Fluegelschlag
laut auf, als er den plötzlichen Widerstand spürte. »Jetzt!«, verlangte sie.
Arian rief wieder und wieder ihren Namen, als sie gemeinsam von einer geradezu unendlichen Welle höchster Ekstase fortgerissen wurden.
»Es ist dunkel hier.« Juna schob seinen Flügel zur Seite, der sie vollständig eingehüllt hatte, wobei sie nicht widerstehen konnte, in Höhe der Schulterfedern über die Oberseite zu streichen.
Arian hob das Gesicht aus dem Kissen und sah sie mit einem komisch verzweifelten Gesichtsausdruck an. »Willst du mich umbringen?«
Juna schmunzelte und strich erneut über die glatten Federn. Wer hätte gedacht, dass er hier eine derart feinnervige erogene Zone besaß. Ob alle Engel …?
»Das wirst du nie herausfinden!«, unterbrach Arian ihre Überlegungen und faltete die Flügel zusammen, bis sie für niemanden mehr sichtbar waren, nicht einmal mehr für Juna.
»Welche Tricks hat er dir noch mit auf den Weg gegeben?«, fragte sie ein wenig erschrocken.
»Diesen hier.« Arian öffnete ganz kurz seinen linken Flügel. Er war strahlend weiß. »Und diesen.« Damit beugte er sich vor und küsste Juna.
»Das konntest du vorher aber besser. Nochmal!« In diesem Augenblick klingelte ihr Handy. »Lass es klingeln …!«
Aber Arian stand auf. »Du hast dem Tierarzt diese Nummer gegeben, schon vergessen?« Er warf ihr das Handy zu.
Juna fing es so lässig auf, wie sie es sich noch vor wenigen Wochen nicht hätte träumen lassen. Fangen oder gar werfen hatten vor ihrem intensiven Training mit Lucian nicht zu ihren Stärken gezählt. Schuldbewusst nahm sie den Anruf entgegen, denn sie hatte tatsächlich weder an den Tierarzt noch an John gedacht. »Hallo?«
»Woher hast du meine …? Ich verstehe.« Juna machte Arian Zeichen, dass der Anruf wichtig war, während sie weiter zuhörte. »Daniel! Bleib ganz ruhig, wir kommen.« Sie beendete das Gespräch und sprang aus dem Bett.
»Sirona hatte einen Unfall. Sie ist nicht ansprechbar und wird möglicherweise auf die Intensivstation verlegt. Daniel war ganz außer sich.«
So schnell war sie schon lange nicht mehr geduscht und angezogen. Während sie in ihre Stiefel stieg, griff sie bereits nach der Hundeleine. Es war kurz nach Mitternacht und Finns Zeit für den letzten Gang ums Haus. Mit Arian, der bereits aufgebrochen war, hatte sie vereinbart, sich im Krankenhaus zu treffen.
Niemals war ihr der Aufzug langsamer vorgekommen als in dieser Nacht. Ungeduldig drückte sie die Fernbedienung der Zentralverriegelung ihres Autos und zerrte ihren überraschten Hund im Laufschritt hinter sich her. Finn hatte
etwas andere Vorstellungen und versuchte, an einer Säule der Tiefgarage das Bein zu heben. »Nun komm schon!«
Juna ahnte, woher das metallische Geräusch kam, als sie unter dem Garagentor hervorschoss. »Die Antenne ist ersetzbar«, versuchte sie sich zu beruhigen und fädelte sich in den Verkehr Richtung Norden ein, wo das Stobhill-Krankenhaus lag. Auf dem Parkplatz stellte sie das Auto unter einer Laterne ab und führte Finn etwas weiter in den Schatten des dichten Gebüschs, damit er dort sein Geschäft verrichten konnte. Sie schämte sich, ihn gleich wieder in den Wagen sperren zu müssen. »Ich bin bald wieder da«, sagte sie. Zum Glück war es wenigstens nicht kalt.
Unterdessen war ein weiterer Wagen auf den ansonsten fast leeren Parkplatz eingebogen. Wer auch immer ihn fuhr, schien es nicht eilig zu haben, ins Krankenhaus zu gelangen. Vielleicht ein Arzt, der noch ein wenig Ruhe haben will, bevor er seinen Dienst antritt , dachte Juna.
Nicht weit entfernt hörte sie Krankenwagen heranrasen. Juna lief zum Besuchereingang. Die nächtliche Sparbeleuchtung gab der Halle eine schwer einzuschätzende Tiefe, doch aus einem Türspalt hinter dem Empfang fiel helles Licht, und Juna hörte leise Stimmen, die klangen, als kämen sie aus einem dieser kleinen tragbaren Radios. Kaffeeduft wehte ihr entgegen. Hier hatte sich jemand auf eine lange Nacht eingerichtet.
Sie entdeckte eine Klingel, daneben ein Schild, das Hilfe versprach, sobald man den Knopf drückte. Juna läutete, und in dem Hinterzimmer ertönte ein Summen. Gleich darauf klirrte es, als sei etwas Metallenes zu Boden gefallen, vielleicht ein Kaffeelöffel. Es dauerte noch eine ganz Weile, bis endlich ein Mann aus dem Hinterzimmer kam.
»Die Notaufnahme ist auf der anderen Seite …«
»Ich bin nicht krank, ich möchte jemanden besuchen.« Juna versuchte, ihn zu unterbrechen, aber er vollendete
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