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Flüchtig!

Flüchtig!

Titel: Flüchtig! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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paßte zusammen, und das Ergebnis war unbrauchbar.
    Ich kam über die Brücke und verlangsamte die Fahrt. Vor dem Grundstück der Swopes befand sich eine ungeteerte, eingesunkene Auffahrt, die zum verrosteten eisernen Tor führte. Das Doppeltor war hoch - mindestens zwei Meter zwanzig - und mit einer Stacheldrahtrolle gesichert, die noch einen weiteren Meter nach oben ragte, dazu mit Kette und Vorhängeschloß, wie Maimon gesagt hatte.
    Ich fuhr hundert Meter weiter, ehe ich eine geeignete Stelle fand, wo ich den Wagen abstellen konnte. Dort parkte ich den Seville mit der Nase so nahe wie möglich an einem Gestrüpp zwischen hohen Eukalyptusbäumen, nahm das Werkzeug und zuletzt die Taschenlampe heraus und ging das kurze Stück bis zum Tor zurück.
    Das Schloß war nagelneu. Ich nahm, daß Houten es angebracht hatte. Die Kette war aus plastikumhülltem Stahl. Sie leistete dem Bolzenschneider einen Moment lang Widerstand, dann platzte sie wie ein überhitztes Würstchen. Ich öffnete das Tor, schlüpfte hindurch, schloß es von innen und drapierte die Kette mit dem Schloß so, daß man die Bruchstelle nicht auf den ersten Blick erkennen konnte.
    Die Auffahrt zum Haus war gekiest, und meine Schritte gaben Geräusche von sich, die an ein Frühstück mit Cornflakes erinnerten. Das Licht der Taschenlampe fiel auf ein zweistöckiges Fachwerkhaus, das dem von Maimon ähnlich war. Doch hier schien das Fundament nach unten gesackt zu sein, das Holz war an vielen Stellen gesplittert oder blätterte ab. Das Dach war mit Dachpappe gedeckt, bei der an manchen Stellen der Sand fehlt, so daß der nackte Teer zu sehen war, die Fensterrahmen waren verzogen und schief. Ich stellte meinen Fuß auf die unterste Treppe zur Veranda und fühlte, wie das Holz unter meinem Gewicht nachgab. Trockenfäule.
    Ein Käuzchen schrie. Ich hörte das Rascheln von Gefieder, hob den Strahl meiner Taschenlampe in die Richtung und erfaßte den Vogel: ein scharfer Sturzflug, ein hohes Quieken der Beute, und wieder herrschte Todesstille.
    Die Haustür war versperrt. Ich überlegte mir, wie ich das Schloß aufbrechen konnte, und kam mir beim Gedanken an einen Einbruch beinahe kriminell vor. Dann schaute ich nach oben, betrachtete das große, verfallene Haus und mußte an das Schicksal seiner Bewohner denken. Hier noch weitere Zerstörung auszuüben wäre ein Akt von gewissenlosem Vandalismus gewesen. Ich entschloß mich, es an der hinteren Tür zu versuchen.
    Auf dem Weg dorthin stolperte ich über ein loses Brett, behielt mit Mühe das Gleichgewicht und ging dann an der Seite des Hauses entlang nach hinten. Als ich gerade ein Dutzend Schritte weit gekommen war, hörte ich das Geräusch. Ein unaufhörliches Tröpfeln, rhythmisch und seltsam melodisch.
    Es gab einen Verteilerkasten, genau wie bei Maimon und an der gleichen Stelle. Er war zugerostet, und ich benutzte das Brecheisen, um ihn zu öffnen. Dann versuchte ich es mit mehreren Schaltern, ohne Erfolg. Erst mit dem vierten wurde es hell.
    Vor mir stand ein Gewächshaus. Ich ging die paar Schritte hin, öffnete die Tür und betrat es.
    Lange, schwere Holztische waren der Länge nach hintereinander aufgestellt. Die Glühbirnen, die ich eingeschaltet hatte, schimmerten schwach und bläulich und warfen einen milchigen Schein über die Dinge, die auf den Tischen standen. Oben am Dach waren Kurbeln und Zugseile befestigt, mit denen man die Glasscheiben schrägstellen konnte, damit Luft hereinkam.
    Jetzt entdeckte ich auch die Ursache des Geräusches: ein reptilienhaftes System von Bewässerungsrohren, das von altmodischen Schaltuhren betätigt wurde und an Drahtseilen vom metallenen Querträger des Daches herunterhing.
    Maimon hatte sich geirrt, wenn er behauptete, daß auf dem Grundstück des Swopes nichts mehr wuchs. Das Glashaus zumindest enthielt eine Vielfalt von Gewächsen. Keine Blumen, keine Bäume.
    Gewächse!
    Wenn mir die Pflanzschule des ehemaligen Rechtsanwalts wie der Garten Eden erschien, so war dies eine Vision der Hölle.
    Offenbar hatte man hier große Sorgfalt aufgewendet, um einen Dschungel botanischer Monstrositäten entstehen zu lassen.
    Es gab Hunderte von Rosen, die nie zu einem Bukett gebunden werden würden. Die Blüten waren verkümmert und verkrüppelt, ihre Farbe ein tödliches Grau. Jede Blüte war am Rand gezackt und unregelmäßig in der Form, die Blätter bedeckt von einer Schicht, die wie feuchtes Mäusefell aussah. Einige Rosenbüsche hatten fünf Zentimeter lange Dornen,

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