Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Fluegelschlag

Titel: Fluegelschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
Vom Netzwerk:
auch jetzt noch nicht. Die Wohnung hatte harmlos genug gewirkt, aber wenn er John das nächste Mal traf, würde dieser erklären müssen, was er am Abend bei den Lagerhäusern zu tun gehabt hatte.
    Arian blickte über die Dächer, weiter, als ein Sterblicher hätte schauen können, nach Westen, wo die Sonne Irland küsste, bevor sie sich für diesen Tag verabschiedete. Über der Stadt lag eine merkwürdige Ruhe. Es schien ihm, als atme sie besonders flach, um keine unliebsame Aufmerksamkeit zu erregen.
    Er dachte daran, wie er nach seinem Sturz hierhergekommen war, um Trost zu suchen und Antworten zu finden. Der Auftrag! Er drehte die Schatulle, die er endlich wieder aus ihrem Versteck geholt hatte, in Händen, als könne ihr Äußeres bereits eine Antwort geben. Schließlich öffnete er sie und nahm die Geldbörse heraus, um sie noch einmal zu
untersuchen. Etwas Bargeld, Kreditkarten, ein Schlüssel, der wahrscheinlich zu dem Apartment gehörte, dessen Adresse auf einem Zettel stand; nicht das Penthouse. Weitere Hinweise entdeckte er nicht.
    Gedankenverloren drehte er die Münze, die aus der Geldbörse gerutscht sein musste, zwischen den Fingern, warf sie in die Luft und fing sie geschickt wieder auf. Und plötzlich sah er es. Wie hatte er übersehen können, dass es sich nicht um heute übliche Währungen handelte, sondern um ein offensichtlich antikes Stück? Doch das Rätsel wurde noch größer, als er entdeckte, wer auf der Münze abgebildet war. Kein König oder Kaiser zierte die goldene Scheibe mit den unregelmäßigen Kanten, sondern das zarte Profil einer Frau. Und auf der Rückseite: Das Siegel der Wächter.
    »Nephthys!«
    Der Wind trug den Namen davon, kaum dass er über seine Lippen gekommen war. Seit jeher gab sie jedem ihrer Wächter eine solche Vigilie-Münze mit auf die Reise, bevor sie ihn zu einer neuen Aufgabe zur Erde sandte. Und auf wundersame Weise sorgte dies dafür, dass es Nephthys Kriegern niemals an irdischen Gütern mangelte.
    Unwillkürlich berührte er mit den Fingerspitzen seine Schulter, in der noch immer das Feuer des Michaelisschwerts brannte, auch wenn äußerlich nur das Muster einer Tätowierung geblieben war. Der Schmerz, der ihn seither begleitete, ließ keinen Raum für Zweifel. Er war ein Gezeichneter, und wie allen Verstoßenen vor ihm blieb auch Arian der Weg zurück nach Elysium verwehrt. Warum also dieser himmlische Auftrag?
    Doch bevor er dieses Rätsel löste, war ihm Juna ein paar Antworten schuldig. Sie versuchte, etwas geheim zu halten,
und es wurde Zeit, dass er herausfand, was es war. Er öffnete die Schwingen und vertraute sich seinem Element an.
     
    Das Haus war leer. Er musste es nicht betreten, um zu wissen, dass irgendetwas nicht stimmte. Lautlos schwebte er zum Hintereingang - er war nicht verschlossen. Unbemerkt glitt Arian hindurch. Der Leichtsinn der Bewohnerinnen ärgerte ihn. Nicht nur Dämonen konnten zwei allein lebenden Frauen gefährlich werden.
    Junas Zimmer war dunkel, doch aus der Küche fiel ein Lichtstrahl durch die angelehnte Tür. Er schob sie auf und blickte hinein. Der Raum war warm, und ein gedeckter Tisch wirkte so einladend, als ob die Gäste gleich um die Ecke kommen würden. Kurz huschte ein Lächeln über sein Gesicht. Hatten sie mit seiner Rückkehr gerechnet und ein Gedeck für ihn aufgelegt? Doch irgendetwas war geschehen.
    Arian begann mit seiner Suche in der Praxis, wo der Anrufbeantworter stand. Junas klare Stimme verkündete Öffnungszeiten und die Bitte, im Notfall eine 24-Stunden-Tierklinik anzurufen. Er erinnerte sich, wie sie diesen Text neu aufgesprochen hatte, und glaubte noch ihr Lachen zu hören, weil sie sich derartig verhaspelt hatte, dass sie die Aufnahme mehrfach abbrechen musste. Ein Anruf war zwar verzeichnet, aber außer einem aufgeregten Bellen im Hintergrund und dem Freizeichen, nachdem aufgelegt worden war, ergab diese Spur nichts Neues.
    In den Praxisräumen war nichts weiter zu entdecken, also ging Arian in den Flur. Die Hundeleine, die sonst immer an einem Haken neben der Tür hing, fehlte, und er schöpfte Hoffnung.

    Wenn es um Juna ging, schienen seine Gefühle stets zu Extremen zu neigen. Er machte sich Sorgen um ihre Sicherheit und hätte sie am liebsten an einem geheimen Ort versteckt. Gleichzeitig liebte er sie für die unbekümmerte Art, mit der sie das Leben und ihr Schicksal annahm und ganz besonders für das hingebungsvolle Engagement Tieren gegenüber. Für ihre Schützlinge war sie der wahre

Weitere Kostenlose Bücher