Flüchtig!
der auch gut zuhören kann. Fahren Sie jetzt noch zu Garlands Grundstück?«
»Ja. Nur um einen Blick darauf zu werfen. Können Sie mir den Weg beschreiben?«
»Sie fahren die Straße weiter, die wir gekommen sind. Dabei kommen Sie an einem Avocadofeld vorbei, das ungefähr eine halbe Meile lang ist. Es gehört einem Ärztekonsortium aus La Jolla, ein Abschreibungsobjekt. Dann geht es über eine überdachte Brücke; darunter befindet sich ein trockenes Flußbett. Nach der Brücke ist es noch eine Viertelmeile. Das Grundstück der Swopes liegt auf der linken Straßenseite.«
Ich dankte ihm noch einmal. Er begleitete mich zur Tür.
»Ich bin vor ein paar Tagen dort vorbeigekommen«, sagte er. »Das Tor ist mit einer Kette und einem Vorhängeschloß gesichert.«
»Ich kann gut klettern.«
»Das bezweifle ich nicht. Aber denken Sie daran, was ich über Garland gesagt habe: Er wollte keine Gesellschaft. Deshalb hat er den Zaun, der sein Grundstück umgibt, mit Stacheldraht gesichert.«
»Können Sie mir keinen guten Rat geben?«
Er tat so, als schaute er den Hund an, und sagte beiläufig: »Neben meiner hinteren Veranda befindet sich ein Geräteschuppen mit allen möglichen Dingen. Kramen Sie ruhig herum, vielleicht finden Sie etwas, was Sie brauchen können.«
Er drehte sich um und ging hinein, während ich mich wieder auf die Rückseite des Hauses begab.
Das, was er als ›alle möglichen Dinge‹ bezeichnet hatte, war eine Auswahl guten Werkzeugs, gesäubert und geölt und teilweise in Lappen verpackt. Ich wählte einen Bolzenschneider mit großer Übersetzung und eine Brechstange und trug beides zum Seville. Dann legte ich das Werkzeug zusammen mit der Taschenlampe aus meinem Handschuhfach auf den Boden im Fond, ließ den Motor an und rollte langsam die Auffahrt hinunter.
Im Rückspiegel sah ich die hellerleuchtete Pflanzschule. Der Geschmack der Cherimoya war noch auf meiner Zunge. Als ich auf die Straße hinauskam, erloschen die Lichter auf dem Grundstück.
21
Ich hatte inzwischen aus mehreren Quellen Eindrücke über die Swopes erhalten, doch sie reichten nicht aus, um mir ein klares Bild von dieser zerstörten Familie zu verschaffen.
Jeder hielt Garland für ungewöhnlich: emotionell unangepaßt, verschwiegen und verschlossen, gegenüber Außenseitern feindselig. Aber für einen Eremiten ging er überraschend aus sich heraus. Beverly und Raoul hatten ihn als einen eigensinnigen, überheblichen und geschwätzigen Menschen geschildert, bis hin zum Rüpelhaften - und keineswegs zurückhaltend gegenüber anderen.
Emma dagegen war beschrieben worden als die unterwürfige Gattin, die nichts zu sagen hatte, geradezu eine Null, außer in der Beurteilung von Augie Valcroix. Der kanadische Arzt hatte sie als eine starke Frau bezeichnet und nicht einmal die Möglichkeit ausgeschlossen, daß sie es war, die das Verschwinden von Woody aus dem Krankenhaus in die Wege geleitet hatte.
Was Nona betraf, herrschte allgemeine Übereinstimmung. Sie war wild, hypersexuell und zornig. Sie mußte schon seit langem so gewesen sein.
Und dann Woody, ein lieber kleiner Junge. Wie man es auch betrachtete, er war das unschuldige Opfer. War es eine Illusion, wenn ich mich an die Vorstellung klammerte, er könnte noch am Leben sein? Gab ich mich einer ähnlichen Verleugnung der Realität hin, wie sie einen brillanten Mediziner zum öffentlichen Ärgernis hatte werden lassen?
Gegenüber Matthias und seiner Sekte empfand ich ein intuitives Mißtrauen; doch bis jetzt war nicht der geringste Beweis erbracht, der meine Intuition gestützt hätte. Valcroix hatte die Berührungs-Sekte besucht, und ich fragte mich, ob es wirklich bei einem Besuch geblieben war, wie er behauptet hatte. Ich hatte ihn mehrmals in einem entrückten Zustand erlebt, der sehr an die Meditation der Sektenmitglieder erinnerte. Jetzt war er tot. Worin bestand die Verbindung, vorausgesetzt, es gab eine?
Etwas anderes kam mir in den Sinn. Matthias hatte behauptet, die Sekte habe ein oder zweimal Sämereien von Garland Swope gekauft.
Aber wenn man Ezra Maimon glaubte, hatte Garland gar nichts zu verkaufen, waren hinter diesem Tor und hinter dem Zaun nichts als ein altes Haus und viele Morgen staubiges Brachland. Ein unwesentlicher Punkt? Vielleicht. Doch wozu hatte Matthias das erzählt, wenn es nicht stimmte?
Viele Fragen, und keine führte weiter.
Es war wie ein Puzzlespiel, an dessen Steinen jemand manipuliert hatte. Wie sehr ich mich auch bemühte, nichts
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