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Flüchtig!

Flüchtig!

Titel: Flüchtig! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Post und warf mich damit aufs Bett. Aber ich war zu erschöpft, um mich auf etwas konzentrieren zu können, und gab mich ohne längeren Kampf dem Schlaf hin.

18
    Am nächsten Morgen hatte sich mein Unwohlsein zu einer ordentliche Grippe ausgewachsen. Ich nahm Aspirin, trank Zitronentee und wünschte mir, Robin wäre hier, um mich zu pflegen.
    Ich ließ den Fernseher laufen, um ein Hintergrundgeräusch zu haben, und schlief mehr oder weniger den ganzen Tag. Am Abend fühlte ich mich so weit bei Kräften, um aus dem Bett zu kriechen und einen Pudding zu essen. Aber selbst das strengte mich ziemlich an, und bald darauf war ich wieder eingeschlafen.
    In meinem Traum trieb ich auf einer Eisscholle in der Arktis und suchte in einer bescheidenen Hütte aus Pappkarton Schutz vor einem heftigen Hagelschauer. Jede neue Salve von Hagelkörnern ließ die Hütte erbeben und verstärkte in mir die Angst und das Gefühl von Schutzlosigkeit.
    Ich erwachte nackt und zitternd. Der Hagelschauer setzte sich fort. Digitalziffern glühten im Dunkeln: 11:26 Uhr. Durch das Fenster sah ich den schwarzen Himmel. Aus den Hagelkörnern waren Schüsse geworden. Gewehrsalven, die gegen die Seite des Hauses schlugen.
    Ich tauchte auf den Boden, lag dann flach auf dem Bauch und atmete schwer.
    Weitere Schüsse. Ein Plopp, dann das Klirren von zerbrochenem Glas. Ein Schmerzensschrei. Ein furchtbarer, dumpfer Laut, wie wenn eine Melone unter einem Vorschlaghammer platzt. Ein Motor, der angelassen wurde. Ein Wagen, der sich entfernte. Dann Stille.
    Ich kroch zum Telefon. Rief bei der Polizei an. Fragte nach Milo. Er war nicht im Dienst. Dann Del Hardy. Bitte!
    Der schwarze Kriminalbeamte kam an den Apparat. Keuchend berichtete ich ihm von dem Alptraum, der Wirklichkeit geworden war.
    Er versprach, Milo anzurufen, dann würden beide herkommen, so schnell wie möglich.
    Minuten später näherte sich das Heulen von Sirenen, kam den Glen herauf: Fanfaren, die verrückt geworden waren.
    Ich zog mir einen Bademantel an und trat hinaus.
    Die Seitenfront des Hauses, massive Redwoodbohlen, war von Löchern durchsiebt und an mindestens zehn oder fünfzehn Stellen gesplittert. Ein Fenster war zu Bruch gegangen.
    Ich roch Kohlenwasserstoff.
    Auf der Terrasse standen drei offene Benzinkanister. Benzingetränkte Fetzen waren zu übergroßen Dochten zusammengedreht und in die Öffnungen gestopft worden. Ölige Fußspuren führten an den Rand der Terrasse und endeten in einer Bremsspur. Ich schaute über das Geländer.
    Ein Mann lag, das Gesicht nach unten, die Gliedmaßen ausgebreitet, im japanischen Garten.
    Ich war auf der Treppe, als der Streifenwagen anhielt. Ging barfuß hinunter zum Garten, fühlte den kalten Stein, der an meinen Sohlen fiebrig brannte. Ich rief etwas, aber der Mann antwortete nicht.
    Es war Richard Moody.
    Die Hälfte seines Gesichts war weggerissen worden - der Rest war Hundefutter - oder, genauer gesagt, Fischfutter, denn sein Kopf ragte ins Wasser, und die Koi knabberten daran, sogen das blutige Wasser ein und genossen den Leckerbissen.
    Mit einem Gefühl, mich im nächsten Augenblick übergeben zu müssen, versuchte ich sie fortzuscheuchen, aber mein Anblick stimulierte ihre Freßlust, und sie wurden lebhafter und wilder.
    Dann war jemand neben mir. Ich zuckte zusammen.
    »Ruhig, Alex.«
    »Milo!«
    Er sah aus, als ob er gerade erst aus dem Bett geklettert wäre, trug einen Anorak über einem gelben Polohemd und ausgebeulten Jeans. Sein Haar war ein dichter, zerraufter Schopf, und seine grünen Augen funkelten im Mondlicht.
    »Komm.« Er nahm mich am Ellbogen. »Gehen wir hinauf. Du mußt dir erst was einflößen, dann kannst du mir erzählen, was passiert ist.«
    Während sich das Team des Ermittlungsdienstes mit den technischen Einzelheiten des Mordes befaßte, saß ich auf meinem alten Ledersofa und trank Chivas Regal. Der Schock ließ allmählich nach; ich merkte, daß ich noch schlecht beisammen war, kalt und schwach. Der Scotch lief glatt hinunter und wärmte mich von innen. Mir gegenüber saßen Milo und Del Hardy. Der schwarze Kriminalbeamte war adrett wie immer, in einem auf Taille geschnittenen dunklen Anzug mit pfirsichfarbenem Hemd, schwarzer Krawatte und auf Hochglanz polierten Stiefeletten. Er hatte sich eine Lesebrille aufgesetzt und machte Notizen.
    »Auf den ersten Blick sieht es so aus«, sagte Milo, »als ob Moody vorgehabt hätte, dir das Haus über dem Kopf anzuzünden, und jemand ist ihm gefolgt, hat ihn dabei

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