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Fluegel der Dunkelheit

Fluegel der Dunkelheit

Titel: Fluegel der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Planert
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nicht in Pflegeeinrichtungen auf ihr
erlösendes Ende warten. Wie erwacht von ihrem Spaziergang durch ihre
mögliche Zukunft, fiel ihr Blick auf ihre schrumpligen Finger. Sie
sollte sich besser auf das Hier und Jetzt konzentrieren, daran
arbeiten, ihr Ziel zu erreichen. Kurz darauf verließ sie die
Badewanne, ging ins Wohnzimmer und setzte sich mit einer Tasse frisch
aufbrühten Yogi-Tee auf ihr Sofa. Sie nahm die Tageszeitung in die
Hand. Auf der Titelseite sprang ihr die Überschrift in dicken
schwarzen Buchstaben ›Vampirfledermäuse
in Berlin!‹ ins Auge.
    So ein Blödsinn!
Diese Tiere lebten lediglich in den tropischen Regenwäldern
Lateinamerikas. Trotz aller Klimaveränderungen, so gravierend hatte
sich das Wetter in Deutschland nun doch noch nicht gewandelt. Liana
musste kurz über ihre Gedanken lachen. Vielleicht handelte es sich
hierbei um einen Ausreißer aus dem Zoo. Mit dieser Idee las sie sich
den Artikel durch. Ein Spaziergänger hatte letzte Woche in der
leerstehenden russischen Kaserne eine männliche Leiche entdeckt. Die
Obduktion der Leiche hatte ergeben, dass der 57-Jährige an
Herzversagen gestorben war. Er war mit dem Hinterkopf auf einem
harten Untergrund aufgeschlagen, hatte sich eine massive Platzwunde
zugezogen, die aber nicht die Todesursache gewesen war. Auffallend
waren zwei markante Bisswunden am Hals der Leiche. Nach bisherigen
Erkenntnissen von Fachleuten handelt es sich um den Biss der
tropischen Vampirfledermaus. Von Seiten der Pathologen wurde unter
Berücksichtigung der Platzwunde ein enormer Blutverlust
festgestellt. Ungewöhnlich sei allerdings, dass Vampirfledermäuse
für gewöhnlich nur geringe Mengen Blut von ca. zwanzig Milliliter
zu sich nehmen. Die fehlende Blutmenge des Toten wurde jedoch auf gut
einen Liter geschätzt. Liana warf die Zeitung auf den Tisch. Über
eine solche Story konnte sie nur den Kopf schütteln. Journalisten
verdrehten nur zu gern die Tatsachen, um die Verkaufszahlen der
Tageszeitung in die Höhe zu treiben. Vermutlich war an der
Geschichte nicht mal die Hälfte wahr. Liana trank ihren Tee aus.
Weitere überzogene Nachrichten wollte sie sich heute nicht antun.
    Plötzlich klingelte
es an der Tür. Über die Gegensprechanlage hörte sie Bettinas
Stimme und betätigte den Türöffner. Ihre Arbeitskollegin hastete
die Treppe hinauf. Bei dem ungewohnten Anblick glitten Liana die
Worte schneller über die Lippen, als ihr lieb war.
    »Du bist ja ganz
bleich. Was ist denn passiert? Hattest du einen Unfall?« Sie schob
Bettina in ihre Wohnung.
    »Nein, ich ...
weißt du ...« Bettina wirkte verwirrt.
    »Komm. Ich mache
dir erst mal einen Tee.«
    »Danke.« Bettina
sank auf die Couch und wiegte ihren Oberkörper vor und zurück.
Liana beeilte sich. Sie stellte die Tasse vor Bettina auf den Tisch.
    »Jetzt erzähl mal,
was ist denn los?« Liana sah auf Bettinas zappelnde Finger, die auf
ihrem Schenkel auf und ab tippelten.
    »Hast du heute
schon Zeitung gelesen?«, fragte Bettina endlich.
    »Ja. Welchen
Artikel meinst du?«
    »Weißt du
eigentlich, wie gefährlich diese Fledermäuse sind? Sie übertragen
schlimme Infektionskrankheiten. Stell dir mal vor, eines Tages werde
ich von diesen schrecklichen Biestern gebissen.« Bettinas Stimme
zitterte.
    »Beruhige dich.«
Ausgerechnet diesen Bericht musste sie ansprechen. Liana strich ihr
tröstend über den Rücken. »Bevor das passiert, wird man die
kleinen Fledermäuse schon einfangen.«
    Bettina schluckte
hart und schaute Liana mit weit aufgerissenen Augen ins Gesicht. »Und
wenn nicht? Wenn sie die Viecher nie zu fassen bekommen?«
    »Normalerweise
leben diese Tiere in den Tropen. Die werden hier nicht lange
überleben. Vielleicht sind sie nur irgendwo ausgebüxt. Du wirst
doch wegen dieser Meldung jetzt in keine Psychose verfallen?« Sonst
ließ sich Bettina von derartigem Klatsch nicht berühren.
    »Nein.« Bettina
versuchte, zu lachen. Es wirkte sehr gestellt. »Das wäre zu blöd.«
Verlegen griff sie nach dem Teebecher. »Hast du gelesen, es waren
vermutlich sogar zwei Viecher?«
    Mit einem tiefen
Seufzer blies Liana ein ›Ja‹ aus. »Allerdings weißt du doch
selbst am besten, wie gern die Presse mit solchen Bluttaten ihre
Auflagen erhöht. Eine tropische Vampirfledermaus in Berlin ist
natürlich ein gefundenes Fressen.«
    Bettina atmete
schnell. »Der arme Mann ist vielleicht vor Schreck gestorben. Wer
weiß, wie die hässlichen Dinger ihn attackiert haben.«
    »Herrje, Bettina.
An der Story wird

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