Flüchtig!
Es fiel sehr großzügig aus.
Dann gingen wir hinaus auf den Parkplatz. Die Nacht war kühl und voller Wohlgerüche. Maimon schritt so elastisch wie ein Mann, der nur halb so alt wie er war.
Er fuhr einen Chevy-Lieferwagen mit offener Ladefläche. Und der Wagen hatte Normalreifen. Maimon nahm die Schlüssel heraus und fragte: »Möchten Sie vorbeikommen und meine Pflanzschule besichtigen? Ich würde Ihnen gern die interessantesten Exemplare vorführen.«
Er schien sich nach Gesellschaft zu sehnen. Immerhin hatte er an diesem Abend eine Menge Psychosen abladen können, vermutlich zum erstenmal in seinem Leben. So etwas konnte zur Gewohnheit werden.
»Es wäre mir ein Vergnügen. Aber glauben Sie nicht, daß Sie Schwierigkeiten bekommen, wenn man Sie in meiner Gesellschaft sieht?«
Er lächelte und schüttelte den Kopf.
»Wenn ich mich nicht irre, Doktor, ist das immer noch ein freies Land. Ich wohne einige Meilen außerhalb der Stadt, im Südosten. Oben in den Vorbergen, wo sich die meisten größeren Obstplantagen befinden. Ich schlage vor, Sie fahren hinter mir her, aber für den Fall, daß wir uns verlieren, beschreibe ich Ihnen den Weg. Wir unterqueren die Schnellstraße, fahren dann ein Stück parallel dazu und biegen später nach rechts in eine unbezeichnete Straße ab - ich werde langsam fahren und auf Sie warten, damit Sie die Abzweigung nicht verpassen. Am Fuß der Berge geht es dann wieder nach links auf einen alten Versorgungsweg. Zu schmal für Lastwagen und in den Regenzeiten überflutet, aber in dieser Jahreszeit eine praktische Abkürzung.«
Er schilderte noch eine Weile den Weg, bis mir klargeworden war, daß er die Umgehungsstraße meinte, die ich auf der Karte des Countys im Büro des Sheriffs gesehen hatte. Als ich Houten danach gefragt hatte, war er mir ausgewichen und hatte erklärt, die Straße sei von der Ölgesellschaft gesperrt worden Vielleicht zählte er einen Versorgungsweg wie diesen nicht zu den Verkehrsmöglichkeiten seines Bezirks. Oder er hatte mich belogen.
Ich dachte darüber nach, als ich in den Seville eingestiegen war.
20
Die Abzweigung kam überraschend. Der Straße fehlte nicht nur der Wegweiser, sie war eigentlich gar nicht als Straße zu bezeichnen. Ein schmaler Kiesstreifen, auf den ersten Blick nicht viel mehr als eine etwas breitere Furche, ähnlich den vielen, die sich durch diese weite Ebene fruchtbaren Landes schnitten. Wenn man nicht vertraut war mit der Umgebung, mußte man die Zufahrt übersehen. Aber Maimon fuhr langsam, und ich folgte seinen Rückleuchten durch mondhelle Erdbeerfelder. Bald hatten wir die Geräusche der Schnellstraße hinter uns gelassen, und die Nacht war still und funkelte von Faltern und Mücken, die sich im Licht der Scheinwerfer in Spiralbewegungen den Sternen entgegenschwangen und sich hektisch und vergeblich nach der Wärme ferner Galaxien drängten.
Die Berge hingen drohend über uns, grimmige Steinmassen, dunkle Schatten. Maimons Wagen war alt; er ruckte und schlingerte, als sein Fahrer in den niedrigen Gang schaltete und den Anstieg in die Vorberge begann. Ich blieb mehrere Wagenlängen zurück und folgte ihm in eine Dunkelheit, die so dicht war, daß sie fast mit Händen zu greifen war.
Wir fuhren meilenweit bergauf und erreichten schließlich eine Hochebene. Hier bog die Straße scharf nach rechts ab. Auf der linken Seite war ein ausgedehntes Plateau, eine Mesa, umgeben von einem Maschendrahtzaun. Pyramidenförmige Türme erhoben sich aus der Hochfläche, skelettartig und still: die verlassenen Ölfelder. Maimon bog ab und setzte die Fahrt fort.
Auf den nächsten Meilen kamen wir durch Haine, endlose Baumreihen, zu erkennen durch die gezackten Silhouetten des von den Sternen erhellten Blattwerks, das wie Seide glänzte vor dem Samt des Himmels. Zitrusbäume, nach dem Duft zu vermuten, der in der Luft lag. Danach folgte eine Reihe von Gehöften, Bauernhäuser auf kleineren Grundstücken, überschattet von Platanen und Eichen. Nur weniger Lichter brannten; sie wurden zu verwischten Blitzen, als wir daran vorbeifuhren.
Maimon schaltete den Blinker ein, sechzig Meter bevor er nach links in ein offenes Tor einbog. Auf einem bescheidenen Schild über dem Tor stand: Seltenes Obst und Sämereien Co. Er hielt vor einem großen zweistöckigen Fachwerkhaus, das von einer breiten Veranda umgeben war. Auf der Veranda befanden sich zwei Sessel und ein Hund. Der Hund kam herbeigelaufen, sprang an Maimon hoch und leckte ihm die Hand, als
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