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Fluegel der Dunkelheit

Fluegel der Dunkelheit

Titel: Fluegel der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Planert
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nicht viel sein. Das ist vermutlich ähnlich, wie
damals dieser angebliche Werwolf. Letzten Endes war es ein
neunjähriger Junge, der an Hypertrichose litt und am ganzen Körper
behaart war. Lass dich durch diese überspitzten Meldungen nicht
einschüchtern. Am Ende der Untersuchungen bleibt nichts
Ungewöhnliches übrig, du wirst sehen.«
    Bettina wirkte kein
bisschen entspannter. Ihre Finger zappelten noch immer um den Becher
Tee. »Glaubst du, dass es Straftaten gibt, die niemals ans Licht
kommen?«
    »Nein. Das perfekte
Verbrechen gibt es nicht.«
    »I ... ich kannte
den Mann. Er war Hausmeister, weißt du?«
    Liana überraschte
die Aussage. Das lieferte natürlich auch eine Erklärung für ihr
Verhalten. »Das tut mir leid. Ich wusste nicht, dass ihr euch nahe
standet.«
    »Nein, nein. Wir
standen uns nicht nahe, ich kannte ihn eben nur.« Sie holte Luft,
wurde langsam gesprächiger. »Er hatte niemanden. Keine Frau, keine
Kinder, keine Freunde, verstehst du? Niemand wird ihn vermissen. Das
ist doch ein furchtbarer Gedanke, findest du nicht?«
    »Wenn du jetzt
nicht allein sein möchtest, kannst du gern hier bleiben oder hast du
heute noch Dienst?«
    »Ja.« Bettina warf
einen Blick auf ihre Armbanduhr. »Ach du meine Güte. Ich muss ja
los.« Im selben Moment sprang sie auf und hastete zur Wohnungstür.
Liana fühlte sich wie vor den Kopf gestoßen. Eben wirkte Bettina
tief betroffen und im nächsten Augenblick schien alles vergessen zu
sein.

    Liana spürte, wie
sie erwachte, langsam. Woher kam dieses Geräusch? War es in ihrem
Traum? Einige Momente verstrichen, bis sie den Ton dem Klingeln ihres
Telefons zuordnete. Blinzelnd warf sie einen Blick auf die Uhr.
    »5:00 Uhr?«
Vermutlich ein außergewöhnlicher Notfall in der Klinik. Gähnend
rieb sie sich den Schlaf aus den Augen und schlurfte noch leicht
benommen zum Telefon, um den grünen Knopf zu drücken. Bevor sie
etwas sagte, hörte sie schon Bettinas aufgeregte Stimme.
    »Liana, du musst
mir helfen. Ich habe keine Zeit für lange Erklärungen. Fahre in den
Salbeiweg Nummer 7, dort holst du Veit von der Tagesmutter ab. Ich
habe sie bereits angerufen, sie weiß Bescheid.«
    »Was? Jetzt?«
Bettina erlaubte sich wohl, einen Scherz mit ihr zu treiben. Um diese
Uhrzeit konnte man kein Kleinkind aus dem Schlaf reißen.
    »Sofort. Bitte,
Liana! Veit ist in Gefahr! Ich will ihn nicht mehr hergeben. Du
weißt, wie viel er mir bedeutet.«
    »Ach, der nette
Erzeuger macht mal wieder Schwierigkeiten?« Mit dem Vater gab es von
Anfang an Probleme.
    »Ich kann hier
nicht weg. Das würde ihm auffallen. Bitte hol Veit zu dir. Ich komme
gleich nach dem Dienst …«
    Plötzlich hörte
Liana nur noch ein Besetztzeichen. Bettina musste aufgelegt haben.
»Großartig und das ausgerechnet heute.« Andererseits brachte sie
es nicht übers Herz, Bettinas Wunsch abzuschlagen, auch wenn sie an
ihrem freien Tag keine Lust verspürte, sich um das Balg ihrer
Arbeitskollegin zu kümmern. Schleunigst zog sie sich an. Zwanzig
Minuten später fuhr sie im Salbeiweg Nummer 7 vor. Ein nettes gelb
verputztes Einfamilienhaus mit gepflegtem Vorgarten. Im Flur brannte
bereits Licht und fiel durch zwei dreieckige Fenster in der
Eingangstür auf das flache Eingangspodest. Liana kam nicht dazu,
anzuklopfen. Die Tür wurde vorher von der Tagesmutter aufgerissen.
    »Hallo! Sie müssen
Liana sein. Bettina war ganz aufgeregt am Telefon, was ist denn nur
passiert?«
    »Sie sagte nur,
dass ich Veit abholen soll. Mehr weiß ich auch nicht.«
    Liana fühlte sich
plötzlich fehl am Platz. Diese nächtliche Aktion wäre gewiss nicht
nötig gewesen und Bettina schätze die Situation nicht richtig ein.
Kein Wunder so durcheinander, wie sie gestern war.
    Die Tagesmutter
nickte und reichte Liana eine handliche Reisetasche. »Hier sind
seine Sachen. Ich habe ihn noch so lange schlafen lassen, jetzt werde
ich ihn mal holen.« Sie verschwand für einen Augenblick und kehrte
mit Veit auf dem Arm zurück. Seine dunkelbraunen Löckchen standen
verwuschelt nach oben. Schläfrig drückte er ein kleines
undefinierbares Plüschtier an sich. Liana nahm Veit zu sich auf den
Arm, ohne dass es den Jungen zu interessieren schien. Der hellblaue
Schlafanzug fühlte sich noch ganz warm an. Die Tagesmutter wickelte,
so gut, wie es auf Lianas Arm ging, eine Decke um Veit. Erst am Auto
fiel Liana auf, dass sie gar keinen Kindersitz besaß. Hoffentlich
passierte unterwegs nichts, sie musste sehr achtsam nach Hause
fahren. Vorsichtig

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