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Fluegel der Dunkelheit

Fluegel der Dunkelheit

Titel: Fluegel der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Planert
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legte sie ihn auf den Rücksitz, deckte ihn zu und
betrachtete ihn einen Augenblick. Schlafende Kindergesichter sehen so
herrlich entspannt aus. In diesem Moment wurde Liana ganz warm ums
Herz, ihre Muttergefühle erwachten. Jetzt trug sie Verantwortung für
diesen kleinen Spatz. Ohne Zwischenfälle erreichte sie ihre Wohnung.
Veit schien auf der kurzen Autofahrt wieder fest eingeschlafen zu
sein. Behutsam trug Liana den Jungen in ihr Schlafzimmer, um ihn auf
ihr Bett zu legen. Sie musste herzhaft gähnen. Solange Veit schlief,
sollte sie sich neben ihn kuscheln. Sie sah ihm ins Gesicht, dann
begann sie darüber nachzudenken, dass auch sie eines Tages Kinder
haben wollte.

    »Mama!«
    Eine helle Stimme
beendete Liana traumlosen Schlaf. Sie öffnete die Augen und sah Veit
am Kopfende des Bettes sitzen. Dicke Tränen kullerten über seine
Wangen.
    »Meine Mama!« Er
schluchzte herzzerreißend. »Mama!«
    »Nicht weinen,
Veit. Mama kommt gleich nach dem Nachtdienst her und holt dich nach
Hause.« Sie wollte ihn in die Arme nehmen, Geborgenheit vermitteln,
doch er schlug nur wild um sich.
    »Meine Mamaaa!«
Veit weinte, unbeeindruckt von ihren tröstenden Worten weiter.
    »Veit, du kennst
mich doch. Ich arbeite mit deiner Mama zusammen.« Sie streckte ihm,
wie zum Beweis, ihre Hand entgegen. Augenblicklich veränderte sich
sein Weinen zum Kreischen. Es klang fast so, als ginge es um sein
Leben. Gut, das war also die falsche Taktik. Viel Erfahrung oder
Gelegenheiten zum Üben im Umgang mit kleinen Kindern hatte sie
bisher ja auch nicht. Eine knifflige Situation.
    »In Ordnung Veit.«
Sie konnte nicht erwarten, dass er ihr um den Hals fiel, dazu hatte
sie ihn zu selten gesehen, aber als Frau sollte sie doch in der Lage
sein, mit Kleinkindern umzugehen, zumindest musste sie ihn beruhigen.
Veit drückte sein schwarzes Stofftier fest an sich und schniefte
weiter nach seiner Mama. Ablenkung war bestimmt der beste Weg.
    »Magst du mit mir
frühstücken?« Für einen Moment sah Veit auf, schüttelte kurz den
Kopf.
    »Und wie wäre es,
mit etwas zu trinken?« Er senkte seinen Blick, hörte dabei sogar
mit seinem Weinen auf. Er nahm seine Finger in den Mund.
    »Kennst du noch
meinen Namen?« Veit reagierte nicht. »Ich heiße Liana.« Er sah
weiterhin nach unten auf die Bettdecke.
    »Na gut, Veit. Ich
gehe jetzt in die Küche und mache mir einen Tee, wenn du magst,
kommst du einfach hinterher.«
    Veit blieb stur. Das
Einzige, was sich an ihm bewegte, war sein kleiner Brustkorb, während
er atmete. Kaum hatte Liana den Flur betreten, folgte ihr ein »Lia,
Lia.« Darüber musste sie schmunzeln. Sie presste die Lippen
zusammen, versuchte eine erste Miene aufzusetzen, als sie sich
umdrehte. Veit stand auf dem Bett. Seine braunen Kulleraugen waren
weit aufgerissen, als hätte er panische Angst. Seine Ärmchen hatte
er vom Körper gestreckt, in der rechten Hand hielt er sein geliebtes
Stofftier. Nun erkannte Liana endlich, was das schwarze Plüschtier
darstellte.
    »Möchtest du mich
in die Küche begleiten?« Veit sah mit seinen abstehenden Haaren zu
niedlich aus. Die Angst verschwand aus seinem Gesicht. Er ließ sich
mit dem Po auf das Bett plumpsen und rutschte rückwärts herunter.
»Lia.« Sie spürte wieder ihr Lächeln auf den Lippen, wobei ihr
nicht ganz klar war, ob das Verhalten dieses kleinen Fratzes oder ihr
Erfolg der Ablenkung dafür verantwortlich war. Entgegen ihrem
Bedürfnis bot sie ihm nicht die Hand an. Das raschelnde Geräusch
zwischen Veits Beinchen klang für Liana gewöhnungsbedürftig.
Bestimmt brauchte er eine frische Windel. Liana war auf Besuch dieser
Art nicht eingerichtet, doch zum Glück fanden sich einige Windeln in
seiner Reisetasche. Mit Früchtetee und zurechtgeschnittenem
Salamibrot schien Veit zufrieden zu sein. Nur nah an ihn herankommen
durfte sie nicht. Zwischendurch drängte sich auch immer wieder die
Frage nach seiner Mama in den Vordergrund. Nun waren ihre Fähigkeiten
des Ablenkungsmanövers gefragt.
    »Darf ich mir deine
Fledermaus mal ansehen?« Ein Kopfschütteln mit heruntergezogenen
Mundwinkeln und ein inniges Ansichdrücken des Stofftieres war seine
Antwort. Liana schaute ihn an. Sie versuchte, sich in seine Lage
hineinzuversetzen. Noch gestern Abend war er bei der vertrauten
Tagesmutter eingeschlafen und erwachte nun am Morgen neben einer
fremden Person in einer unbekannten Umgebung. Dafür benahm sich Veit
noch sehr umgänglich.
    Es klingelte. Liana
stürmte zur Tür, riss die

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