Flucht nach Lytaxin: Ein LIADEN-Roman (German Edition)

an.
    »Nelirikk ist überzeugt, auf jeden Fall. Ich sehe nur dich.«
    Shan lächelte und wurde wieder der dünne Mann von knapp mittlerer Größe mit schönen weißen Augenbrauen auf dem sanften Braun seines Gesichts.
    »Erinnere dich, dass du der Einzige von uns warst, der Anthora zügeln konnte, wenn sie entschlossen war, ihren Willen durchzusetzen. Es steht zu bezweifeln, dass wir auf einen Yxtrang von solcher Willensstärke treffen. Und wenn doch«, sein Mund straffte sich, »habe ich noch andere Verteidigungsmöglichkeiten.«
    »Hast du?« Der Scout seufzte. »Dies sind neue Fähigkeiten, Bruder?«
    Shan nickte. »Ich warne dich: Dies zu erklären, wird dir wie sinnloses Gebrabbel erscheinen. Ich bin aber gerne bereit, es zu versuchen.«
    »Lass es fürs Erste, wenn es Blödsinn ist«, sagte der Scout. »Wenn all dies vorbei ist, können wir ein Glas oder zwei zusammen trinken und uns fantastische Geschichten erzählen.«
    »So machen wir es.«
    »Genau so«, sagte der Scout und trat zur Seite.
    »Also werdet Ihr beiden gut aussehenden Piloten tapfer über den Platz marschieren und nur pausieren, um an wahrscheinlichen Kommunikationszentren Sprengstoff anzubringen. Dann werdet Ihr Euch Flugzeuge aussuchen und an Bord gehen. In der Zwischenzeit werde ich eine weitschweifigere Route nehmen und heimlich mein eigenes Flugzeug stehlen. Wir werden dann wie besprochen fortfahren, jeder von uns macht mindestens einen Überflug über den Flugplatz, bevor er in die ihm zugewiesene Richtung abzieht. Fragen?«
    Es gab keine. Sie hatten alles besprochen. Und der Plan war einfach.
    Der Scout nickte. »Gut. Es ist Zeit zu gehen.«

 
     
Dutiful Passage
Im Orbit von Lytaxin
     
     
    In einer Standardstunde würde sich das Yxtrang-Auge vollständig öffnen und gleichzeitig eine Schussbahn vom Schlachtschiff zu Erobs Haus freigeben sowie die dickste Schicht an abschirmenden Schiffen zwischen den Yxtrangkreuzer und der Passage legen.
    Priscilla hatte die Simulation ein Dutzend Mal in den letzten paar Stunden durchgeführt, den Taktik-Computer beauftragt, Mittel zu finden, mit denen die Passage den Strahl der Yxtrang ablenken, verhindern oder minimieren konnte.
    Die Antwort war immer negativ.
    Sie hatte die Situationsanalysen kopiert und an Waffenträger 77 übermittelt. Was, falls überhaupt, die uralte Automatik damit anstellte, konnte sie nicht erahnen. Verschiedene Bemühungen, mit dem Träger in Kontakt zu treten, waren unbeantwortet geblieben. Vielleicht hatte er schlicht zu funktionieren aufgehört.
    Ren Zel, den sie schnell auf den neuesten Stand gebracht hatte, als er auf der Brücke auftauchte, stand stumm neben ihr, seine Augen auf dem Bildschirm, der die Bewegungen des Yxtrang-Schildes zeigte.
    »Keine Antwort?«
    »Nichts«, sagte Priscilla. »Ich frage mich, ob ich ihn wohl beleidigt habe.«
    »Überladen möglicherweise«, erwiderte er, ohne den Blick vom Schirm abzuwenden. »Eine sehr alte Einheit mit einer Verteidigungslogik. Vielleicht gar nicht ausgestattet, um durch so viele Ebenen an Daten zu gehen wie die Passage …« Er hielt inne und holte langsam Luft.
    »Oder vielleicht doch.«
    Priscilla schaute auf den Schirm, sah das Nachrichtenfenster.
     
    TAKTISCHER WAFFENTRÄGER 77 ONLINE.
    DOWNLOAD DER ANALYSEDATEN VOLLSTÄNDIG.
    VERTEIDIGUNGSPLAN FORMULIERT.
    PHASE EINS AKTIVIERT.
    UPLOAD ZUM ZIELCOMPUTER MOBILE EINHEIT.
     
    Ren Zel stürmte vor, leerte einen tertiären Schirm und griff mit drei schnellen Tastendrücken auf den Zielcomputer zu. Priscilla saß aufgeregt da, den roten Spielstein in ihrer Hand, sah die Worte, die sich auf dem Schirm bildeten.
     
    GESCHÄTZTE ZEIT BIS ZUM BEGINN DES ANGRIFFES: 43 EINHEITEN.
    SYNCHRONISIERE ZIELCOMPUTER DER MOBILEN EINHEIT.
     
    »Das Ding lädt Zielkoordinaten für Kanonen sieben und hoch!«, erklärte Ren Zel, während er weitere Schaltungen vornahm, »und Instruktionen, auf jene Koordinaten binnen vierzig Standardminuten das Feuer zu eröffnen.«
     
    TAKTISCHER WAFFENTRÄGER 77 AUF STAND-BY, ALARM ORANGE.
    Die Nachricht endete und Priscilla bewegte sich.
     
    »Löschen Sie die Instruktionen des Waffenträgers 77 aus dem Zielcomputer, Erster Maat.«
    Er drehte sich in seinem Sessel, zeigte ein Gesicht ohne jede Gefühlsregung.
    »Ich kann es nicht«, sagte er leise, und sie bemerkte sein Bemühen, ruhig zu bleiben. »Der Datensatz ist versiegelt.«
    »Versiegelt, ja?« Sie konsultierte ihre eigenen Instrumente. »Ich ziehe sie …«
    Ren Zel räusperte