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Fluegelschlag

Titel: Fluegelschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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versuchte einer, sich durch einen Sprung in die Fluten zu retten, doch jeder der Flüchtigen wurde mit langen Haken herausgeangelt und in einen anderen Nachen gesetzt. Es gab kein Entrinnen. Am diesseitigen Ufer erkannte Juna blutüberströmte Kämpfer, die unentwegt aufeinander einschlugen, ihr Publikum hockte regungslos inmitten von Goldbergen. Feuer fiel auf sie herab.
    In einem Tal kopulierten Wollüstige, bis sie von Böen gejagt, getrennt und neu gepaart wurden. Der Fluss, das erkannte sie erst jetzt, speiste sich aus einem blutroten See, dessen kochende Oberfläche immer wieder einzelne Gestalten frei gab, die jedoch sofort von grotesken Teufelsfiguren mit langen Gabeln untergetaucht wurden. Gleich daneben erhob sich ein Gebirge, aus dem pausenlos Lawinen über blau gefrorene Wesen herniedergingen. Höllenhunde hetzten
Fliehende über verdorrte Wiesen, Schlangen krochen auf der Suche nach fetter Beute herum. Und aus all diesem Elend wuchs ein Turm in die Höhe, ohne Treppen oder Fenster, aber mit merkwürdigen Balkonen versehen, auf denen sich ebenso schreckliche Szenen abspielten. Paare tanzten eng umschlungen in züngelnden Flammen, anderen wurden die Augen mit groben Stichen vernäht, sie taumelten hilflos umher. Nicht wenige stürzten in die Tiefe.
    »Ist es nicht wunderbar? Ich könnte stundenlang zusehen. Schau dir nur diesen kleinen Wicht an. Der mit der violetten Kappe. Er versucht schon seit sechshundert Jahren, dem charmanten Eisblock zu entkommen. Ein schwieriges Unterfangen. Ich weiß, wovon ich rede.«
    Er ließ Jalousien herunterschnappen. Danach erinnerte nur noch der rote Widerschein der Feuer an die Hölle dort draußen.
    »Die Schöpfung ist gnadenlos in ihrem Hunger nach Veränderung. Nicht der Stärkere überlebt, sondern die am besten angepasste Spezies.« Er legte die Hand auf ihre Schulter, und Juna wunderte sich darüber, wie leicht seine Berührung war. »Du bist ganz nach meinem Geschmack. Ich hätte nicht geglaubt, dass das Schicksal den Humor besitzt, so etwas wie dich zu entwerfen. Das dreifache Tabu in einem Körper, dessen Anblick auch die verwöhntesten Kenner schwach machen könnte.« Er wandte sich an Lucian. »Stimmst du mir nicht zu? Sie ist ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten, beherrscht das Feuer, als wäre es ihr seit Ewigkeiten untertan, und stammt darüber hinaus noch aus einer von mir persönlich überaus geschätzten Dynastie von Engelsehern.« Seine Augen wurden schmal. »Und sie gehört meinem Sohn. Ist das nicht wunderbar?«

    Es war Lucian hoch anzurechnen, dass er keine Miene verzog. Was der Lichtbringer damit meinte, wusste er nur zu gut. Sein Versuch, sich Juna gefügig zu machen, war nicht unbemerkt geblieben, und er war gewarnt, nicht noch einmal zu versuchen, auf diese Weise seine Macht zu mehren.
    »Du musst ihm verzeihen«, sagte der Dämon zu Juna. »Er ist der lebende Beweis dafür, dass es für unsereins keinen Weg zurück geben kann. Nicht einmal die vielbeschworene Liebe hat ihm den Weg zu den Sternen ebnen können.«
    Mit sanftem Druck schob er Juna durch den Raum, bis sie Arian erreichten. »Du solltest eines wissen: Dieses Universum ist wie ein lebendiges Wesen, es ist ständigen Wandlungen unterworfen, erfindet sich täglich neu, zerstört sich, um erneut aufzuerstehen, in einem immerwährenden Kreislauf aus Wachstum und Verfall. Wohin es sich entwickelt? Wer weiß das schon.«
    Er sah plötzlich starr zu Lucian hinüber, der sich beeilte, ihm zu soufflieren: Die Prophezeiung.
    »Ach ja, warum ich euch zu mir gebeten habe … Ihr müsst schon entschuldigen, aber es kommt selten vor, dass ich solch netten Besuch habe. Die meisten kommen aus rein geschäftlichen Gründen.«
    Wieder starrte er Lucian wortlos an und blinzelte kurz. »Wie auch immer, da gibt es eine Prophezeiung, von der eine ganze Menge Leute annehmen, dass sie euch etwas angeht. Ich persönlich halte das für Unfug, aber ich will euch nicht verschweigen, dass Vorhersagen aus dieser Quelle bisher immer auf die eine oder andere Weise eingetroffen sind.«
    Arian entfuhr ein Laut, den man nur als Seufzer interpretieren konnte.
    Der Lichtbringer verstummte.

    Juna rammte Arian ihren Ellbogen in die Seite und schenkte dem Erzdämon ein erwartungsvolles Lächeln.
    Zum Glück funktionierte es, und er sprach weiter. »Eine Verbindung aus Luft und Feuer, so heißt es, wird den Untergang einleiten.« Nach dieser Verkündung legte er eine Pause ein und genoss es offensichtlich, dabei

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