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Fluegelschlag

Titel: Fluegelschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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Engel. Während er bestenfalls den Schmerz dieser Kreaturen lindern konnte - für Wunder waren andere zuständig -, verstand sie sich auf eine bemerkenswerte Heilkunst. Es war noch nicht lange her, da hatte man kranke Tiere geschlachtet oder erschlagen - heute gab es Menschen wie Juna. Vielleicht war diese Welt doch nicht verloren.
    Er zögerte nur kurz, bevor er die Klinke zu Junas Zimmer niederdrückte. Der Raum weckte Erinnerungen an unglaubliche Stunden, die er hier mit ihr verbracht hatte. Sie war nicht nur in ihrer Arbeit hingebungsvoll und (hier stöhnte er leise) überirdisch . Ihr einzigartiger Duft umhüllte ihn und damit auch die darin verbliebenen Spuren ihrer gemeinsamen Leidenschaft. Arian nahm einen Schal, den er auf dem Bett entdeckte, und vergrub das Gesicht darin. Er atmete das erregende Aroma ihrer Haut, das ihn an nächtliche Landschaften erinnerte, an brennende Lust und den Rauch würziger Flammen. Überwältigt von seinen Fantasien ließ er sich aufs Bett fallen, starrte an die Decke und glaubte, ihren biegsamen Körper an seiner Seite zu spüren, ihre Schenkel, die sich ihm bereitwillig öffneten und preisgaben, was ihn paradiesischer dünkte als das Elysium selbst. Ohne nachzudenken, ließ er die Hände über seinen Körper gleiten und stellte sich vor, wie sie sich über ihn beugte und zärtlich küsste; wie sich ihre Fingerspitzen einen
Weg unter den Hosenbund suchten und dabei wie zufällig seine Erektion berührten. Juna!
    Die Luft um in herum schien zu vibrieren … und plötzlich wurde ihm bewusst, dass es nicht die Luft, sondern irgendetwas neben ihm war, das diesen merkwürdigen Laut von sich gab, der seit einiger Zeit an seiner Konzentration zerrte. Ihr Handy!
    Benommen richtete er sich auf und starrte ohne zu begreifen auf das erleuchtete Display, das kurz darauf den Eingang einer Nachricht verkündete. Er drückte eine Taste, und die Verbindung zum Anrufbeantworter wurde aufgebaut. Die neue Nachricht war vollkommen belanglos. Eine Frauenstimme verlangte, zurückgerufen zu werden, weil ihre Katze das Futter viel zu schnell herunterschlinge. Doch die nächste Stimme elektrisierte ihn, und je mehr er hörte, desto wütender wurde er. Ihr nutzloser Bruder hatte Juna fortgelockt, und Arian verspürte den dringenden Wunsch, ihm auf der Stelle den Hals umzudrehen.
    Er flog geradezu aus dem Haus, schwang sich in die Lüfte, ohne sich Gedanken zu machen, ob ihn jemand dabei beobachten könnte, und erinnerte sich erst daran, sich vollständig unsichtbar zu machen, als er die Lichter der Stadt bereits hinter sich gelassen hatte und in Richtung Südwesten flog. Zuerst landete er auf dem verbliebenen Turm der Ruine.
    Das Meer war nicht mehr weit, die nächtliche Luft satt vom salzigen Aroma, das sich mit dem Duft der Wiesen rund um Baltersan Castle paarte. In der Ferne erkannte er eine Ortschaft. Die Straße dorthin war befahren, und Scheinwerfer schnitten helle Kegel in die Nacht.
    Unter ihm rührte sich nichts, aber als er sich stärker konzentrierte,
hörte er zwei Herzschläge. Der eine gleichmäßig, aber außergewöhnlich schnell, der andere ruhiger, jedoch mit regelmäßigen Aussetzern, was klang, als stolpere dieses Herz auf einem irren Trab durch sein Leben.
    In Arian keimte Hoffnung auf. Befanden sich etwa Juna und Finn dort unten? Dies würde bedeuten, dass John nicht bei ihnen war. Entweder hatte er sie in eine Falle gelockt, ohne selbst aufzutauchen, oder er war bereits wieder fort. Der Gedanke daran, welchen Grund er für dieses merkwürdige Verhalten haben könnte, ließ Arian die Fäuste ballen. Er lauschte erneut. Mehr war nicht zu hören, und Junas Nähe hätte er eigentlich spüren müssen. Der metallische Geruch von Blut, den er wahrzunehmen glaubte, beunruhigte ihn. Dennoch blieb er äußerlich vollkommen gelassen. Es waren zwar keine guten Anzeichen, doch das konnte auch heißen, dass hier hohe Magie im Spiel war, die ihm ein Trugbild vorgaukelte. Sein einziger Trost: Selbst der begabteste Dämon dürfte Schwierigkeiten gehabt haben, seine Ankunft zu bemerken. Leider war nie vollständig auszuschließen, dass er selbst etwas übersah. Emotionen, das ahnte er inzwischen, konnten auf der Jagd außerordentlich störend sein.
    Schließlich besann sich Arian auf seine Talente und wurde im Nu wieder zu dem präzisen Krieger, der selbst den Himmel nicht fürchtete, sobald er eine Mission zu erfüllen hatte.
    Lautlos sprang er auf einen tiefer gelegenen Mauervorsprung und lauschte.

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