Flüchtig!
kleinen Jungen.«
Diesmal stieß sie meinen Trost nicht zurück und legte ihren Kopf an meine Schulter, ihre Hand in die meine.
»Sie müssen erst einmal etwas Abstand gewinnen«, sagte ich, »damit Sie wieder klar sehen können. Valcroix ist vielleicht sanft gewesen, vielleicht auch ehrlich, wenn Sie so meinen, in einer etwas perversen Weise, aber er ist alles andere als ein Held. Dieser Mann hat seine eigenen Probleme, und Sie kommen viel besser ohne ihn zurecht. Er ist drogenabhängig, nicht wahr?«
»Ja. Woher wissen Sie das?«
Ich entschloß mich, nicht Raouls Vermutung zu zitieren. Schon sein Name brächte sie aus der Fassung. Außerdem hatte ich selbst den gleichen Verdacht.
»Ich habe gestern abend mit ihm gesprochen. Er hat die ganze Zeit geschnieft. Zuerst glaubte ich, er sei erkältet, aber später habe ich mich gefragt, ob er nicht Koks schnupft.«
»Das nimmt er eigentlich selten. Hauptsächlich Gras und Beruhigungsmittel. Manchmal, wenn er lange Dienst hat, schluckt er vielleicht auch Speed. Und Alkohol. Als ich mit ihm beisammen war, habe ich ziemlich viel getrunken, und das ist mir bis heute geblieben. Ich weiß, daß ich damit aufhören muß.«
Jetzt drückte ich sie freundschaftlich.
»Sie haben ein besseres Leben verdient, Bev.«
»Nett, wenn Sie mir das sagen«, erwiderte sie mit leiser Stimme.
»Ich sage es, weil es die Wahrheit ist. Sie sind intelligent, Sie sind attraktiv, und Sie haben ein gutes Herz. Deshalb tut es Ihnen auch so weh. Ich rate Ihnen, lassen Sie all das Elend, all den Tod hinter sich. Ein Leben wie dieses kann Sie nur kaputt machen. Davon bin ich überzeugt.«
»Ach Alex«, schluchzte sie an meiner Schulter, »mir ist so kalt.«
Ich gab ihr meine Jacke. Als die Tränen versiegt waren, begleitete ich sie zu ihrem Wagen.
11
Weder das Verschwinden der Swopes noch Richard Moodys Ratte fielen in Milos Zuständigkeitsbereich. Aus Freundschaft hatte er mir in beiden Fällen geholfen, und ich zögerte noch, ihn schon wieder zu belästigen, diesmal mit den Informationen über Valcroix.
Aber was Beverly mir am Abend zuvor gesagt hatte, war beunruhigend. Nach Raouls Behauptung - sie bestand zu Recht, wie das Geständnis von Beverly bewies - war der Kanadier ein unmoralischer Mensch und ein Trinker, und seine Vertrautheit mit den Besuchern von der Berührungs-Sekte gab dem Verdacht einer Verschwörung, die darauf abzielte, Woody Swope der Behandlung zu entziehen, neue Nahrung. Ich fühlte mich in gewisser Weise verpflichtet, auch Raoul wissen zu lassen, was da vor sich ging, sah dem aber keineswegs mit Begeisterung entgegen, da ich damit rechnen mußte, daß er dann völlig ausflippen würde. Bevor ich also mit dem Feuerwerk begann, wollte ich noch einen Experten zu Rate ziehen.
Milo, der gute Kerl, war aufrichtig erfreut, von mir zu hören.
»Es stört mich ganz und gar nicht. Ich wollte dich sowieso schon anrufen. Fordebrand ist in das Bedabye-Motel gefahren, um Moody ein bißchen anzupusten, aber als er hinkam, war der Kerl verschwunden. Er hat ein Zimmer voller Körpergeruch und Bonbonpapierchen hinterlassen; es stank wie nach einer Versammlung von Skunks. Die Leute von Foothill halten die Augen offen nach ihm, und meine Jungs hier ebenfalls, aber sei trotzdem vorsichtig. Außerdem hat mich dieser Carmichael angerufen - der Kerl, der mit der kleinen Swope bei dem sogenannten Botendienst aufgetreten ist. Normalerweise hätte ich das Gespräch am Telefon geführt, aber der Bursche machte einen außergewöhnlich nervösen Eindruck. So, als ob er auf einer Bombe säße. Außerdem hat er einen Zusammenhang mit der Sitte hinter sich - wegen Prostitution, vor zwei Jahren. Daher habe ich mich entschlossen, unter vier Augen mit ihm zu reden. Und was hast du vor?«
»Ich begleite dich zu Carmichael und sage es dir unterwegs.«
Er ließ die Informationen über Valcroix in sich einsickern, während er über den Santa Monica Freeway fuhr.
»Was ist das für ein Kerl, eine Art Zuchthengst?«
»Weit gefehlt. Ein gealterter Ersatzhippie. Schlaffes Gesicht, schlaffer Körper, eigentlich eher ein verschlampter Typ.«
»Über Geschmack läßt sich bekanntlich streiten. Vielleicht ist er bestückt wie ein Hengst.«
»Ich glaube nicht, daß seine Anziehung allein auf körperlichen Vorteilen beruht. Er ist wie ein Aasgeier, Milo. Wirft sich in die Bresche, wenn sich die Frauen in Streßsituationen befinden, spielt den Gefühlvollen und gibt ihnen das, was sie für Liebe und
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