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Flucht in die rote Welt

Flucht in die rote Welt

Titel: Flucht in die rote Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John D. MacDonald
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verborgenen Lautsprecher. »Joseph hat eine ausgezeichnete Idee. Wir wollen ein Loch in die Stahltür brennen, gerade groß genug für die Uhr. Falls ihr euch weigern solltet, sie herauszugeben, könnte die Lage unangenehm für euch werden.«
    Kirby holte tief Atem. »Bevor ich dir die Uhr gebe, Charla, schlage ich sie so lange gegen die Stahltür, bis nur noch Splitter übrig sind.«
    »Futterneidisch?«
    »So könnte man es nennen.«
    »Du bluffst gut, Kirby.«
    »Es ist kein Bluff, Charla. Ich leide an einer chronischen Krankheit mit dem häßlichen Namen Verantwortungsgefühl. Ich bin ein sehr edler Mensch. Ich würde die Uhr vernichten, bevor ich sie dir übergebe.«
    »Edelmut verwirrt mich immer«, meinte Charla. »Es ist eine Jugendkrankheit. Bist du nicht ein bißchen zu alt dafür, Kirby?«
    »Ich habe eine verspätete Jugend, Mrs. O'Rourke. Aber bitte, du kannst meine Behauptung überprüfen. Schneide ruhig das Loch in die Stahltür. Im gleichen Moment, in dem der Schneidbrenner durch ist, schlage ich die Uhr an die Wand.«
    Es kam keine Antwort.
    »Du hast sie beunruhigt«, flüsterte Betsy.
    »Soll sie sich ruhig Sorgen machen«, sagte Kirby laut. »Ich meine es verdammt ernst. Ich komme hier nicht heraus. Schön. Aber ihr soll das gar nichts nützen.«
    Charla sprach weiter. »Das würde mich sehr wütend machen, Kirby. Ich glaube, ihr beide müßtet einen qualvollen Tod sterben. Siehst du, Betsy würde mitleiden, weil du den Helden spielen willst. Und Miß Farnham. Und Miß Beaumont. Mein lieber Kirby, du nimmst eine große Verantwortung auf dich.«
    »Und wenn er dir die Uhr gibt, Charla?« fragte Betsy mit zitternder Stimme.
    »Dann würde ich euch die Freiheit schenken. Und eine beträchtliche Geldsumme. Ich bin nicht kleinlich.«
    Kirby flüsterte Betsy zu: »Sie kann niemanden am Leben lassen, der das Geheimnis kennt.« Betsy saß erstarrt da und nickte dann langsam.
    Charla lachte leise. »Oder, wenn du das nicht glaubst, dann kann ich dir zumindest einen schnellen und völlig schmerzlosen Tod versprechen. Ihr habt genug Zeit, um es euch zu überlegen, meine Lieben. Niemand wird an Bord kommen, solange wir den Hafen nicht verlassen.«
    »Charla?« rief Betsy. »Charla!«
    Aber der Lautsprecher schwieg.
     

 
12
     
    Betsy Alden lag auf dem Rücken, die Blicke starr zur Decke gerichtet. Kirby Winter durchsuchte die Kabine. Sie war fünf Meter lang und dreieinhalb Meter breit. Hinter einer Schiebetür befand sich eine Toilette, ein kleines Waschbecken aus rostfreiem Stahl und ein Medizinschränkchen. Die beiden Bullaugen waren zu klein zur Flucht, wenn er es schaffen sollte, das schwere Glas einzuschlagen. Er entdeckte das Einlaßgitter der Klimaanlage und den Luftabzug. Zweimal versetzte er sich in die rote Welt, um nachzudenken.
    Ein Gedanke kristallisierte sich immer deutlicher. Kirby setzte sich auf die Koje und sagte: »Ich glaube, ich weiß einen Ausweg.«
    »Es hilft nichts«, sagte sie starr.
    »Hör dir meinen Vorschlag wenigstens an.«
    »Kirby, uns kann nichts mehr retten.«
    Sie hörte zu. Sie hielt den Plan für Wahnsinn. Aber ihr fiel nichts Besseres ein. Und sobald sie ihn akzeptiert hatte, half sie Kirby tatkräftig. Sie tränkten Decken mit Wasser. Sie breiteten die Decken in einer Ecke aus. Das restliche Bettzeug wurde zusammen mit allem möglichen brennbaren Material in der Nähe der Tür gestapelt. Das Feuer entfachte sich nur langsam. Erst als die beiden sicher waren, daß es nicht mehr ausgehen würde, krochen sie unter die Decken. Sie banden sich nasse Handtücher um die Gesichter. Der Rauch wurde immer undurchdringlicher.
    Plötzlich hörte man Charlas wütende Stimme. »Sehr klug, meine Lieben, aber es wird euch nichts nützen. Haltet ihr brennendes Papier an den Luftauslaß?«
    Kirby begann zu husten. Es klang, als müßte er jeden Moment ersticken. Die Möbel begannen zu knistern, und er hoffte nur, daß sie es bis oben hören konnte. Er spürte die Hitze.
    Nun war Betsy an der Reihe. Sie stieß einen Schrei aus, der nach wahnsinniger Angst und Hilflosigkeit klang. Einen Moment lang fragte sich Kirby, ob das Feuer sie tatsächlich erreicht hatte. »Hilfe!« schrie sie. »Hilfe! Laßt mich doch 'raus!« Sie begann leise zu wimmern.
    Er hörte den Aufruhr im Korridor. Er wußte, was als nächstes geschehen würde. Sie würden die Stahltür berühren und die Hitze spüren. Die Decken begannen zu dampfen. Draußen hämmerte jemand an die Tür. Da Kirby sie vorher entriegelt

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