Flucht ins Ungewisse
werde gehen!“ Abwehrend hob ich eine Hand, als er etwas einwerfen wollte. „Versuch nicht, mich aufzuhalten.“
„Ich hab nicht vor …“
„Vergiss es, Einwände sind zwecklos! Ich muss herausfinden, wer oder was genau …“
Matt stieß sich in einer schnellen Bewegung von der Wand ab und ergriff meine Hand, worauf ich sofort verstummte. Warm pulsierte seine Berührung durch meinen Körper.
„Hör auf zu reden“, mahnte er mit leiser Stimme. „Auch wenn ich es fünf Minuten später bereuen werde, aber immerhin bin ich schuld daran …“ Seine schwarzen Augen fixierten mich kurz, dann, als er vor mir in die Hocke ging, sagte er: „Ich komme mit dir!“
Epilog:
„Entflohen!“
Der weißhaarige Junge rannte so schnell, wie es seine geschwächten Muskeln zuließen. Ein Zerren und Stechen jagte durch seine gesamte Muskulatur, wenn er sich bewegte. Seine Armgelenke ließen noch etwas Blut, da die letzte Untersuchung erst wenige Stunden hinter ihm lag. Normalerweise wäre er jetzt nur halb bei Bewusstsein in seinem Bett gelegen, hätte die sterile Decke über sich angestarrt und zum x-ten Mal die Löcher dort gezählt. Das war bis jetzt die einzige Möglichkeit gewesen, um einer Ohnmacht zu entgehen, die nun an seinem klaren Verstand nagte.
Das alles war außer Kontrolle geraten und würde mit der Zeit nur noch schlimmer werden. Er musste hier raus! Er wusste zwar, dass er anders war. Aber er war definitiv kein Versuchskaninchen, das man aus Spaß mit diesem widerlichen Zeugs vollpumpen konnte!
Jedes Mal, wenn er seine Hände an einer Wand abstützte, weil er zu schnell um eine Ecke hetzte, hinterließ er einen blutigen Abdruck an der weißen Wand. Verdammt, so finden sie mich schneller, als mir lieb is’!
Sein Rücken pochte im Einklang mit seinem aufgewühlten Herzen. Er war es nicht mehr gewohnt, zu laufen. Schon gar nicht so schnell, wie er es gerade tat. Seine letzte Kampfübung lag Wochen zurück, was jedoch nicht heißen sollte, dass er sich im Falle eines Kampfes nicht zu wehren wüsste. Sein Atem rasselte wie eine wütende Klapperschlange in seinem Rachen.
Die schrille Sirene, die ihm von allen Seiten entgegenschrie, dröhnte in seinen Ohren, versetzte seinem Körper jedoch einen Adrenalinkick, der ihn weitertrieb.
Das neonbesetzte Licht, das von der Decke zu ihm herabstrahlte, schmerzte in seinen Augen. Zu lange war er in diesem dunklen Raum festgesessen, der als sein Zuhause bezeichnet worden war.
Medizinisch weiße Türen reihten sich zu beiden Seiten den Gang entlang. Er versuchte nicht, eine der Türen zu öffnen, das wäre wahrscheinlich nur Zeitverschwendung gewesen. Es gab so gut wie nie Räume, die nicht verschlossen waren. Selbst aus seinem Zimmer war er nur gekommen, weil er durch tagelange Arbeit das Schloss immer wieder unauffällig bearbeitet hatte. Ein Hoch auf die wenigen Stunden, die ich in der Woche fernsehen durfte , dachte er sich und musste dabei etwas lächeln. Da sollen Eltern noch einmal sagen, Actionfilme bilden nich’ …
Er schlitterte um die nächste Ecke, benutzte diesmal jedoch nicht seine Hände, um sich an der Wand abzufedern, sondern seine Schulter, die schmerzhaft ächzte. Eine Flügeltür erschien vor ihm. Ohne sein Tempo zu verringern, warf er sich gegen die Tür, worauf sie aufschwang.
Alles in diesem Raum war in einem silbernen Aluminium gehalten. Der Herd, die Arbeitsplatten, die Spülen, selbst die silbernen Hocker. Die Küche hatte er schon öfter gesehen. Hier hatte er sich mit Ryan, einem Jungen in seinem Alter, angefreundet. Doch auch er war seit Wochen nicht mehr hier gewesen. Immer mehr wurden ausselektiert und er wollte keiner von ihnen werden.
Er hetzte zwischen den hüfthohen Theken hindurch, riss im Vorbeilaufen eine Grillgabel von der Wand. Es war nie schlecht, eine Waffe bei sich zu haben.
Eine weitere Doppeltür erschien vor ihm. Im nächsten Raum befanden sich unzählige Servierwagen, die zum Essenstransport für die „Patienten“ verwendet wurden. Konservendosen, Mehlsäcke und ein Stapel Geschirr füllten manche der Regale aus.
Er ergriff einen der Wägen und zog ihn hinter sich, sodass der Weg versperrt war. Dies tat er mit allen, die in seiner Reichweite waren und ihm nicht allzu viel Zeit kosteten.
Irgendwo hinter sich vernahm er das unangenehme Gefühl der Anwesenheit anderer. Durch die Sirene konnte er sie zwar nicht hören, aber er wusste, dass sie da waren. Er spürte es.
Bevor er aus dem Vorratsraum draußen war,
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