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Fluchtpunkt Mosel

Titel: Fluchtpunkt Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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Sie sich bitte wegen uns keine Umstände.« Während Walde sprach, waren Schritte auf der Kellertreppe zu hören. Dann wurde die Holztür aufgedrückt.
    »Tach, zusammen«, sagte Frohnen und wischte sich die Hände mit einem Lappen. Er trug einen blauen, nicht mehr ganz sauberen Overall. Auf dem hellen Schirm seiner Kappe sah man Abdrücke von schmutzigen Fingern.
    »Gerd kümmert sich um die Heizung. Die fällt seit Tagen immer wieder aus.«
    »Ist schon erledigt, Carola. Die Düse war verstopft. Ich hab noch den Kessel sauber gemacht, bis zum Frühjahr dürfte die Anlage wieder einwandfrei laufen.«
    »Sie müssen entschuldigen, aber dürften wir draußen etwas nachsehen?«, fragte Grabbe, dem nicht entgangen war, wie vertraut die beiden miteinander sprachen.
    »Von mir aus«, antwortete die Witwe. »Was ist es denn?«
    »Haben Sie vielleicht eine Leiter?«
     
    Frohnen schien sich gut auszukennen. Er brachte eine Aluleiter aus dem Schuppen und half Grabbe dabei, sie auf die passende Länge auszuziehen und an das Dach unterhalb des Kamins zu lehnen.
    Gabi und Walde standen unter einem von Carola Theis ausgeliehenen Schirm und beobachteten, wie Frohnen die Leiter vor der Kante einer Schieferplatte in den Rasen drückte.
    Walde schaute hinauf zu dem breiten Kamin, den eine Haube überspannte. Eine dünne Säule hellen Rauchs stieg unter das kleine Dach und quoll zu allen Seiten unter den Kupferplatten hervor.
    Er fragte sich, was Grabbe da oben wollte.
    Frohnen kam nun zu Walde und Gabi, die ein Päckchen Zigaretten aus ihrer Tasche zog und ihm eine anbot. Nachdem Frohnen den Filter abgebrochen hatte, ließ er sich von Gabi Feuer geben.
    »Qualmt die Heizung noch lange?« Grabbe wischte sich die nassen Brillengläser am Innenfutter seiner Jacke ab. Seine Haare klebten ihm an der Stirn.
    »Bist du bald soweit?«, fragte Gabi, die den Schirm weiter zu sich herüberzog.
    Als Frohnen die Heizung abgestellt hatte, machte Grabbe sich über die glitschigen Leitersprossen an den Aufstieg. Der Sprühregen hielt unvermindert an. Grabbe hatte das Gefühl, unter einer ganz feinen Dusche zu stehen. Seine Hände umklammerten die kalten Holmen.
    In Höhe der Dachrinne blickte er hinunter. Von unten hatte er die Dachkante auf vier Meter geschätzt, von hier oben sah es viel höher aus. Am Ende der Leiter musste er das Aluminium loslassen und sich an den Kamin klammern. Die von der Nässe dunklen Backsteine fühlten sich obendrein kalt und rau an. Er versuchte, an den Fugen Halt zu finden und setzte die Füße auf die zweitletzte Sprosse. Der Regen lief ihm an den Unterarmen entlang in die Jacke. Er tastete sich bis zum oberen Kaminrand vor und bekam die Stäbe zu fassen, auf denen das Kupferdach ruhte.
    Jetzt kam der entscheidende Augenblick.
    Grabbe stellte fest, dass er noch höher hinauf musste. Vorsichtig stellte er einen Fuß nach dem anderen auf die oberste Sprosse.
    »Ich halt die Leiter fest!«, hörte er Walde von unten rufen.
    Er tastete mit der rechten Hand an den Stäben entlang nach oben zur Innenseite einer Kupferplatte, die eine der schrägen Flächen des Daches bildete.
    Seine linke Hand hielt einen Stab auf der anderen Seite fest umklammert.
     
    Auf dem Metall haftete ein trockener Belag, wahrscheinlich Ruß. Grabbes Hand glitt nach oben und traf auf Widerstand. Er fuhr an der Platte entlang. Nein, das war nicht die Spitze des Daches. Von unten hatte es hohl ausgesehen, aber jemand hatte unter der Spitze eine Platte angebracht. Grabbe tastete mit den Fingerspitzen an den Rändern entlang. Da war etwas, das sich wie ein Riegel anfühlte.
    Trotz Kälte und Regen spürte Grabbe, wie er schwitzte.
    Um besser an den Verschluss zu gelangen, musste er noch etwas höher klettern.
    Vorsichtig setzte er den rechten Fuß auf die rote Abdeckung, die über die Holmen der Leiter gezogen war. Dann stellte er den linken auf die andere Spitze der Längsstange. Mehrere Atemzüge lang verschnaufte er. Der Riegel ließ sich drehen. Grabbe drückte gegen die Platte, damit sie nicht unkontrolliert nach unten klappte. Ganz langsam ließ er sie nach unten kommen und blinzelte durch den feinen Regen auf den Spalt, der allmählich größer wurde. Etwas Weißes kam zum Vorschein. Kunststoff, eine Tüte.
    Grabbe hielt die Hand darunter, als die Plastiktüte endlich aus dem Spalt rutschte.
     
    Der Inhalt der Tüte war weit schwerer, als er geahnt hatte. Sein Arm, der schon mehrere Minuten angespannt war, wurde heruntergedrückt, als laste

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