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Flüchtig!

Flüchtig!

Titel: Flüchtig! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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der Nachbarschaft gewesen, und vor zwei Jahren hatten Polizei und Feuerwehr ein strenges Augenmerk darauf gerichtet. Die erfolgreiche Belästigungsklage des Besitzers hatte dem ein Ende gesetzt.
    Milo zuckte mit den Schultern. »Wie auch immer, Ihr Daddy hat Sie da rausgepaukt, die Akten wurden geschlossen, und Sie haben versprochen, sich in Zukunft zu benehmen.«
    »Ja«, sagte Carmichael in bitterem Ton. »Das hätte wohl das Ende der Story sein sollen. Aber es war nicht so einfach.« Die blauen Augen funkelten. »Dad hat mein Kapital - Gelder, die mir meine Mutter hinterlassen hat - beschlagnahmt und sich selbst unter den Nagel gerissen. Ich bin sicher, das war illegal, aber der Anwalt, der den Nachlaß verwaltet, ist einer von Dads Freunden beim California Club, und ehe ich es auch nur bemerkte, besaß er die Verfügungsgewalt über das gesamte Vermögen. Damit hatte er mich am Schlafittchen. Es war, wie wenn ich plötzlich wieder ein kleiner Junge gewesen wäre. Ich mußte bei allem um seine Erlaubnis bitten. Er zwang mich, zur Schule zu gehen, sagte, ich müsse etwas aus mir machen. Du meinte Güte, ich bin sechsunddreißig, und ich sollte wieder aufs College gehen? Er meinte, wenn ich gute Zeugnisse nach Hause brächte, gäbe es für mich einen Platz in der Firma Carmichael Oil. Was für ein Ekel! Nichts und niemand kann mich zwingen, jemand zu sein, der ich nicht bin. Was, zum Teufel, erwartet er eigentlich von mir?«
    Er schaute uns beschwörend an, als erwarte er unsere Unterstützung. Ich hätte sie ihm instinktiv gewährt, doch dies war keine therapeutische Sitzung. Milo wartete, bis er sich etwas beruhigt hatte, ehe er ihn fragte:
    »Und wenn er herausfindet, welchem Job Sie derzeit nachgehen, ist der Ofen ganz aus, ja?«
    »Ach, Scheiße.« Carmichael strich sich über den Bart. »Ich kann auch nichts dafür. Es macht mir nun mal Spaß. Gott hat mir einen hübschen Körper und ein hübsches Gesicht geschenkt, und es macht mir Vergnügen, beides mit anderen zu teilen. Es ist wie Schauspielerei, nur eben privat, also besser und intimer. Damals, als ich noch getanzt habe, fühlte ich die Augen der Frauen auf mir, Blicke, die mich fast verschlungen haben. Ich habe mit ihnen gespielt und sie dabei nicht zu kurz kommen lassen. Am liebsten hätte ich ihnen gleich an Ort und Stelle einen Orgasmus verschafft. Das war für mich ein Gefühl von - von Liebe.«
    »Ich habe es schon Ihrer Chefin gesagt, und ich sage es Ihnen selbst noch einmal«, erklärte Milo. »Es ist uns völlig egal, wer in dieser Stadt wie und mit wem vögelt. Für uns wird es erst zum Problem, wenn jemand dabei erschossen, erdrosselt oder sonstwie abgemurkst wird.« Carmichael schien den Einwand nicht gehört zu haben.
    »Ich meine, das ist doch nicht so, als ob ich auf den Strich gehen würde«, betonte er. »Ich brauche das Geld nicht - in einer guten Woche verdiene ich auch so an die sechs bis siebenhundert Dollar.« Er wischte es mit einer Handbewegung weg - lächerliche Summen für einen Mann, der im Reichtum geboren worden war.
    »Doug«, sagte Milo mit Nachdruck in der Stimme, »hören Sie endlich auf, sich zu verteidigen, und achten Sie auf das, was wir Ihnen schon die ganze Zeit klarzumachen versuchen. Es ist uns egal, was Sie mit Ihrem Schwanz anfangen. Ihre Akte bleibt geschlossen. Sie sollen uns nur etwas über Nona sagen.«
    Endlich schien er zu kapieren. Der Ausdruck auf seinem Gesicht war der eines Kindes, das ein unerwartetes Geschenk bekommt. Dabei wurde mir erst recht bewußt, daß er mir wie ein großer kleiner Junge vorkam, denn abgesehen von seinem männlichen Äußeren war alles an ihm kindlich und unreif. Ein klassischer Fall von Entwicklungshemmung.
    »Sie war wie ein Barracuda«, sagte er. »Man mußte sie zurückhalten, sonst wurde sie aggressiv. Das letzte Mal haben wir bei einer Polterabend-Party für einen älteren Mann gearbeitet, der am Tag danach zum zweitenmal beiraten wollte. In seiner Wohnung in Canoga Park waren lauter Männer in mittleren Jahren, biedere Geschäftsleute. Sie hatten schon einiges geschluckt und sich Sexfilme angeschaut, bevor wir hingekommen sind. An dem Abend haben wir Champion und Einpeitschmädchen gespielt. Ich hatte einen Footballdreß an, und sie trug ein Jersey-Oberteil, einen kurzen Faltenrock und Turnschuhe. Das Haar in Zöpfe geflochten, Quasten aus Stanniol in den Händen, das übliche.
    Die Kerle waren harmlose alte Furze. Bevor wir ankamen, hatten sie sicher große Reden

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