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Fluegelschlag

Titel: Fluegelschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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hatte. Wahrscheinlich wollten sie sichergehen, dass ich auch wirklich aus ihrem Leben verschwinde , dachte sie in einem Anfall von Bitterkeit.
    Dass Juna behauptete, Engel sehen zu können, war lediglich der Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hatte. Obwohl diese Analogie in diesem Fall wenig angebracht zu sein schien, denn ihr wirkliches Problem hing mit einem anderen Vertreter der Elemente zusammen: Wann immer ihre Gefühle zu überschwänglich wurden, begann irgendetwas in ihrer Nähe zu brennen. Und wie jeder unglückliche Teenager hatte sie häufig unter Gefühlsschwankungen gelitten. Irgendwann konnte ihr Vater seine Versicherung nicht mehr davon überzeugen, dass sie eben eine ungeheure Pechsträhne hatten. Doch dies war sicher nicht der Grund für die hysterischen Ausbrüche ihrer Stiefmutter gewesen, die verlangt hatte, der Feuerteufel müsse sofort ihr Haus verlassen.
    Sie war gern gegangen, dieses Mal sogar in der Gewissheit, dass niemand die Polizei oder später sogar Privatdetektive
auf ihre Spur setzte, um ein kleines Schulmädchen wieder nach Hause zu bringen. Juna war so häufig fortgelaufen, dass sie sich im Nachhinein wunderte, dass das Jugendamt nicht eingeschritten war. Doch ihre Ausbrüche gehörten der Vergangenheit an. Sie wusste nicht, wie ihr Großvater die Geduld aufgebracht hatte, sie zu lehren, beides voneinander abzukoppeln, aber er besaß eben nicht nur eine glückliche Hand mit Tieren, sondern augenscheinlich auch im Umgang mit Menschen. In langen Sitzungen hatte sie schließlich gelernt, sich auch stärkere Emotionen zu erlauben, ohne gleich das Zimmer in Flammen aufgehen zu lassen. Bis heute. Juna hatte ihr Höllenfeuer bereits seit ihrer ersten Begegnung mit Arian in sich wachsen gespürt, und es war leichtsinnig gewesen zu glauben, sie könne die Elemente bezwingen. Warum ausgerechnet ein Engel ihre schlechtesten Eigenschaften wieder zum Vorschein brachte, darüber konnte sie nur spekulieren. Doch im Grunde war es auch unwichtig. Nach diesem Zwischenfall musste er sie mindestens ebenso verachten wie sie sich selbst. Sie würden sich nie wieder sehen, und das war bestimmt auch besser so.
    Und du glaubst, du könntest wirklich wieder zur Tagesordnung übergehen? , fragte die kleine Stimme in ihrem Inneren ketzerisch. »Ich habe keine andere Wahl!«
    Sie hatte es laut ausgesprochen, und Arian warf ihr einen merkwürdigen Blick zu. Doch er stellte keine Fragen. Auch gut!
    In ihrer Straße angekommen, bestand er darauf, sie ins Haus zu begleiten. Kaum hatte sie die Tür aufgeschlossen, kam ihr bereits Finn entgegengesprungen. Sie hockte sich hin und vergrub ihr Gesicht im dichten Fell des Hundes,
der entgegen seiner Natur ganz still hielt und alles mit sich geschehen ließ.
    »Guten Morgen, wo warst …? Oh - hallo!«
    Iris war von ihrem Ausflug in die Highlands zurückgekehrt, und ganz offensichtlich hatte sie Arian entdeckt, der jetzt hinter Juna in der Tür stand. Sie verabschiedete sich mit einem Seufzer von ihrem tröstenden Fellknäuel und stand auf. Iris’ Gesichtsausdruck war in jeder Hinsicht bemerkenswert. Zuerst hatte ihr Mund leicht offen gestanden, als habe sie eine Erscheinung, aber dann begann sie zu lachen, wobei ihre Augen spitzbübisch blitzten. Ebenso plötzlich wurde sie wieder ernst, und Juna gelang es nur mit Mühe, dem Impuls zu widerstehen, sich umzudrehen.
    Zweifellos hatte Arian etwas mit diesem Gefühlsumschwung zu tun. Sie glaubte spüren zu können, wie die Gedanken zwischen den beiden hin- und herflogen. »Kennt ihr euch?« Sie straffte die Schultern. Ohne eine Antwort abzuwarten, versuchte sie, sich an Iris vorbeizudrängen. Wo sollen sich die beiden schon begegnet sein? Doch dann erinnerte sie sich, dass Arian erwähnt hatte, schon häufiger in Glasgow gewesen zu sein.
    Iris hielt sie am Arm fest. »Hiergeblieben! Nein, wir kennen uns nicht. Wärest du wohl so freundlich, uns vorzustellen?«, sagte sie betont ruhig.
    Als sich die Haustür schloss, überkam Juna Panik, und sie drehte sich um. Doch da stand er und füllte den geräumigen Flur mit seiner Präsenz aus. Für einen Augenblick glaubte sie Arians Flügel sehen zu können, und merkwürdigerweise fand sie diese Vorstellung tröstlich. Es war ohnehin allein ihre Schuld, dass es zwischen ihnen nicht funktionieren
konnte. Arian war ein Engel, ein Lichtwesen … sie hatte es mit eigenen Augen gesehen.
    Das unheilige Feuer in ihrem Inneren dagegen konnte nur aus einer sehr viel

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