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Flucht in die rote Welt

Flucht in die rote Welt

Titel: Flucht in die rote Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John D. MacDonald
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funktioniert.«
    Er warf einen Blick auf die Kreuzung. Die Ampel schaltete auf Grün. Der Armee-Laster fuhr langsam an. Vom Meer her kam eine dunkle Rauchwolke. Sirenen klangen auf.
    »Es hat funktioniert«, sagte er.
    »Wir wären um ein Haar verbrannt oder ermordet worden, und du stehst da und grinst wie ein Idiot! Was ist denn los mit dir?« Sie trat näher an ihn heran. »Hast du sie umgebracht?«
    »Nein.«
    »Weshalb nicht?«
    Er fand, daß ihr Mund einen häßlichen Zug angenommen hatte. Sie befanden sich in einem Park, wo sie vor neugierigen Blicken geschützt waren. Ihr feuchter orange Coverall roch nach Rauch. Ihr Haar hing wirr in die Stirn, und sie hatte Rußflecken im Gesicht.
    »Um ehrlich zu sein, zuerst wollte ich es tun.«
    »Du Idiot! Halte sofort alles an! Geh zurück und bringe sie um. Wer wird es je beweisen können? Du mußt sie töten. Sie werden niemals aufgeben, solange sie leben.«
    Er sah sie genau an. Und er dachte daran, daß er beinahe das getan hätte, was sie vorschlug. Aber dann wäre sein Leben verändert gewesen. Und er hätte nie mehr Freude am Stillstehen der Zeit empfinden können. Bonny Lee hatte das instinktiv verstanden. Ein Mord hätte die Uhr zu einem Instrument des Vorwurfs gemacht – denn der Besitzer der Uhr hatte es nicht nötig, andere Menschen zu töten.
    »Betsy, Charla und Joseph sind im Moment so beschäftigt, daß sie sich gar nicht um uns kümmmern können.«
    »Beschäftigt?«
    »Tante Charla macht sich einen vergnügten Abend per Auto, und Joseph schließt neue Bekanntschaften.«
    »Du tust, als wäre das alles ein Witz!« sagte sie wütend.
    Er hörte Männer auf den Docks rufen. Die Feuerwehren fuhren auf. Er nahm Betsy am Arm und brachte sie weg. Sie hielten sich an Seitenwege, die im Schatten lagen. Als sie in die Nähe eines Geschäftsviertels kamen, ließ er sie im Schatten eines Ladens stehen und versetzte sich in die rote Welt. Er entdeckte ein Geschäft, das noch geöffnet hatte, und trat ein. Drinnen wählte er sorgfältig die leichtesten Sandalen, die er finden konnte, und streifte sie über. Dann suchte er Kleider für Betsy und sich aus, packte sie in einen leichten Koffer und hievte ihn ins Freie. Er hatte nur Sachen genommen, wenn niemand in der Nähe stand. Er wußte, daß es unethisch war, die anderen Menschen zu erschrecken. Bei Charla und Joseph hatte er dieses Konzept durchbrochen. Aber die Soldaten würden sich kaum Gedanken über die Herkunft des unerwarteten Geschenks machen. Und die Damen, die er zu Joseph in die Speisekammer gebracht hatte, waren sicher zu sehr mit subjektiven Dingen beschäftigt, um sich über die objektive Lage zu wundern.
    Betsy zog sich hinter ein paar Büschen im Park um und wusch sich das Gesicht an einem Trinkbrunnen. Charlas feuchten Anzug ließ sie einfach liegen.
    Dann winkte er ein Taxi heran und gab dem Fahrer eine Adresse in der Nähe des Birdline an. Betsy ging allein ins Hotel und mietete unter falschem Namen ein Zimmer. Kirby wartete zehn Minuten, hielt dann die Zeit an und betrat ebenfalls das Hotel. Er sah im Register nach, daß sie Zimmer 305 bekommen hatte. Er ging nach oben. Die Tür war angelehnt, wie sie es vereinbart hatten. Als er vor ihr auftauchte, erschrak sie nicht einmal. Er schloß die Tür und meinte: »Du beherrschst dich gut.«
    »Ich glaube, ich bin einfach zu müde, um noch zu reagieren. Wie fühlst du dich eigentlich, wenn du die Zeit anhältst?«
    »Es ist alles ganz still und reglos. Es ist wie ein sonderbarer Traum.«
    »Kommst du dir dabei böse vor? Oder ist das eine idiotische Frage?«
    »Nein, durchaus nicht. Es könnte böse sein. Ich glaube, es kommt darauf an, wer den Mechanismus benutzt. Man kann seine Träume verwirklichen. Man genießt absolute Freiheit. Und wenn die Träume krankhaft sind, kann man sie ebenso wahr machen. Es ist eine Macht wie jede andere. Aber ich hatte noch nicht viel Zeit, um über diese Dinge nachzudenken. Und ich habe auch jetzt wenig Zeit. Ich muß ein Mädchen suchen. Du dürftest hier sicher sein.«
    »Irgendein Mädchen?«
    »Nein.«
    »Dein Gesicht ist schmutzig.«
    »Ich werde so frei sein und deine Dusche benutzen.«
    »Natürlich. Fang ruhig an.«
    Er nahm eine Dusche und zog die gestohlenen Kleider an. Als er in die Tasche der alten Hose fuhr, war die Uhr verschwunden. Er sah Betsy an. Sie saß zusammengekauert auf dem Bett und starrte den Zeiger an. »Ich hatte nicht den Mut«, flüsterte sie.
    »Was wolltest du tun?«
    »Bitte, sei mir

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