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Flügel aus Asche

Flügel aus Asche

Titel: Flügel aus Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaja Evert
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auf, das ist nicht nötig. Keyla hat mir erzählt, dass wir Verbündete sind. Dein Name lautet Adeen?«
    Sie sprach mit einem Akzent, der die Wörter verzerrte. Um sie zu verstehen, musste Adeen genau hinhören.
    »Ja … Hoheit.« Er übernahm das Wort, das er von Keyla gehört hatte.
    »Und du stammst aus Rashija?«
    »Ja.«
    »Hast magische Schriftrollen für den Herrscher angefertigt? Gut. Dein Wissen wird sehr nützlich für uns sein. Darf ich dich mit Leret bekannt machen? Er ist mein Feldstratege und hat in den letzten Jahren alle Informationen gesammelt, die uns über Rashijas Magie zur Verfügung standen.«
    Als sein Name fiel, blickte der junge Mann neben ihr von der Karte auf und blinzelte Adeen einen Moment lang verwirrt an. Offenbar war er aus tiefer Konzentration gerissen worden.
    »Erzähl uns alles, was du über die Waffen der fliegenden Stadt weißt, Adeen«, forderte ihn die Königin auf.
    Die nächsten Stunden vergingen mit einem zermürbenden Gespräch, das mehr einem Verhör ähnelte. Adeen wurden wieder und wieder dieselben Fragen gestellt. Der Stratege der Königin kritzelte Notizen auf Wachstafeln, die bald einen kleinen Stapel vor ihm bildeten, raufte sich die Haare und erkundigte sich zwischendurch nach Einzelheiten. Doch trotz all der Jahre, die er in der Akademie gearbeitet hatte, wusste Adeen über Schriftmagie noch immer sehr wenig. So war es letzten Endes meist Talanna, die die Fragen beantwortete, mit ruhiger Stimme und unbeteiligter Miene, den Blick fest auf die Königin gerichtet. Immer, wenn sie etwas sagte, breitete sich Stille im Raum aus. Die Kälte und das Misstrauen, die der Draquerin entgegenschlugen, waren spürbar. Nun wusste Adeen auch, dass dieses Misstrauen berechtigt war, es immer gewesen war. Oder doch nicht? Er presste die Lippen zusammen und blickte zu Boden. Er
wollte
glauben, dass Talanna aufrichtig war. Andererseits: Hatte er das Recht zu verschweigen, was er wusste, wenn ihre Täuschungen vielleicht dafür sorgen würden, dass dieses ganze Heer seinem Untergang entgegenzog?
    Nein, dieses Recht habe ich nicht.
Und trotzdem schwieg er.
    Im Laufe der Unterredung zeichnete sich allmählich ein Plan für einen Kampf gegen Rashija ab. Der Schlüssel zur Kampfkraft der fliegenden Stadt war die Schriftmagie. Weil die Draquer und Magier ihre angeborenen Kräfte auf dem Boden nicht einsetzen konnten, waren sie gezwungen, sich auf ihren Vorrat an Schriftrollen zu verlassen. Und genau dieser Vorrat musste verschwinden. Da ein großer Teil davon in der Akademie eingelagert war, stellte das Gebäude zunächst das wichtigste Angriffsziel dar. Eine Einheit sollte bis zur Akademie vorstoßen und die Schriftrollen verbrennen, die sie dort fand. Dieser Einheit wurde Adeen zugeteilt, gemeinsam mit Talanna, Schwärmer, Yoluan und einigen Kämpfern. Waren die Schriftrollen erst einmal in Flammen aufgegangen, standen die Aussichten für die Angreifer besser: Dann mussten sie sich »nur noch« mit der überlegenen Ausrüstung der rashijanischen Truppen auseinandersetzen. Schwärmer, der älteste Teilnehmer der Versammlung, hatte die letzte Landung Rashijas noch miterlebt und wusste Einzelheiten, die sonst niemandem bekannt waren: Wie lange sie dauerte, wie sie ablief, nach welcher Zeitspanne die ersten Soldaten den Boden betreten hatten. Der junge Stratege erläuterte die Bewegungen der Heere: An dem Ort, wo Rashija voraussichtlich landen würde – ein Bergtal, etwa zwei Tagesmärsche entfernt –, sammelten die Besatzer ihre Streitkräfte, um die Stadt vor Angreifern zu schützen. Zugleich schloss sich jedoch der Kreis der Rebellen um sie: Aus jedem Landstrich der Umgebung, der von den Magierkriegern noch nicht unterworfen worden war, näherten sich Kämpfer, um sich in einem großangelegten Angriff zusammenzuschließen. Nicht alle waren so gut organisiert wie das Heer der Königin von Tama. Viele kamen in kleinen Trupps, ähnlich wie Keylas Leute, und ihre Rüstungen und Waffen würden sie kaum lange überleben lassen. Aber, wie es der Stratege ausdrückte, »der Bär spürt die Stiche der Ameisen und flieht«. Adeen konnte mit diesem Ausdruck zwar nicht viel anfangen, er begriff allerdings, dass beiden Seiten ein Gemetzel bevorstand.
    Schließlich – es musste schon lange nach Mitternacht sein – löste sich die Versammlung endlich auf, und alle drängten sich zum Zelteingang. Adeen blickte sich nach den Wachen um. Der Stratege saß immer noch da, inzwischen ganz zerzaust, und

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