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Flucht im Mondlicht

Flucht im Mondlicht

Titel: Flucht im Mondlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N. H. Senzai
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habt ihr vor?«

Warten
    Um vier Uhr morgens klingelte das Telefon und riss Fadi aus dem Schlaf. »Hä?«, nuschelte er und zerrte sich die Decke vom Gesicht. Das Telefon klingelte erneut. Das schrille Geräusch drang durch die ganze Wohnung. Bevor Fadis Gehirn seinen Körper dazu bringen konnte, sich in Bewegung zu setzen, polterten Schritte den Flur entlang.
    Habib kam ins Wohnzimmer gestürzt und nahm den Hörer ab. »Hallo«, meldete er sich mit heiserer Stimme. In der Düsternis konnte Fadi das unrasierte verschlafene Gesicht seines Vaters nur schemenhaft erkennen. Stille breitete sich aus, während Habib der gedämpften Stimme am anderen Ende der Leitung lauschte. Fadis Nacken­härchen stellten sich auf, während er durch den dunklen Raum spähte.
    »Nargis, Jan , bist du sicher?«, fragte Habib. Er tastete nach der Armlehne des Liegesessels und setzte sich hinein.
    Fadi blinzelte. Nun war er hellwach. Was ist geschehen? Er wünschte, er könnte den Gesichtsausdruck seines Vaters sehen.
    »Ja, doch, das sind großartige Neuigkeiten«, sagte Habib.
    Fadi fiel ein Stein vom Herzen. Mariam wurde ge­funden!
    Ein paar Minuten saß Habib ruhig da und hörte Tante Nargis zu.
    »Immerhin wissen wir jetzt mehr als letzten Monat«, sagte er. Er klang erleichtert, fast glücklich. »Ich rufe dich morgen an. Safuna wird alle Einzelheiten erfahren wollen.« Nachdem er sich verabschiedet und den Hörer aufgelegt hatte, saß er reglos da.
    Fadi stieß seine Decken beiseite und sprang auf. »Was ist los?«, fragte er. Er packte seinen Vater am Arm und schüttelte ihn.
    »Sie haben die Familie gefunden, die Mariam mitgenommen hat«, sagte Habib.
    »Wo ist sie?«, fragte Fadi. Sein Herz klopfte jetzt wie wild.
    »Mariam war nicht bei ihnen.«
    »Was?« Ihm gefror das Blut in den Adern. »Was ist mit ihr geschehen?«
    Habib seufzte und machte eine Pause, um seine Ged­an­ken zu ordnen, während Fadi vor Ungeduld ganz zappelig wurde.
    »Nargis hat die Familie in einem der vielen Flüchtlingslager in Peschawar aufgespürt. Der Vater, ein gewisser Nisar, sagte ihr, seine Familie hätte sich schon Mitte September nach Pakistan abgesetzt.«
    Also vor den Bombenangriffen auf Dschalalabad , dachte Fadi.
    »Sie bestachen ein paar pakistanische Soldaten, die sie dann in ihrem Jeep über die Grenze mitnahmen. Nach ihrer Ankunft in Peschawar landeten sie in einem Flüchtlingslager. Sie erhielten ein Zelt, Decken und Essen. Aber als sie zur zentralen Meldestelle gingen, um ihre Namen eintragen zu lassen, verschwand Mariam.«
    »Sie verschwand? Was soll das heißen?«, flüsterte Fadi. Schreckensvorstellungen schossen ihm durch den Kopf. Wurde Mariam entführt?
    »Sie lief weg«, erwiderte Habib. »Sie sagte dem jüngsten Sohn, dass sie gehen würde, aber er musste ihr versprechen, seinen Eltern nichts zu verraten, bis sie weg war. Sie sagte, sie sei seiner Familie sehr dankbar für ihre Hilfe, aber sie müsse ihre Familie suchen gehen.«
    »Sie lief weg?«, wiederholte Fadi wie ein dummer Papagei.
    »Ja. Als Nisar ins Zentralbüro ging, um sie vermisst zu melden, entdeckte seine Frau Mariams Foto auf dem Anschlagbrett für vermisste Personen. Sie erzählte dem Büroleiter, dass sie und ihr Mann das Mädchen auf dem Foto aus Dschalalabad mitgebracht hatten, aber dass die Kleine gesagt hatte, sie hieße Noor.«
    »Warum hat Mariam das gemacht?«
    »Ich weiß es nicht, Fadi, Jan .« Habib seufzte. »Sie wollte ihnen offenbar nicht ihren richtigen Namen nennen. Deshalb gab sie sich als Noor aus.«
    »Ja«, sagte Fadi. »Wahrscheinlich wollte sie nicht verraten, wer sie ist.«
    »Der Büroleiter rief Nargis an und erzählte ihr Nisars Geschichte und dass Mariam es über die Grenze geschafft hatte.«
    Fadi nickte. Sie lebt und ist in Peschawar , dachte er erleichtert. Er würde sie finden. Das wusste er. Nun brauchte er nur noch die Flugtickets.
    Nach diesen aufregenden Neuigkeiten konnten Habib und Fadi nicht mehr schlafen. Sie saßen im Wohnzimmer, aßen Cornflakes und sahen sich alte Schwarz-Weiß-Filme an , bis Safuna und Noor aufwachten. Sie konnten es kaum erwarten, den beiden zu erzählen, was sie inzwischen erfahren hatten.
    » Salam alaikum «, rief Gul Khan, als Habib und Fadi das Restaurant Khaiberpass betraten. Dort waren sie nach dem Freitagsgebet mit Onkel Amin und Salmai zum Mittagessen verabredet.
    » Walaikum Salam, Bruder Gul«, sagte Habib. »Fadi und ich hatten Appetit auf deine leckeren Tschapli-­Kebabs.«
    »Meine Kebabs

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