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Flüchtig!

Flüchtig!

Titel: Flüchtig! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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meisten dieser Gruppen der Fall. Es ist Teil der Auflehnung gegen die Wertvorstellungen unserer Gesellschaft. Aber ich habe nicht gehört, daß sie von der Holistik besessen wären, wenn du das meinst. Es geht ihnen meines Wissens vor allem um ein Leben in Autarkie. Sie bauen ihre Nahrungsmittel selbst an und fertigen auch ihre Kleidungsstücke selbst. Wie die ursprünglichen Utopisten - die Obeida, die Ephrate, die Neue Harmonie. Darf ich fragen, warum du das alles wissen willst?«
    Ich erzählte ihm von der Entscheidung der Swopes, Woody nicht mehr im Western Pediatric behandeln zu lassen, und vom Verschwinden der Familie.
    »Hört sich das so an«, fragte ich danach, »als ob jemand aus der Gruppe daran beteiligt sein könnte, Seth?«
    »Ziemlich unwahrscheinlich, denn sie leben sehr zurückgezogen. Wenn sie sich mit dem medizinischen Establishment anlegen wollten, würden sie damit nur eine peinlich genaue Überprüfung herausfordern.«
    »Sie haben aber die Familie besucht«, erinnerte ich ihn.
    »Mag sein, aber wenn sie subversiv tätig werden wollten - warum dann so in aller Offenheit? Du sagst, die Familie lebt in der Nähe der ›Zuflucht‹?«
    »So habe ich gehört.«
    »Also handelte es sich vielleicht nur um einen nachbarlichen Freundschaftsbesuch. In einem kleinen Ort wie La Vista begegnen die Einheimischen solchen Spinnern mit großem Mißtrauen. Wenn die Spinner also schlau sind, bemühen sie sich, besonders freundlich zu den Einheimischen zu sein. Das ist eine gute Überlebensstrategie.«
    »Wenn wir schon vom Überleben sprechen«, sagte ich, »wodurch ermöglichen sie sich ein halbwegs vernünftiges Auskommen?«
    »Ich nehme an, durch die Beiträge der Mitglieder. Andererseits war Matthews ein reicher Mann. Er könnte vermutlich die ganze Sekte aus eigener Tasche aufrechterhalten, und sei es rein um der Macht und des Prestiges willen. Und wenn sie tatsächlich versuchen, auf den hauptsächlichen Gebieten autark zu sein, dürfte die zusätzlich benötigte Summe nicht allzu hoch sein.«
    »Noch eines, Seth. Warum nennen sie sich ›Berührungs-Sekte‹?«
    Er lachte. »Keine Ahnung. Ich glaube, ich beauftrage einen meiner Examenskandidaten mit dieser Frage.«
    Später am Tag rief mich Mal Worthy an.
    »Sieht so aus, als ob Mrs. Moody nur deshalb keine Ratte bekommen hat, weil ihr Exgatte sie für etwas Größeres und Besseres bestimmt hatte. Heute morgen hat sie einen skalpierten Hund gefunden, der an seinen Eingeweiden an ihrer Haustürklinke aufgehängt war. Moody hat ihn obendrein kastriert und ihm die Hoden ins Maul gestopft.«
    Ich schwieg angeekelt.
    »Toller Bursche, was? Obendrein hat er gegen die gerichtliche Anordnung dort angerufen, mit dem Jungen gesprochen und ihm gesagt, daß er von zu Hause weglaufen soll. Der Junge gehorchte, und es hat mehrere Stunden gedauert, bis man ihn fand. Schließlich haben sie ihn gestern spätabends entdeckt, wie er auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums herumgeirrt ist, fünf Meilen von zu Hause entfernt. Er dachte vermutlich, sein Vater würde ihn dort abholen. Aber niemand war gekommen, und der arme Junge hatte furchtbare Angst. Ganz zu schweigen davon, daß Darlene allmählich völlig durchdreht, und ich rufe vor allem deswegen an, weil ich dich bitte möchte, daß du dich ein bißchen um die Kinder kümmerst. Ihr geistiges Wohlergehen steht mehr auf dem Spiel als je zuvor.«
    »Haben sie den Hund gesehen?«
    »Glücklicherweise nicht. Darlene hat alles weggeräumt, bevor die Kinder herauskamen. Wann kannst du mit ihnen sprechen?«
    »Ich kann nicht vor Samstag ins Büro.« Ich hatte von einem Kollegen ein paar Praxisräume für die Besprechungen zu meinen gerichtlichen Gutachten gemietet, die mir aber nur an den Wochenenden zur Verfügung standen.
    »Du kannst ja hierherkommen, in meine Kanzlei. Brauchst nur zu sagen, wann es dir paßt.«
    »Kannst du sie, sagen wir in zwei Stunden, in deine Kanzlei zitieren?«
    »Wird gemacht.«
    Die Kanzlei des Anwaltsbüros von Trenton, Worthy & La Rosa befand sich im obersten Stockwerk eines mit hohem Prestige ausgestatteten Gebäudes an der Kreuzung Roxbury und Wilshire. Malcolm, prangend in einem marineblauen Seide-Kammgarn-Anzug von Bijan, begrüßte mich persönlich in seinem Wartezimmer. Er bot mir an, sein eigenes Büro zu benutzen. Ich hatte es als einen höhlenartigen, dunkel getäfelten Raum in Erinnerung, mit einem riesigen amorphen Schreibtisch, der wie eine frei gestaltete Plastik aussah, abstrakten

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