Fluegelschlag
Sironas Begeisterung echt. »Nächste Woche findet ein Regionaltreffen statt. Ich habe dir doch davon erzählt, erinnerst du dich?«
Juna behauptete, davon gewusst zu haben, wenn ihr auch der genaue Termin entfallen sei. Tatsächlich hätte sie schwören können, dass Sirona nichts dergleichen erwähnt hatte.
»Wir treffen uns in Glasgow alle vierzehn Tage. Nächste Woche kommen aber auch Leute aus den Highlands, und jemand aus dem inneren Kreis wird zu uns sprechen. Ich bin so aufgeregt!«
»Wie schön! Ich wäre gern dabei«, bemühte sich Juna um einen möglichst harmlosen Plauderton. »Wie hast du eigentlich von der Gruppe erfahren?«
Sirona fuhr sich durchs Haar. »Ich weiß nicht …« Sie wirkte verunsichert, und Juna lächelte ihr aufmunternd zu.
»Kommt dein Freund auch?«
»Nein, er …« Sirona unterbrach sich. »Er wäre wahnsinnig gern dabei, aber diese Treffen sind nur für uns Angehörige.« Sie nannte Treffpunkt und Uhrzeit und verabschiedete ihre Gäste, ohne die Haushälterin zu beachten, die mit einem überladenen Teetablett in der Tür stand.
Als sie sicher im Auto saßen, sagte Juna: »Da stimmt irgendetwas nicht.«
Arian pflichtete ihr bei. »Sie hat ein ziemliches Chaos im Kopf. Es ist nicht gut, wenn zu häufig in die Erinnerungen eingegriffen wird.« Er hielt vor einer roten Ampel und sah Juna an. »Kannst du mir ihren Engel beschreiben?«
Juna war froh, die Ironie in seiner Stimme zu hören. Wie
schrecklich wäre es gewesen, wenn Arian Gefallen an diesem Gesäusel gefunden hätte.
Er griff nach ihrer Hand. »Keine Sorge, ich liebe Herausforderungen. Du gefällst mir so, wie du bist.« Er räusperte sich.
»Ja?«, hakte Juna nach.
»Diese neue Haarfarbe … geht sie bald wieder raus?«, fragte er hoffnungsvoll.
»Ich glaube schon. Und du gehst jetzt bitte aus meinem Kopf.« Juna schlug ihm spielerisch auf seine Hand, die sich ihren Schenkel hinaufgeschlichen hatte. »Grün! Fahr doch.«
»Du stiehlst mir die Konzentration.«
Zehn Minuten später waren sie zu Hause angekommen.
Er öffnete ihre Tür. »Willst du zu diesem Treffen gehen?«
»Eigentlich nicht, aber wenn du nicht zufällig ein Adressbuch gefunden hast, dann wird uns nichts anderes übrigbleiben, sofern wir nicht Tag und Nacht vor ihrer Tür auf der Lauer liegen wollen.«
»Ich kann mir nettere Beschäftigungen vorstellen.« Er warf ihr einen vielsagenden Blick zu, riss sich aber schnell zusammen, als Juna ihn frech ansah. »Ähm … ich werde ihr bis dahin etwas auf den Zahn fühlen. Und vielleicht treffe ich dabei auch ihren ominösen Freund. «
»Glaubst du, er hat etwas damit zu tun?«
Arian folgte ihr in den Aufzug. »Zumindest kann man es nicht ausschließen.«
Während der Fahrt in ihre Wohnung nutzte er die Gelegenheit, sie zu küssen. Als er seine Hand in ihre Bluse gleiten ließ, schob sie ihn zurück. »Hier wird seit dem Attentat alles mit Kameras überwacht.«
»Und das stört dich?« Er flüsterte in ihr Ohr, wie sehr ihn
diese Vorstellung erregte, verschränkte dann aber die Hände hinter dem Rücken und wartete darauf, dass der Aufzug das Penthouse erreichte.
Während sie die Wohnungstür leise hinter sich schloss, sah sie den Hunger in seinen Augen. Er stand mitten im Raum an den massiven Esstisch gelehnt, die Fußknöchel gekreuzt, Arme verschränkt. Ein Bild ruhiger Erwartung, das durch seine halb geöffneten Schwingen noch lässiger gewirkt hätte, wäre da nicht das leichte Zittern in den Flügelspitzen gewesen. Es war nur eine Nanosekunde zu sehen, reichte aber aus, um ihr ein zufriedenes Gurren zu entlocken. Meins! , flüsterte das andere Ich tief in ihr, das eine Vorliebe für sexuelle Abenteuer hatte und nun darauf drängte, Arian zu provozieren.
Sie sah zur Seite, biss sich auf die Lippen und befeuchtete sie rasch.
Als sie ihn wieder ansah und dabei den Blick auf einen zerküssten Mund freigab, sog er scharf die Luft ein. Zufrieden über ihren kleinen Trick ging sie mit geschmeidigen Bewegungen auf Arian zu und sah ihn dabei unter langen Wimpern herausfordernd an.
Ihm war anzumerken, dass er ihre Einladung verstanden hatte, langsam erhob er sich.
Bleib, wo du bist!
Der Befehl, hart wie ein Peitschenknall, ließ ihn erstarren. Doch es dauerte nicht lange, und Arian lächelte erwartungsvoll. Folgsam setzte er sich zurück auf die Tischkante und sah sie nun seinerseits aus halb geschlossenen Lidern an. Langsam, ohne den Blick von ihr zu wenden, knöpfte er sein Hemd auf.
Juna
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