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Fluegelschlag

Titel: Fluegelschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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zuzusehen, wie die Erkenntnis die beiden Betroffenen erleuchtete.
    Arian warf Lucian einen fragenden Blick zu, doch der übte sich in Zurückhaltung und hob die Hände. Wer bin ich, das Orakel zu deuten?
    »Werd nicht frech!« Doch der Höllenfürst klang erstaunlich aufgeräumt, und wieder einmal stellte Juna fest, dass Dämonen unter starken Stimmungsschwankungen zu leiden schienen. Womöglich waren sie gar nicht immer böse, sondern manchmal einfach nur depressiv?
    »Der große Erzengel Michael«, seine Mundwinkel verzogen sich, während er diesen Namen aussprach, der auch bei Juna nicht gerade Glücksgefühle auslöste, »mag einst ein glühender Anhänger der Apokalypse gewesen sein. Doch inzwischen liebt er seine Spielchen viel zu sehr, um das Ende allen Seins ernsthaft herbeiführen zu wollen. Außerdem dürfte auch er mittlerweile begriffen haben, dass es niemals nur eine Wahrheit gibt. Ich bin sicher, er wird versuchen, Schicksal zu spielen und euch umbringen wollen. Und ich wette, beim nächsten Mal wird er nicht nur Micaal schicken, sondern eine seiner selbstgerechten Legionen. Und eines ist klar: Wenn er sie schon auf die Erde lässt und damit riskiert, das kosmische Gefüge in Unordnung zu bringen, wird er es sich nicht nehmen lassen, bei dieser Gelegenheit auch die gefallenen Engel auszulöschen.« Jetzt lachte der Dämon tatsächlich.

    Diese Fröhlichkeit trug keineswegs zur Entspannung seiner Zuhörer bei. Juna nagte an ihrer Unterlippe, Arian hob nicht zum ersten Mal die Hand, um eine Haarsträhne zurückzuschieben, die allerdings sicher unter seinem Piratentuch verborgen war. Und Lucian rieb immer wieder mit dem Daumen über seine Fingerspitzen, was ein unangenehmes Geräusch verursachte, das Juna allmählich auf die Nerven ging.
    Als wäre sie plötzlich nicht mehr interessant für den obersten Dämonenfürsten, legte er den Arm um Arians Schultern. »Lass uns ein Stück gehen.«
    Arian befreite sich aus seinem Griff. »Ich weiß selbst, dass die Gerechten hinter uns her sind. Wenn das alles war, dann gehen wir jetzt.«
    »Glaubst du, das könntet ihr? Einfach hier herausspazieren, als wäre nichts gewesen?«
    Juna hielt die Luft an, und Lucians Miene schien ihre Gedanken widerzuspiegeln. War Arian verrückt geworden?
    »Allerdings. Schließlich willst du etwas von uns.«
    Er lachte trocken auf. »Das ist mein Sohn. Komm!« Und ehe Arian wusste, wie ihm geschah, hielt der mächtigste Dämon aller Welten sein Gesicht in beiden Händen.
    Juna schnappte hörbar nach Luft und fand sich keinen Wimpernschlag später an Lucians Brust wieder, wo er sie in eisernem Griff hielt. Zudem hatte er vorsichtshalber eine Hand über ihren Mund gelegt. Still!
    Sie wagte kaum hinzusehen. Arian stand regungslos wie eine Statue, die Flügel weit ausgebreitet, mit wachem Blick, als wisse er, was nun kommen würde, und nähme dieses Schicksal an. Vielleicht konnte er sich aber auch einfach nicht bewegen.

    »Du bist mein Sohn, vergiss das niemals.« Mit diesen Worten zeichnete der Dämon mit dem Daumen die Konturen merkwürdiger Symbole auf Arians Stirn nach, und plötzlich verfärbten sich Arians Schwingen. Der Effekt war beeindruckend. Als habe man die Federn in schwarze Tinte getaucht, färbten sie sich vom Kiel bis zur Spitze, jede einzelne, bis nur ein zarter grauer Saum übrig blieb, der ihnen ein einzigartiges Aussehen verlieh.
    Juna fand sie wunderschön und wusste auf einmal ganz sicher, dass sich mit dieser Veränderung Arians Bestimmung beinahe erfüllt hatte. Sie zweifelte nicht daran, dass er mit ihr auf die Erde zurückkehren würde. Sein Äußeres mochte sich verändert haben, doch tief in ihrer Seele spürte sie, dass er immer noch der Engel war, den sie liebte.
    Der Vater legte eine Hand auf die Brust seines Sohnes, dorthin, wo ein unversehrtes Herz schlagen sollte. »Sie haben dir wirklich nicht viel gelassen. Gestatte mir, es dir zurückzugeben.«
    Als Arian zurückzuckte, verdunkelten sich seine Gesichtszüge. »Keine Sorge, es wird wie neu sein. Schwarz wird es von ganz allein werden, sobald das Leben beginnt, es zu zeichnen.«
    Arian starrte ihn an, als suche er die Wahrheit in den Augen des Tricksers, des Dämons, der als der Beste galt, wenn es um Betrug und Verrat ging. Niemals hatten sich Vater und Sohn ähnlicher gesehen als in dieser Sekunde. Schließlich senkte Arian wie zur Einwilligung den Kopf.
    Es schien Juna, als könnte sie den Energiestoß sehen, der sein Herz traf. Er taumelte und

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