Flucht nach Faerie - Beil, J: Talisman-Kriege 1 - Flucht nach Faerie
meinst du damit, ›dem Einhalt gebieten‹? Sie würden uns töten! Wir sollten umkehren und uns verstecken, bis alles vorbei ist. Sollen sie sich doch gegenseitig umbringen.«
»Gegenseitig?«, entgegnete Kari und richtete einen strengen Blick auf Ara. »Die Kobolde sind hoffnungslos verloren. Ich hege keine Liebe für ihresgleichen, trotzdem dürfen wir nicht zulassen, dass Oger unser Land frei durchstreifen. Wir müssen sie aufhalten.«
»Du musst den Verstand verloren haben, Kari«, meldete sich Landyn zu Wort. »Sieh dir diese Kreaturen nur an!«
Bevor Kari etwas erwidern konnte, stimmten die Oger einen Siegesruf an. Der letzte Kobold lag tot im Gras; Blut und Gehirnmasse quoll aus den Überresten seines Schädels. Gleich darauf richteten die grauhäutigen Riesen die Augen und ihre Blutlust auf Ara und ihre Gefährten. Mit einem Brüllen reckten die Oger die Keulen in die Luft und stürmten auf sie zu.
»Bei Lars’ Faust!«, rief Landyn. »Wir müssen fliehen!«
»Hinter mich«, befahl Kari mit nüchterner, fester Stimme. Dann trieb sie ihren Hengst vorwärts und hob die rechte Hand. Sie sprach einige Worte, die Ara nicht verstand, und plötzlich entsprang aus der Luft vor ihr ein Wirbelwind. Durchscheinende Luftstränge peitschten vorwärts und schlangen sich um die beiden vorderen Oger. Kari streckte die Hand höher; der Wind heulte laut und hob die zappelnden Kreaturen in die Luft.
Der letzte Oger stürmte weiter auf sie zu, unbeeindruckt von ihrem unerklärlichen Angriff. Mit gezückter Keule sprang er auf sie zu.
»Kari, pass auf!«, brüllte Landyn.
Da sie abgelenkt war, hätte sie niemals rechtzeitig handeln können. Doch plötzlich schnellte Jinn vorwärts; sein kleiner Körper erhob sich in die Luft und landete auf dem Oger. In blanker Raserei heulte er, und als er über seinen Gegner herfiel, veränderte er sich. Seine Hände wurden länger, seine Finger zu messerartigen Klauen. Sein Gesicht streckte sich und sah mit einem Mal wild aus, und als er den Mund unvorstellbar weit aufriss, kamen nadelspitze Zähne zum Vorschein. Sein Angriff verwandelte sich in ein verschwommenes Gewirr schwingender Arme und schnappender Kiefer. Blut schoss aus dem grauen Hünen, der die Keule fallen ließ, heftig mit den Händen fuchtelte und aufschrie. Dann jedoch gelang es ihm, Jinn mit beiden Händen zu packen. Jinn wehrte sich, vermochte aber nicht, sich aus dem Griff des Ogers zu winden.
Indes schloss Kari die rechte Hand zur Faust. Einer der Oger fasste sich an die Kehle und begann, verzweifelt zu zappeln. Seine Augen quollen aus den Höhlen, sein Gesicht lief hochrot an. Blut sickerte aus seinen Ohren, seiner Nase und seinem Mund. Ein letztes Mal verkrampfte sich der Hüne, dann erschlaffte er.
Dem anderen Oger hingegen gelang es, die Füße auf den Boden zu bekommen. Mit einem Aufschrei brach er aus Karis Wirbelwind hervor und griff sie an. Sie streckte die Hand nach dem Messer an ihrer Seite aus, doch zu spät. Mit einem Streich seines mächtigen Arms schleuderte der Oger sie vom Pferd, dann setzte er seinen Sturmlauf in Richtung Landyn und Ara fort.
Landyn zog sein Kurzschwert und trieb sein Pferd vorwärts, um Ara zu beschützen. Schweiß strömte ihm von der Stirn, und sein Arm zitterte, als er die Klinge hob.
Er wird sterben!
, schoss es Ara durch den Kopf.
Plötzlich spross das Gras rings um sie, wuchs binnen eines Lidschlags um gut zwei Fuß. Es umgarnte die Beine des Ogers, der darob vorwärts auf das Gesicht fiel. Die Halme krochen über seinen sich windenden Körper und fesselten ihn. Aber der Hüne war stark, wölbte den Rücken und begann, das Gras an den Wurzeln auszureißen.
»Widerwärtige Kreatur! Du wagst es, das Böse hierher zu tragen?
Hierher?
«
Ara schaute von dem Oger auf und erblicke etwas, das sie um ein Haar vom Pferd fallen ließ. Vor ihr ragte eine Gestalt mit Haaren und einem Bart wie knorrigen Ästen und Muskeln wie Baumstämmen auf.
»Der Addin«, flüsterte Landyn und ließ das Schwert fallen.
Das Gras zog sich zurück und gab den Oger frei. Der Hüne richtete sich zu voller Größe auf, die Augen rot vor Zorn. Der Addin überragte die Kreatur. Mit einem einzigen Hieb seiner Faust verwandelte er das Antlitz des Ogers in blutigen Brei. Das Ungetüm sackte zusammen wie eine fallen gelassene Puppe und blieb reglos liegen.
Stille senkte sich über den Hain. Ara hielt hinter dem Addin nach Bewegung Ausschau und erblickte Jinn, der auf dem Leichnam des Ogers kauerte, den
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