Flucht ins Ungewisse
geholfen meinen Verfolgern zu entkommen.
Ich seufzte leise. Irgendwie musste ich es schaffen, diese Gedanken vorerst zu vergessen. Immerhin war Lora in Gefahr, und das schien Cass ernsthaft nahezugehen. Außerdem …
Moment mal! Etwas an dem Klang unserer Schritte hatte sich verändert. Es fehlte etwas. Ich blieb abrupt stehen, drehte mich am Stand um. Ich hatte recht! „Nick, wo ist Cass?“
Doch ich bekam keine Antwort, sondern einen erschrockenen Gesichtsausdruck inklusive Schmerzen, als Nick mich am Arm packte und zur Seite riss.
Lorianna Ambers:
„Von wegen Freunde!“
„Hey! Wach auf! Lora, komm schon!“ Jemand strich über meine heile Wange. Die Finger waren kühl, aber angenehm.
Meine Augen öffneten sich flackernd wie ein Vorhang, der vom Wind erfasst wurde. Ich brauchte etwas, um die dunkle Gestalt vor mir als Cass zu identifizieren. Er hockte neben der Couch und sah mich erwartungsvoll an. Seine Haare waren wild zerzaust und seine rote Mähne war nach hinten gestrichen, sodass man zur Abwechslung mal beide grünen Augen sah.
„Hey“, murrte ich, froh darüber, ihn zu sehen. Doch das Gefühl blieb nicht lange, als eine schmerzende Erkenntnis über mich hinwegrollte. Cass … Amandas Bruder!
Ich saß schneller aufrecht, als ich es realisieren konnte, und drückte meinen Rücken gegen die kratzige Couch. Für einen Moment sah ich ihn nur noch verschwommen, doch das Bild klärte sich schnell wieder. „Bleib weg von mir!“
Seine grünen Augen wurden von einem dunklen Schatten durchzogen. Auch wenn es nur für einen kurzen Augenblick war, aber die Veränderung, die Erkenntnis, die durch seinen Blick huschte, war nicht zu leugnen.
Er sah zu Boden. „Du weißt es also …“
Ich biss mir auf die Lippe. „Was? Dass du Amandas Bruder bist? Ja, das hab ich mittlerweile rausgefunden!“ Mein Magen verkrampfte sich, als ich fortfuhr. „Und, hat es dir Spaß gemacht, mich hinters Licht zu führen? Du hast mich nur ausgenutzt und …“
„Das ist nicht wahr“, unterbrach er mich mit harscher Stimme. Ich erschrak etwas, da ich diesen Ton von ihm nicht kannte. Eigentlich kenne ich ihn überhaupt nicht … Vielleicht ist ja das der richtige Cass? Er hat mich die ganze Zeit über angelogen.
Er machte nicht den Fehler, mich berühren zu wollen, als er aufstand und mir einen Arm entgegenstreckte. „Ich will dich hier nur rausholen!“ Sein flehender Blick versetzte mir einen Stich.
„Du hast mich belogen! Ich kann dir nicht trauen“, erklärte ich leise, wandte meinen Blick ab. „Diesen Fehler mache ich kein zweites Mal! Verschwinde!“ Er ballte die Hand, die immer noch nach mir greifen wollte, zur Faust.
Ein schwaches, traurig wirkendes Lächeln streifte Cass’ Gesicht. „Dann muss es eben mit Gewalt sein.“
Ich riss meinen Kopf herum. „Was hast du vor? Ich schreie, wenn …“
„Wenn was?“ Er zog eine Augenbraue hoch, die unter seinen dunklen Strähnen verschwand. „Willst du Amanda herlocken? Ich kann sie auch anrufen, wenn das dein Wunsch ist.“ Er fischte sein Handy aus der Hosentasche.
Ich zog die Schultern abwehrend hoch, verkrampfte mich. Was soll ich nur tun? Wenn doch Matt hier wäre, er könnte bestimmt …
„Lucas!“ Amandas Stimme erfüllte den Raum. Ich sah zur Tür, die sich gerade mit einem leisen Klicken hinter Amanda schloss. Ich sah wieder zu Cass. Wollte seine Reaktion auf ihr Erscheinen testen, aber da war keine. Seine Augen lagen im Schatten seiner rot-schwarzen Haare und verschleierten seinen Gesichtsausdruck. Doch seine Finger gruben sich krampfhaft in seinen Hosenstoff.
Amanda ging auf Cass zu, legte ihm zuerst nur eine Hand auf den Rücken. Schlang dann ihre Arme von hinten um seine Taille und schmiegte sich an ihn. „Wo warst du die letzten Tage, Bruderherz?“
„Was hast du mit ihr vor, Amy?“, fragte er gedämpft. Amy? „Warum Lora?“
„Das weiß ich noch nicht.“ Mit einem zerbrechlichen Ausdruck im Gesicht sah sie über seine Schulter zu mir. Sie wirkte wie eine Porzellanpuppe, die man nur anzustupsen brauchte, um sie zu brechen. Von einem Moment auf den anderen war sie eine andere Person geworden. „Aber ich bin sicher, sie kann mir helfen, damit ich keine Angst mehr haben muss.“
„Angst?“, fragte ich verächtlich. „So etwas kennst du auch?“
Sie vergrub ihr Gesicht wieder an Cass’ Schulter. Obwohl sie nicht gerade klein oder schmächtig wirkte, war sie einen knappen Kopf kleiner als er. „Du würdest dich wundern“,
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