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Flüsterherz

Flüsterherz

Titel: Flüsterherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debora Zachariasse
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Verletzung beibringen und mich dann für unbestimmte Zeit blutend an die Straße legen … und diese dämliche Lüge auch noch mein ganzes weiteres Leben mit mir herumschleppen. Schlimmste Folge: ein dauerhaft schlechtes Gewissen, Wundbrand, Tetanus. Außerdem würden Pa und Ma mir garantiert auf die Schliche kommen und mich zu mindestens drei Monaten Hausarrest oder zur Zwangsehe mit bereits erwähntem steinalten zahnlückigen Scheich verdonnern. Ausgeschlossen.
    Lösung 4
    In den Gartenschuppen gehen und versuchen, ein wenig zu schlafen. Dann könnte ich morgen so tun, als käme ich frisch und munter von Tibby zurück. Schlimmste Folge: garantiert Lungenentzündung, eventuell sogar Tod durch Erfrieren. Und mir war jetzt schon schweinelausebibberkalt. Völlig ausgeschlossen.
    Lösung 5
    Bei Tibby angekrochen kommen. Nein, das hatte ich schon abgehakt. Dumm war nur, dass meine Tasche noch bei ihr stand … aber nein, keine Chance, das ließ mein Stolz nicht zu. Noch mal würde ich mich nicht von ihr abservieren lassen.
    Die einzige Möglichkeit, die mir jetzt noch einfiel, war: zurück zum
Sisters
fahren, meinen Hausschlüssel suchen und danach superleise ins Haus schleichen. Das bedeutete: eine halbe Stunde Hinweg, eine halbe Stunde Rückweg, durch Regen und Kälte, dazu das Risiko, in meinem desolaten Zustand noch mal Easy über den Weg zu laufen. Womöglich würde er glauben, ich hätte draußen im Regen gestanden und auf ihn gewartet. Voll peinlich. Schlimmstenfalls fand ich ihn wild knutschend in Dannys Armen.
    Ein wenig verlockender Plan, aber etwas Besseres fiel mir nicht ein.
    Also ging ich wieder in den Gartenschuppen, um mein Rad zu holen. Ich fand meine Regenhose und auch noch ein altes Regencape, außerdem ein paar gammelige Gartenhandschuhe. Ein lächerlicher Aufzug, aber immer noch besser als Lungenentzündung, und außerdem würde mich unterwegs niemand sehen.
    Den ganzen Weg über haderte ich mit meinem Schicksal.
    Warum wohnte ich nicht irgendwo in der Stadt in einem eigenen Appartement? Warum waren meine anderen Freundinnen alle schon im Urlaub? Warum wohnte Oma so weitweg? Warum waren Pa und Ma nicht geschieden, wie andere Leute auch, sodass ich zwei Zuhause hätte, zwei Schlüssel und somit zwei Chancen.
    Ich schaute auf mein Handy. Halb zwei.
    Wenn ich Glück hatte, war im
Sisters
noch Hochbetrieb. Ich würde schnell meinen Schlüssel holen, zurückfahren, ins Haus schleichen, heiß duschen, mich ins Bett kuscheln und schlafen, schlafen, schlafen. Mhmm …
    Es hörte auf zu regnen, aber der Wind ließ nicht nach. Ich trat fest in die Pedale, um warm zu werden, denn trotz meiner Jacke und der Regensachen bibberte ich vor Kälte.
    Als ich am
Sisters
ankam, war ich durchgefroren bis auf die Knochen.
    Komisch, dachte ich, wie ruhig es hier ist. Sämtliche Lichter waren aus.
    Ich drückte die Klinke hinunter, aber die Tür war verschlossen. Hatte ich mich in der Zeit geirrt? Ich warf einen Blick auf mein Handy.
    Tot.
    Nass geworden? Akku leer?
    Ich wusste es nicht, aber das Display war und blieb schwarz. Was nun?
    Ich klopfte laut an die Tür.
    Von drinnen waren leise Geräusche zu hören, eine Art Rascheln.
    Waren das Leute, die aufräumten oder Geräte zusammenstellten? Leute, die mir aufmachen könnten? Oder doch nur Mäuse?
    Ich hämmerte mit den Fäusten an die Tür.
    Nichts.
    Da stand ich also. Meine Augen brannten vor Müdigkeit und Frust. Ich atmete tief durch. Nicht heulen jetzt. Ganz ruhig bleiben. Nachdenken.
    Das war keine gute Idee, denn sofort jagte mir ein Schreckensszenario nach dem anderen durch den Kopf.
    Okay, dann eben nicht nachdenken, sondern etwas tun, intuitiv, auf gut Glück.
    Aufs Rad steigen. Losfahren. Ganz schnell fahren, um warm zu werden. Einfach irgendwohin. Nach Hause … zu Tibby … egal.
    Selbst wenn mir noch tausend Lösungen einfallen sollten, würde keine dabei sein, bei der nicht gewaltiger Ärger auf mich zukam.
    Zum Glück fuhr ich jetzt mit dem Wind. Wenigstens etwas. Trotzdem wurde mir immer kälter. Ich strampelte, was das Zeug hielt, aber es half kaum.
    Morgen früh würde irgendein Passant mich am Straßenrand finden, zu Tode erschöpft und völlig unterkühlt, mit doppelseitiger Lungenentzündung. Er würde sofort einen Krankenwagen rufen. Die Sanitäter würden mich in eine Aludecke wickeln und mich mit Blaulicht ins Krankenhaus bringen. Dort würde man mich in ein mollig warmes Bett stecken und mich Tag und Nacht betüdeln, bis ich das Schlimmste

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