Flucht nach Faerie - Beil, J: Talisman-Kriege 1 - Flucht nach Faerie
nie
einhundert
Goldlinge gesehen! Noch nicht einmal einhundert Silberlinge! Ich muss träumen.«
Der Schankwirt, Derik, hörte Alek vor sich hinplappern und ging zu ihm. »Tja, träum woanders weiter. Ich muss schließen.«
»Schließen?«, fragte Alek. Der Suff und die Müdigkeit hatten seinen Verstand benebelt, sodass er die einfachsten Dinge nicht zu erfassen vermochte. »Eintausend Goldlinge. Das ist eine Menge Geld.«
»So viel Geld gibt es im ganzen Dorf nicht, Maurer. Und jetzt schaff dein beklagenswertes Ich nach Hause ins Bett.«
»Bett. Klingt gut. Brauche Schlaf. Brauche Gold. Brauche …«
Kraig half Alek zur Tür und schob ihn hinaus. Die Nachtluft weckte Alek soweit, dass er die halbe Meile zu seiner Hütte bewältigte. Er wusste nichts von einer diamantenbesetzten Scheibe aus Stahl mit einer eingravierten Sonne darauf, aber für eintausend Goldlinge wünschte er inständig, er hätte eine Ahnung, wo sie sich befinden könnte.
Bald lag er im Bett, und die Gedanken an Salin und dessen Angebot wurden durch Träume von Jordi Luppis ersetzt, der
Die Hügelschlacht
sang. Dann wurden jene Träume von Bildern verdrängt, die Alek in leidenschaftlicher Umarmung mit Sarah zeigten. Sie küssten sich, und Gold schien völlig bedeutungslos.
Und Alek schlief tief und fest.
D ER E INSIEDLER
Als der nächste Tag dämmerte, kehrte das Leben in Bartambuckel zu seinem gewohnten Lauf zurück. Bauern kümmerten sich um ihre Ernten, Handwerker gingen ihrer Arbeit nach, und Alek buk. Wie erwartet, fühlten sich seine Muskeln wund von der Anstrengung des Vortags an, dennoch war er froh, wieder in der Bäckerei zu sein. Die Arbeit war nicht schwer, sondern fein und genau, und er widmete ihr alle Aufmerksamkeit. Es gehörte Kunstfertigkeit dazu, die verschiedenen Brotsorten und die besonderen Kuchen herzustellen, die von den Menschen als Nachtisch genossen wurden, und Alek war fest entschlossen, diese Kunst zu meistern. Er empfand Stolz auf seine Arbeit.
Trotzdem konnte er kaum das Ende der Woche erwarten. Der Bardentag war Dienstag gewesen, und er ertappte sich dabei, dass er sich zunehmend auf Sonntag freute. Er versuchte, sich einzureden, dass er bloß Ara helfen wollte, insgeheim jedoch wusste er, dass die Aussicht darauf, Zeit mit Sarah zu verbringen, den wahren Grund für seine freudige Erregung darstellte.
Gelegentlich dachte er bei der Arbeit an den seltsamen, etwas beunruhigenden Mann aus der Schänke. Hatte dieser Alek wirklich eintausend Goldlinge für ein Schmuckstück angeboten? Alek begann zu glauben, dass es sich um eine Wahnvorstellung im trunkenen Zustand gehandelt hatte. Warum sollte jemand glauben, ein schlichter Mann aus Bartambuckel könnte etwas so Kostbares besitzen?
Ja
, dachte Alek.
Ich habe zu viel getrunken, und mein Verstand hat mir Streiche gespielt. Von wegen eintausend Goldlinge!
Tatsächlich hatte er erst ein paar Mal in seinem Leben überhaupt Goldlinge gesehen. Goldlinge galten als Währung der größten und reichsten Städte und wurden selten in kleinen Ortschaften verwendet. Alek hatte zwar gehört, dass man sie in den südlichen Reichen häufiger antraf, glaube es aber nicht wirklich. In Dörfern wie Bartambuckel, wo ein paar Silberlinge alles zu kaufen vermochten, was die Ortschaft zu bieten hatte, gab es keine Verwendung für Gold.
Zudem empfand Alek Gold als bedeutungslos. Schließlich erhielt er von seinem Meister Stan kostenlos Unterkunft und Verpflegung, und sobald er selbst Meister wäre, könnte er seine Backwaren gegen alles eintauschen, was er brauchte. Sein Leben stand für ihn fest. Er würde Bäcker von Bartambuckel, und das genügte ihm.
Fast jedenfalls
, dachte er, während er ungeduldig auf den Sonntag wartete.
Dann endlich war es soweit. Alek erwachte früh, badete im Bach und schlüpfte in seinen braunen Kittel und die Hose gleicher Farbe. Rasch fuhr er sich noch mit der Hand durch die sandblonden Haare, dann rannte er die Straße entlang zum Kuriositätenladen
Drachenhort
. Den Leuten, die ihm unterwegs begegneten, rief er Grüße zu, doch er nahm sich nicht die Zeit, sich auf Unterhaltungen einzulassen. Bald traf er beim Laden ein. Es handelte sich um ein großes Gebäude aus Holz und Lehm. Über der Tür hing ein rotes Schild, das Besuchern verkündete, sie beträten nun den
Drachenhort
, einen Ort seltsamer Wunder. Als Kind hatte Alek viel Zeit damit verbracht, durch den Laden zu schlendern und Eigentümlichkeiten zu erkunden, die es nirgendwo sonst in
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