Flucht nach Lytaxin: Ein LIADEN-Roman (German Edition)
betrachtet.«
Nelirikk schwieg, schaute den Schatten des Scouts vorsichtig an.
»Falls ich Euch beleidigt haben sollte, wüsste ich gerne, weshalb. Jelas Truppe war immer ehrenvoll.«
»So ist es«, sagte der kleine Mann. »Ich bin froh, das zu hören. Sie sollten wissen, dass mein Clan respektiert wird, mein Haus eines der ältesten auf Liad ist. Wir werden generell als ehrenhaft, wenngleich fehlgeleitet bezeichnet. Der Name meines Hauses – und des Baums, der über ihm steht – ist Jelaza Kazone.«
Die Liadenwörter glitten vorbei und es dauerte einen Moment, bis er sie vollständig verarbeitet hatte. Als er sie sich noch einmal vor seinem inneren Ohr anhörte, schüttelte Nelirikk auf terranische Art und Weise den Kopf.
»Ich verstehe nicht ganz, worauf Sie hinauswollen, Scout«, sagte er. »Heißt es, Ihr Hausname ist dem Jelas ähnlich?«
»Nein, es ist kein Zufall. Nicht nur eine Ähnlichkeit. Das Haus ist Jelaza Kazone.« Es gab eine Pause, dann einen Sprachwechsel:
»Auf Terranisch wird daraus ›Jelas Erfüllung‹ oder ›Jelas Versprechen‹.«
Wieder ein Sprachwechsel. »Auf Trade ist es ›Jelas Vertrag‹ oder ›Jelas Traum‹, abhängig vom Sprecher und dem, was er über Korval denkt.«
Der Scout wechselte wieder in Liaden, der Satz wurde mit absoluter Exaktheit gesprochen: »Wie ich sage, Erkunder-gebunden-an-Korval, meine Familie, Clan Korval, wird von vielen als ehrenhaft angesehen, und wir alle leben immer noch in dem Haus, das einst von Jelas Waffenschwester und Bettgefährtin, Cantra yos'Phelium, erbaut wurde. Unser Motto ist: Ich wage es! «
Die Worte hallten wider, fanden ihre Entsprechung in der Sprache der Truppe, und Nelirikk hörte seine eigene Stimme, wie er die Lagerfeuergeschichte seiner Jugend erzählte:
»Und als Jela sich der Herausforderung stellte und ein Dutzend an dem Tag niederrang, rief ein einfacher Soldat: ›Wie kannst du dies wagen, kleiner Soldat, wo dich ein einziger Angriff niederstrecken kann?‹
Jela zuckte mit den Achseln und lächelte; das Messer in der Scheide zeigte er allen umher seine leeren Hände und sagte: ›Ich wage es, weil ich es muss. Wer wird es für mich wagen, falls ich nicht wage, es selbst zu tun?‹«
Nelirikk saß still da, erinnerte sich an die Wildheit des Kampfes zwischen ihm und dem Scout – und die Ironie dahinter. Dass zwei aus Jelas Tradition derart ringen sollten! Und wer außer dem Kleinsten sollte gewinnen? Er lachte sanft in der Dunkelheit.
Er wurde wieder ernst, erinnerte sich an Dinge, die die Truppe nicht wusste – oder nicht erzählte.
»Starb Jela auf Liad?«
»Nun«, sagte der Scout, so ernst, als ob der Tod Jelas erst gestern gewesen wäre. »Jela übernahm eine Nachhut zu viel, erlaubte seiner Partnerin und ihrem Schiff zu entkommen. Das war letztlich der Kern ihrer Übereinkunft: Er hatte das Schiff zu bewachen, sodass der Baum es schaffen konnte, sie den Baum zu bewachen, sollte er fallen.
Sie entkam mit seinem noch zu gebärenden Sohn und dem ganzen Baum, der über meinem Haus steht. Der Baum hier – Erobs großer Baum – ist ein Setzling, gesandt, um die Allianz zwischen unseren beiden Häusern zu besiegeln. Und ich muss dir für die Jela-Geschichte danken, denn diese ist nicht in den Tagebüchern verzeichnet.«
»Tagebücher?« Nelirikk fühlte Hunger in sich. Jelas eigene Worte lesen? »Jelas Tagebücher?«
»Nicht im eigentlichen Sinne, obgleich einige der Einträge sicher von seiner Hand stammen. Jela verbrachte seine letzten Jahre mit der Raumschiffkommandantin, meiner ehrwürdigen Vorfahrin. In ihren Einträgen und ihrem Tagebuch schrieb sie einiges an Weisheiten nieder, einige stammen von ihr, andere von ihm. Die Delms von Korval haben die Tagebücher fortgesetzt, und sie zu studieren gehört zur Ausbildung eines jeden Clanmitglieds, sodass wir niemals vergessen, woran sich zu erinnern unsere Pflicht ist.«
Das war der Moment, in dem der Scout einen Schatz anbot.
»Sollten wir in der Lage sein, von hier zu entkommen, und nach Jelaza Kazone zurückkehren, werde ich Euch zeigen, was ich über Jela weiß, wenn Ihr möchtet.
Seinen erster Tagebucheintrag und den Baum, den er aus einer weit, weit entfernten Wüste geborgen hat.«
Immer noch sitzend brachte Nelirikk es fertig, sich zu verbeugen. »Eine Gunst, die ich Euch hoch anrechne.«
Der Scout nickte ihm zu. »Wenn es in meiner Macht steht, Erkunder!«
Dann gab es nicht mehr viel zu sagen. Schließlich erhob sich der Scout, verbeugte sich
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