Flüchtig!
herausgekommen?«
»Gehen Sie wieder an Ihre Arbeit, Doktor.«
Valcroix sammelte seine Behandlungsblätter ein und ging mit verträumtem Blick hinaus.
»Was für ein Arschloch«, sagte Milo, als wir das Krankenhaus verließen. »Als Arzt würde ich den nicht auf fünf Schritte an mich herankommen lassen.« An der Windschutzscheibe seines Wagens klemmte eine Verwarnung wegen unerlaubten Parkens, ausgegeben von der Sicherheitswache des Krankenhauses. Milo riß sie unter dem Scheibenwischer hervor und steckte sie in die Tasche. »Hoffentlich ist er nicht typisch für das, was einem heutzutage von der Medizin alles zugemutet wird.«
»Er ist in gewisser Weise einzigartig. Und ich bin sicher, seine Tage hier sind gezählt.«
Wir fuhren auf dem Sunset Boulevard nach Westen.
»Wirst du ihn überprüfen?« fragte ich.
»Ich könnte die Leute von der Sekte fragen, wie gut sie ihn kennen, aber wenn es so etwas wie eine Verschwörung gibt, lügen sie mich ja doch nur an. Das beste wäre, wenn ich mich mit dem Sheriff dort in Verbindung setzen und herauszufinden versuche, ob dieser Kerl öfter als einmal gesehen worden ist. In einem kleinen Ort entgeht der Polizei nicht so leicht der Besuch eines Unbekannten.«
»Ich kenne jemanden, der uns vielleicht etwas mehr über diese Sekte sagen kann. Soll ich ihn anrufen?«
»Warum nicht? Es kann nicht schaden.«
Er fuhr mich nach Hause und blieb noch eine Viertelstunde , um sich die Koi anzusehen, war gebannt von den bunten Fischen und lächelte, als sie die Futterkörner fraßen, die er ihnen ins Wasser warf. Er hatte Mühe, sich von dem Anblick loszureißen, und auf dem Weg nach oben schien sein großer Körper schwer und langsam geworden zu sein.
»Wenn ich jetzt nicht gehe, bleibe ich hier und schaue zu, bis mein Bart lang und weiß geworden ist.«
Wir schüttelten uns die Hände, er salutierte im Scherz, drehte sich um und ging, um wieder einmal einen Nachmittag lang das Tier im Menschen in seinen scheußlichsten Spielarten zu beobachten.
12
Ich rief Professor Seth Fiacre in der UCLA an. Er ist ein alter Klassenkamerad von mir aus dem College, ein Sozialpsychologe, der sich seit Jahren mit Kultgemeinschaften und Sekten befaßte.
»Hallo, Alex«, rief er fröhlich wie immer, »ich bin eben aus Sacramento zurückgekommen. Eine Sitzung beim Senat. Reine Zeitverschwendung.«
Wir tauschten Erinnerungen aus und informierten uns über die jeweiligen persönlichen und beruflichen Veränderungen, dann nannte ich ihm den Grund meines Anrufs.
»Die Berührer-Sekte? Wundert mich, daß du überhaupt etwas von ihrer Existenz weißt. Die Leute sind ziemlich unbekannt und bemühen sich auch nicht um neue Anhänger. Sie leben in einem ehemaligen Kloster an der mexikanischen Grenze, das sie ›Zuflucht‹ nennen.«
»Und ihr Führer - heißt er nicht Matthias?«
»Der Edle Matthias. Ursprünglich Anwalt. Damals nannte er sich Norman Matthews.«
»Worauf hatte er sich spezialisiert - ich meine, als Anwalt?«
»Ich weiß nicht. Aber es war etwas Bedeutendes. Beverly Hills.«
Ein Anwalt, der sich in einen Guru verwandelte, das schien mir eine bemerkenswerte Metamorphose zu sein.
»Und warum hat er sein Leben so grundlegend geändert?« fragte ich.
»Das kann ich dir nicht sagen, Alex. Die meisten charismatischen Führer berufen sich auf eine kosmische Vision, die sie in der Regel nach einem Trauma erlebt zu haben glauben. Der typische Rufer in der Wüste. Vielleicht ist ihm mitten in der Mojawe-Wüste das Benzin ausgegangen, und er hat Gott gesehen.« Ich lachte.
»Ich wollte, ich könnte dir mehr darüber sagen, Alex. Die Gruppe hat nicht sonderlich viel Aufmerksamkeit erregt, weil sie ziemlich klein ist, höchstens sechzig Mitglieder, schätze ich. Und wie gesagt, sie sind nicht darauf aus, andere zu bekehren, daher wird diese Sekte vermutlich klein bleiben. Ob sich das ändert, wenn man ihnen mehr Interesse widmet, bleibt dahingestellt. Es gibt sie erst seit drei oder vier Jahren. Noch etwas Bemerkenswertes fällt mir ein: Die meisten ihrer Anhänger sind Leute in mittleren Jahren. Gruppen, die auf Bekehrung aus sind, versuchen in der Regel, vor allem die jungen Leute für sich zu gewinnen. Konkret heißt das, daß in diesem Fall keine Eltern zu befürchten sind, die nach der Polizei rufen oder ihre verführten Sprößlinge in psychiatrische Behandlung geben.«
»Geht es bei Ihnen auch um Gesundheitsregeln nach der Ganzheitstheorie?«
»Wahrscheinlich. Das ist bei den
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