Flucht nach Faerie - Beil, J: Talisman-Kriege 1 - Flucht nach Faerie
von selbst. Ich bin alt und für eine solch gefährliche Reise nicht geeignet. Doch selbst wenn ich dazu in der Lage wäre, müsstet ihr mitkommen, sowohl eurer eigenen Sicherheit wegen als auch aus anderen Gründen. Sofern sich die Dinge nicht grundlegend geändert haben, vermag nichts Böses, in die Wälder des Elbenvolks einzudringen. Die Willformer der Elben schützen ihr Land mit mächtigen Bannen, die selbst der Seth nicht brechen kann. Salin wird euch jagen und aufspüren, wohin ihr auch geht, ganz gleich, ob ihr den Talisman noch besitzt oder nicht. Er glaubt, dass ihr ihn betrogen habt, und wird nicht ruhen, bis ihr den Preis für euer Tun bezahlt habt. Nur in Faerie werdet ihr in Sicherheit sein.«
Alek nickte betrübt; er hielt Salin durchaus in der Lage, einen solchen Groll zu hegen. »Du hast noch andere Gründe erwähnt.«
»Das stimmt. Allerdings steht es mir nicht frei, über alles zu reden, was ich weiß … oder vermute. So viel aber sollst du wissen, Alek Maurer: Es ist kein Zufall, dass du es warst, der den Talisman entdeckt hat. Solche Artefakte fallen jemandem nicht willkürlich in die Hände. Im Verlauf der Geschichte hat sich immer wieder gezeigt, dass sich derart mächtige Relikte der Magie Menschen suchen, die am meisten Gutes damit tun können. Der Talisman hat dich auserwählt.«
Alek lachte. »Das ist lächerlich.«
»Ist es das wirklich?«, gab Shad lächelnd zurück. »Sag, wie hast du ihn gefunden?«
»Na ja, in einer Truhe. Im Keller des Ladens von Sarahs Mutter, als ich den beiden half, einige Dinge nach oben zu tragen.«
»Und wusstest du, dass diese Truhe dort war, Sarah?«
Das Mädchen legte den Kopf schief und runzelte die Stirn. »Ja, schon. Meine Mutter hat sie mir einmal gezeigt, als ich noch ein Kind war.«
Shad lächelte nach wie vor. »Und warst du nie neugierig, was sich darin befindet?«
»Wir konnten die Truhe nicht öffnen. Meine Mutter hat mal gemeint, sie ließ den Schmied versuchen, sie mit dem Hammer aufzubrechen – selbst das hat nicht geklappt. Sie hat sie unter die Treppe geschoben und völlig vergessen.«
»Bemerkenswert. Und dann kommt Alek und öffnet sie mir nichts, dir nichts.«
Alek wollte den Kopf schütteln und es leugnen, doch das konnte er nicht. Genau so hatte es sich zugetragen. Aber hatte der Talisman ihn wirklich
auserwählt
? Ausgerechnet
ihn
? Natürlich konnten leblose Gegenstände keine Entscheidungen treffen, aber selbst wenn sie es könnten, warum ihn?
»Also gut«, räumte Alek ein. »Angenommen, ich willige ein, nach … nach Faerie zu gehen. Warum sollte ich diesem Lorn folgen, den ich gar nicht kenne?«
Shad sah seinen jüngeren Gefährten an und wurde ernst. »Ich kenne Lorn mittlerweile seit Jahren, und ich würde ihm mein Leben anvertrauen. Er ist ein guter Schwertkämpfer und Pfadfinder. Außerdem war er schon in Faerie.«
Alek, Sarah, Kraig und sogar Michael drehten die Köpfe und musterten den grimmig dreinschauenden Mann ungläubig. Lorn senkte den Kopf, als er so viele Augenpaare auf sich bemerkte. Ihrem Blick begegnete er nicht.
»Es ist ausgesprochen selten, einen Menschen anzutreffen, der das Land der Elben betreten hat«, sagte Michael. »Wenn das wahr ist, könnte ich mir keinen besseren Führer vorstellen.«
»Ich schon«, widersprach Kraig. »Schaut ihn euch doch an – wie er sich gibt, wie er euch nicht in die Augen sehen kann. Ohne Flasche in der Hand ist er zu gar nichts fähig.«
Mit offenkundiger Mühe hob Lorn den Kopf. Sein Blick heftete sich auf die Wand hinter Alek, und sein Kiefer zitterte, als er sprach. »Es stimmt, dass ich mich durch die Sauferei beinah zerstört hätte. In all der Zeit ist mir allein Shad beigestanden. Er setzte immer Vertrauen in mich, obwohl ich selbst keines mehr in mich habe. Aber wäre es dir nicht genauso ergangen, wenn du auf denselben Pfaden gewandelt wärst wie ich?
Vor fast vier Jahren wurde ich von meinem Bruder aus meiner Heimat verstoßen, aus meinem Land verbannt. Ich war gezwungen, wie ein Bettler durch die Lande zu streifen. Auf mir schien ein Fluch zu lasten, denn ich fand weder Freunde noch Arbeit. In diesen finsteren Zeiten begegnet man Fremden mit Argwohn, vor allem Fremden, die weder Geld noch Habseligkeiten oder Freunde und Angehörige besitzen. Hungrig und müde zog ich jahrelang umher, bis ich letztlich hier in Tyridan gelandet bin. Hier, in einem der wenigen Länder, die den dunklen Einfluss des Seth noch nicht spüren, fand ich eine Heimat. Und
Weitere Kostenlose Bücher