Flüchtig!
er aus dem Wagen gestiegen war. Ein Labrador, schwer und wuchtig und von meiner Anwesenheit offenbar wenig beeindruckt. Sein Herr streichelte ihn, ehe sich der Hund wieder auf seinem Verandaplatz schlafen legte.
»Kommen Sie mit zur Rückseite«, sagte Maimon. Wir gingen an der linken Seite des Hauses entlang. An der Rückwand hing ein elektrischer Verteilerkasten. Er öffnete die Tür, betätigte einen Schalter, und im selben Moment leuchteten Serien von Lampen auf, wie choreographiert. Was sich vor meinen Augen ausbreitete, war so strukturell gegliedert und nativ wie ein Gemälde von Rousseau. Ein Meisterwerk mit dem Titel Variationen über ein grünes Thema.
Überall gab es Pflanzen und Bäume, viele in voller Blüte und alle mit dichtem, saftigem Laub, Die größeren waren in Zwanzig und Dreißig-Liter-Behälter gepflanzt, einige wurzelten auch direkt in der dunklen, fetten Erde. Auf Tischen, geschützt durch dünnen Maschendraht, standen kleinere Pflanzen und Sämlinge in Torftöpfen. Im Hintergrund sah man drei Glashäuser. Die Luft war ein Cocktail aus Mulch und Blütenduft.
Er führte mich durch sein Reich. Ich erkannte die meisten Arten, aber viele Kreuzungen waren mir neu. Es gab ungewöhnliche Sorten von Pfirsichen, Nektarinen, Aprikosen, Pflaumen, Frühäpfeln und Birnen. Vor einem Zaun standen mehrere Dutzend Feigenbäume in großen Pflanztrögen. Maimon pflückte zwei Feigen von einem der Bäume, gab mir eine und steckte sich die andere in den Mund. Eigentlich mochte ich Feigen nie besonders gern, aber höflichkeitshalber aß ich die Frucht. Und ich war froh, daß ich es getan hatte.
»Was sagen Sie dazu?«
»Wundervoll. So süß wie getrocknete Feigen.« Es freute ihn.
»Himmlisch. Für meinen Geschmack die besten, obwohl manche die Sorte Pasquale vorziehen.«
Und so ging es weiter. Maimon zeigte mir mit unverhohlenem Stolz besondere Hybriden, blieb gelegentlich stehen, um eine Frucht zu pflücken und mich kosten zu lassen. Seine Produkte waren anders als alles, was ich je in den Obstgeschäften gesehen hatte: größer, saftiger, schöner in der Färbung und von wesentlich intensiverem Geschmack.
Schließlich kamen wir zu den Exoten. Viele davon blühten orchideenartig in Schattierungen von Gelb, Rosa, Scharlach und Mauve. Jede Pflanzengruppe war mit einem hölzernen Täfelchen versehen, das in der Erde steckte. Auf dem Schild klebten Farbfotos der Frucht, der Blüte und des Laubs. Unter den Illustrationen standen die botanischen und die landesüblichen Bezeichnungen in sorgfältig gemalten Lettern, dazu geographische, gartentechnische und kulinarische Hinweise.
Es gab Arten, die mir noch einigermaßen bekannt waren: Litchies, ungewöhnliche Kreuzungen von Mangos und Papayas, Loquats, Guaven und Passionsfrüchte, dazu andere, von denen ich noch nie etwas gehört hatte, wie Sapote, Sapodillas, Azerolakirschen, chinesische Datteln, Jabotikaba, Tamarinden und Baumtomaten.
Eine Abteilung beherbergte die rankenden und die Kletterpflanzen:
Trauben, Kiwis, Himbeeren und Brombeeren in allen Schattierungen von Schwarz über Rot bis Gold. In der nächsten, die für seltene Zitrusfrüchte vorbehalten war, sah ich Chandler-Pomelos, dreimal so groß wie Grapefruits und dazu zuckersüß, Moro-, Sanguinelli und Tarocco-Blutorangen mit burgunderfarbenem Fleisch und Saft, Tangerinen, Limequats, süße Limonen und Zitronen von der Sorte ›Buddhas Finger‹, die von der Form her an Hände mit acht Fingern erinnerten.
In den Gewächshäusern befanden sich Sämlinge der empfindlichsten Pflanzen aus der ganzen Sammlung und Ableger, die Maimon von jungen Abenteurern bekommen hatte, Biotechniker, welche die fernen tropischen Regionen unserer Erde nach neuen, brauchbaren Spezies der Flora erforschten. Durch Manipulationen des Lichts, der Temperatur und der Feuchtigkeit hatte er Mikroklimate geschaffen, die optimale Bedingungen für Aufzucht und Vermehrung boten. Bei der Beschreibung seines Lebenswerks wurde Maimon überraschend lebhaft und spickte seinen Bericht immer wieder mit Fachausdrücken, die er mir danach geduldig erklärte.
Die Hälfte des dritten Gewächshauses war mit Stapeln sorgfältig beschrifteter Kartons gefüllt. Und auf einem großen Tisch stand eine Frankiermaschine, daneben lagen Schere, Klebeband und gepolsterte Kuverts.
»Sämereien«, sagte er. »Die Hauptstütze meines Geschäfts. Ich versende in die ganze Welt.«
Er hielt die Tür auf und ging dann mit mir zu einer Gruppe kleinerer
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