fadi erstarrte, als ihm einfiel, dass die beiden Tadschiken waren. Alle afghanischen Jungen am Tisch waren entweder Tadschiken oder Usbeken. Wahrscheinlich wollten sie ihm wegen dem, was sein Vater gesagt hatte, eine Tracht Prügel verpassen. Schweiß rann ihm zwischen den Schulterblättern hinab. Wahrscheinlich gaben die Jungen den Taliban und den Paschtunen die Schuld an den Problemen in Afghanistan und den Angriffen der Vereinigten Staaten. Er trat vorsichtig einen Schritt zurück, bereit, sich umzudrehen und wegzurennen.
    »Fadi«, rief Masud erneut und winkte ihn ungeduldig an den Tisch.
    Fadi sah sich in dem vollen Raum um. Hab etwas mehr Stolz , schalt er sich. Sei kein Feigling. Sie können dich schließlich nicht vor all diesen Leuten verprügeln . Er holte tief Luft, sprach ein stummes Stoßgebet und ging beherzt auf den Tisch zu.
    »Ja, ich bin Paschtune«, sagte er. Er stand aufrecht da und hielt Masuds forschendem Blick stand.
    »Harte Burschen, diese Paschtunen«, sagte ein pummeliger Junge in einem übergroßen Sweatshirt mit der Aufschrift »University of California«.
    »Hallo, Said«, sagte Fadi.
    »Setz dich«, forderte Masud ihn auf und machte neben sich Platz.
    Fadi stellte sein Tablett zwischen Masud und Said und setzte sich.
    »Wir haben gehört, dass Ike und Felix dich überfallen haben«, sagte Masud.
    Fadi nickte. Sein Gesicht zeigte immer noch Spuren des Kampfes, auch wenn die blauen Flecken inzwischen blasser und gelblich geworden waren.
    »Wir haben auch gehört, dass du es den beiden mit gleicher Münze heimgezahlt hast«, sagte Said mit einem breiten Grinsen.
    »Diese Kerle haben es verdient«, murmelte ein Junge, der auf der anderen Seite des Tisches saß und den Mund voller Kebab-Sandwich hatte.
    »Ja, Mann«, krähte ein anderer. »Habt ihr Ikes dicke Lippe gesehen?«
    »Seit Jahren schüchtern sie alle ein«, sagte Masud. »Und jetzt … jetzt sind sie noch schlimmer geworden.«
    »Sie stolzieren herum und beschimpfen jeden als Terroristen. Sogar die indischen und mexikanischen Kinder.«
    »Sie unterdrücken die anderen, Mann«, sagte der Junge mit dem Kebab-Sandwich.
    Fadi nickte und öffnete vorsichtig seine Tüte Orangensaft. Unterdrücken ist der richtige Ausdruck . Er wusste, dass Felix in der Vorwoche versuchte hatte, Ravi Geld abzuknöpfen. Der arme Ravi hatte sich beinahe in die Hosen gemacht und war ohnmächtig geworden.
    »Es wird Zeit, dass wir uns zusammentun, Leute«, sagte Masud. Er klopfte Fadi auf den Rücken. »Es wird Zeit, dass wir es ihnen mit gleicher Münze heimzahlen.«
    Fadi witterte eine Chance, sich endlich zu rächen. Lächelnd sah er die Jungen an. »Was

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