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Flucht in die Hoffnung

Flucht in die Hoffnung

Titel: Flucht in die Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Rothkamm
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hielt ich für einen Fehler. Meine Intuition warnte mich
davor.
    Ich hatte vor allem Angst. Überall witterte ich Verrat.

DER ÜBERFALL
    Emira war schulpflichtig, und die Ferien neigten sich dem
Ende zu. Wenn ich meine Tochter am Schulbesuch hinderte, könnte ich von
Gesetzes wegen mein Sorgerecht verspielen. Ich beschloss, in Tunis zu bleiben,
und suchte eine Wohnung, was zeitaufwendig und schwierig war, bis wir vorübergehend
bei einer alten Dame unterkamen. In Deutschland war Mohamed inzwischen ein
einziges Nervenbündel, was ich bei jedem Telefonat merkte. Ich sollte längst zu
Hause sein und war nun womöglich in Lebensgefahr – mit seinem Sohn!
    Ich fasste den Plan, den Leuten, die uns beschatteten, ein
geregeltes Leben vorzuspielen. Ich wollte Emira in einer Schule anmelden und
eine Wohnung mieten.
    Tunis war eine moderne Stadt mit vielen Shoppingangeboten, Bazaren,
einem Zoo. Es gab viele schöne Ecken dort. Leider war es aber auch sehr teuer.
Doch Tunis war weit genug entfernt von Djerba und Farid, was derzeit mein
wichtigstes Kriterium war. Da Farid Emira in M’Saken nur selten besucht hatte,
musste ich nicht befürchten, er würde oft nach Tunis kommen, vor allem, da ihm
nun sicherlich zum wiederholten Male mitgeteilt worden war, dass seine Tochter
ihn nicht sehen wollte, was sie ihm auch selbst oft genug am Telefon gesagt
hatte. Tunis schien perfekt.
    An der Schule in Tunis erfuhr ich, dass ich eine Bestätigung von
Emiras bisheriger Schule brauchte, um sie anmelden zu können. Durch Zufall
lernte ich jemanden kennen, der mich in Emiras ehemalige Schule begleitete.
Allein hätte ich mich nicht in die Höhle des Löwen gewagt. Auch Emira hatte
große Angst. Dennoch schlug sie vor, ihre warme Kleidung aus M’Saken zu holen,
denn seit einigen Tagen fror sie abends. Wir hatten nur ihre Sommerkleidung im
Feriengepäck.
    »Ich rate dringend davon ab, die Kleidung zu holen«, warnte unser
Begleiter, dem ich unsere Geschichte erzählt hatte.
    »Was soll uns passieren?«, gab ich mich
lockerer, als ich mich fühlte. »Die Sachen gehören Emira.«
    »Und gestern hab ich so gefroren!«, warf
Emira ein.
    Zu meiner Erleichterung war es kein Problem, von Emiras ehemaliger
Schule die benötigte Bestätigung zu erhalten.
    »Dann fahren wir jetzt die Klamotten holen«, bat ich unseren
Chauffeur.
    Auf dem Weg nach M’Saken beschloss ich, ganz ehrlich mit Farids
Familie zu sprechen. Wenn ich ihnen sagte, dass Emira lieber bei ihrer Mutter
lebte, dann mussten sie das doch akzeptieren. Was sollten sie dagegen
einwenden? Vielleicht hatten sie ja auch Einfluss auf Farid. Wie sehr hoffte
ich auf eine gütliche Regelung.
    Der Mann, der uns fuhr, parkte am Anfang der Gasse, stieg aus dem
Wagen und zündete sich eine Zigarette an. Mit Elias auf dem Arm und Emira an
der Hand klopfte ich an die Tür der Familie. Mutter und Vater von Farid baten
uns herein. Der Vater schloss die Tür. Ich öffnete sie wieder und stellte mich
in den Türrahmen.
    »Hallo, Emira, wie geht es dir?« Aslema Chnowachwelek.
    Emira ließ meine Hand nicht los, sie klammerte sich regelrecht fest
an mir. Ich sagte, was ich zu sagen hatte. »Wir haben die Papiere von der
Schule abgeholt. Emira wird bei mir bleiben. Ich weiß, dass ihr es gut mit
eurem Enkelkind meint, aber das Kind möchte nicht hier wohnen.«
    »Glaubst du, du bist eine bessere Mutter als meine Frau?«, empörte sich Emiras Opa.
    »Das hat doch damit nichts zu tun! Wir wollen nur die Sachen holen.«
    »Welche Sachen? Wir haben keine Sachen. Wir haben ihr alles
mitgegeben.«
    »Aber Mama, das stimmt nicht!« Empört
schaute Emira von ihren Großeltern zu mir und zurück. »Meine ganzen warmen
Anziehsachen sind im Schrank. Und meine Spielsachen auch!«
    Der Vater verließ den Raum. Ich hörte ihn telefonieren.
    »Mama, der ruft den Papa an«, raunte Emira mir zu.
    »Komm!« Wir sprangen nach draußen auf die
Straße.
    Da kam der Großvater herausgestürmt, stürzte sich auf uns, die Oma
folgte, und die beiden alten Leute begannen wie rasend auf uns einzudreschen.
Meine Exschwiegermutter schlug mir mit der flachen Hand auf den Kopf. Ich hatte
Elias auf dem Arm und konnte mich nicht wehren. Emiras Großvater versuchte
seiner Enkelin habhaft zu werden, prügelte sie, zerrte an ihr. Wild wehrte sich
Emira, ihr T -Shirt zerfetzt, riss sie sich los. Die
Großmutter zog mich an den Haaren, Emira kreischte panisch, Elias schrie, eine
Menschentraube bildete sich um uns. Da ließen die beiden

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