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Flüsterherz

Flüsterherz

Titel: Flüsterherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debora Zachariasse
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überstanden hatte. Dann würde ich schlafen, sechs lange Wochen vor mich hin dösen. Ich müsste nicht in die Schule und hätte – das war noch das Beste – das Theater mit Tibby vom Hals. Nur nette Leute würden zu Besuch kommen, die besorgt ummich waren. Und selbstverständlich würde mir niemand eine Strafpredigt halten, denn ich müsste wie ein rohes Ei behandelt werden.
    Ich fuhr und fuhr und fühlte mich dabei immer verzweifelter und elender.

Jetzt weiß ich es: Dieser verunglückte Discoabend muss den Ausschlag gegeben haben, dass es endgültig schiefging. Ohne dass ich daran etwas hätte ändern können
.
    »Sechs Wochen kein Theater mit Tibby« – wenn man so was denkt, müssten eigentlich die Alarmglocken Sturm läuten. Um das zu erkennen, braucht es kein Flüsterbuch
.
    Ich streiche über den Umschlag und blättere ein wenig darin, auch wenn mir klar ist, dass es keine Antworten auf meine Fragen gibt. Trotzdem ist mir, als wollte das Buch etwas sagen. Vielleicht wissen die blütenweißen Seiten doch etwas, das ich noch nicht weiß. Ich lasse sie durch die Finger gleiten: unbeschrieben, weiß und harmlos
.
    Übersehe ich etwas?
    Nein
.
    Meldet sich eine leise Stimme, irgendwo im Hinterkopf?
    Nein
.
    Die leeren Blätter rascheln vor sich hin. Sie flüstern nicht mehr. Kein einziges Wort. Nichts
...
    Das Nichts schwillt an, wird zu einem schwarzen Loch, das alles in sich hineinsaugt
.
    Ich fühle mich leer, ausgebrannt, machtlos. Und ich bekomme Angst. Ich will das nicht, will mich nicht so fühlen
.
    Schnell klappe ich das Buch zu und schiebe es beiseite. Aber das schwarze Nichts bleibt. Es bläht sich auf, es greift nach mir, mit langen Tentakeln will es mich umschlingen und in sich hineinziehen, mich endgültig aufsaugen
.
    Fort mit dem Buch! Fort!
    Ich schiebe es ganz weit weg. Doch das Nichtsgefühl wird trotzdem stärker und die leeren Seiten sind mit einem Mal schwarz. Ich habe Angst
.

12
    Irgendwo hinter mir hörte ich ein Rufen.
    Ich erschrak und sah mich kurz um.
    Ein Radfahrer.
    Kein Grund zur Panik, sagte ich mir. Er hat nicht mich gemeint. Und es ist völlig normal, dass außer mir auch noch andere Leute unterwegs sind.
    Trotzdem fuhr ich schneller.
    Ich warf einen flüchtigen Blick über die Schulter und stellte fest, dass der andere mir folgte und bedrohlich näher kam.
    Mein Herz hämmerte wie wild und mein Mund wurde trocken, aber das kam bestimmt von der Anstrengung. Ich hatte keine Angst, nein. Der Typ wollte nichts von mir. Wir waren auf einer öffentlichen Straße, und jeder hatte das Recht, hier zu fahren.
    »He!« Eine Männerstimme.
    Ich trat in die Pedale, so fest ich konnte, wurde schneller und schneller. Aber es reichte nicht. Langsam verringerte sich der Abstand zwischen uns.
    »He! Halt an!«
    Er meinte tatsächlich mich! Mir wurde glühend heiß.
    »Warte!«
    Ich wollte um Hilfe rufen, brachte aber keinen Ton heraus. Rasch bog ich in eine Gasse ab, dann gleich in die nächste. Vielleicht konnte ich den Verfolger so abschütteln.
    Aber er blieb hinter mir und rief wieder.
    »He! Aaah! Warte!«
    Was brüllte er da? Glaubte der etwa, ich würde brav anhalten, damit er mich erst vergewaltigen und dann ermorden konnte? Eiskalte Schauer jagten mir über den Rücken.
    Wie eine Besessene raste ich weiter. Die Gasse entlang und mit Karacho zwei-, dreimal um die Ecke. Dann sah ich mich kurz um, weil ich nichts mehr hörte.
    Niemand hinter mir. Ein Glück! Ich hatte den Mann abgehängt!
    Sicherheitshalber guckte ich noch mal. Er war tatsächlich weg.
    Was jetzt? Ich war fix und fertig. Nach Hause war es ziemlich weit, aber Tibby wohnte ganz in der Nähe. Wie ein Tourde-France-Fahrer sauste ich los.
    Minuten später war ich da. Und gerettet!
    Im Haus war es warm, hier war ich in Sicherheit. Hier waren Whisky und Wodka und Bacardi und Schnaps. Hier waren meine Tasche, mein kuscheliger Schlafanzug und mein Schlafsack. Vor lauter Erleichterung liefen mir die Tränen über die Wangen.
    Ich schmiss mein Rad in die kahlen Geißblattranken an der Hauswand und wollte die Tür öffnen.
    Sie klemmte.
    Ich stemmte mich dagegen und versuchte es mit Fußtritten. Aber sie gab keinen Zentimeter nach.
    Ich klingelte Sturm.
    »Tibby!«, schrie ich. »Lass mich rein!«
    Keine Reaktion.
    Mit den Fäusten hämmerte ich an die Tür. Warum machte keiner auf? Ich rüttelte wild an der Klinke. »Tibby! Hilfe!«
    Hinter mir raschelte es. Der Typ war mir doch nicht etwa gefolgt?!
    Panisch trat ich noch mal mit

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