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Flüsterherz

Flüsterherz

Titel: Flüsterherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debora Zachariasse
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aller Kraft in die rechte untere Türecke, wie ich es bei Tibby gesehen hatte.
    Es krachte, Holz splitterte und ein glühender Schmerz zuckte durch mein Bein.
    Das Dachfenster ging auf. Tibby brüllte: »Ruhe da draußen! Hier schlafen Leute!« Und meine Tasche flog in hohem Bogen in die Hecke.
    Im nächsten Moment wurde ich an den Schultern gepackt und grob durchgerüttelt. »Anna! Hör auf mit dem Scheiß!«
    Ich fuhr herum.
    »Sam!?«
    »Wer sonst, du blödes Huhn! Ich schrei mir die Lunge aus dem Leib. Hast du mich denn nicht gehört? Was ist bloß in dich gefahren?!«
    Ich sagte nichts, weil ich das Gefühl hatte, in mich zusammenzufallen, zu verwelken, wie eine Blume im Herbst, binnen Sekunden, wie im Zeitraffer.
    »Zeig mal dein Bein her.«
    Aus der Regenhose ragte ein dicker Holzsplitter, mehr sah ich im spärlichen Licht der Außenbeleuchtung nicht. Mir wurde schlecht und schwindelig und dann sah ich überhaupt nichts mehr.
    Als ich zu mir kam, standen zwei Männer in weißen Kitteln da. Sie machten Anstalten, mich auf eine Trage zu heben. Aber das wollte ich nicht. Ich versuchte, mich aufzurichten und zu sagen, dass ich sehr gut allein gehen könne, doch im selbenAugenblick begannen die beiden, sich im Kreis um mich zu drehen, und mir wurde wieder schwindelig.
    Als ich das nächste Mal aufwachte, lag ich hinten in einem Auto neben einem blinkenden Apparat mit Beuteln und Schläuchen, und an meinem Unterarm stach etwas.
    »Wo ist Sam?«, fragte ich.
    »Dein Freund? Der sitzt vorn. Wir sind gleich da.«
    »Sam ist mein Bruder. Ich will das Ding am Arm nicht haben.«
    »Das Ding bleibt dran«, sagte jemand. »Wenn’s dir nicht passt, hättest du dein Gehirn einschalten sollen, bevor du diesen Blödsinn mit der Tür gemacht hast.«
    Da war was dran. Langsam kam ich wieder ins Hier und Jetzt zurück.
    Der Krankenwagen raste durch die Nacht, als schwebte ich in akuter Lebensgefahr. Aber in der Klinik hatten sie plötzlich alle Zeit der Welt.
    Sam und ich mussten erst einmal warten. Kein mollig warmes Krankenhausbett für mich, sondern ein unbequemes Brett mit grünem Kunstlederbezug und einer Riesenküchenrolle am Fußende. Ein Pfleger hatte ein langes Stück davon über die Liege gezogen, damit ich auch ja nichts schmutzig machte.
    Sam saß auf einem Stuhl neben mir. Ich war ihm zutiefst dankbar, dass er kaum etwas sagte und mir vor allem keine Vorhaltungen machte. Mein Bein brannte wie Feuer, mir war immer noch ein wenig übel und ich döste mehrmals ein.
    Nach einer Weile wurde mein Bein geröntgt, durch die Regenhose hindurch.
    Wieder mussten wir warten, und dann kam eine Schwester, schnitt die Hose auf und sah sich die Verletzung an. Eine zweite entfernte vorsichtig den Splitter und meinte, es sei gar nicht so schlimm und ich solle mir keine Sorgen machen.
    Keine Sorgen machen? Die Regenhose war von
Helly Hansen
und hatte ein Vermögen gekostet, außerdem fehlte an einem meiner schönen neuen Stiefel der Absatz. Und das war nichts im Vergleich zu dem Donnerwetter, das ich von meinen Eltern zu erwarten hatte!
    Plötzlich standen Pa und Ma da und nahmen uns mit. Zum ersten Mal im Leben war ich froh über ihr Spießer-Blabla, das ersparte mir eine laute Szene im Krankenhaus. Und zum ersten Mal im Leben wünschte ich mir, diese Sprache ebenfalls zu beherrschen, denn in der normalen fehlten mir einfach die Worte.
    Ich hoffte inständig, dass ich aus Mitgefühl um eine Strafe herumkam, aber zugleich hatte ich eine dunkle Ahnung, dass damit nicht zu rechnen war.
    Leb wohl, Ägypten!

13
    Am Samstag wurde ich erst spät wach. Mein Wecker zeigte halb zwei. Es regnete wieder und der Himmel war grau verhangen. Mir ging es nicht viel besser. Mein Bein tat weh und juckte. Beim Gedanken daran, wie in der Nacht alles aus demRuder gelaufen war, wollte ich am liebsten weiterschlafen und alles vergessen.
    Aber das war nicht drin.
    In ein paar Stunden würden wir nach Ägypten fliegen und ich musste noch meine Sachen packen. Wenn ich überhaupt mitdurfte …
    Ich versuchte, meine Gedanken zu ordnen, aber mein Kopf konnte mich nicht trösten, und mein Bauch wollte nur noch heulen und sich tief unter der Decke verkriechen.
    Tibby hatte sich nicht gemeldet. Sie hatte meine Tasche einfach in den Garten geschmissen.
    Und jetzt war ihre Haustür im Eimer.
    Geschah ihr recht.
    Nein, das war nicht mein Gedanke. Das hatte jemand anderes gedacht. Nicht ich.
    Ich brauchte dringend etwas Freundinnentrost, aber dummerweise waren schon

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