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Flüstern in der Nacht

Flüstern in der Nacht

Titel: Flüstern in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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nachahmen. Oh, ein geschickter Stimmenimitator könnte den Tonfall und die Sprechweise hinbekommen, aber dieses schreckliche Schnarren würde er nicht schaffen. So kann man nur reden, wenn man einen abnormalen Kehlkopf besitzt oder Stimmbandschädigung. Frye muß mit Stimmbandschäden geboren sein, oder er hat als Kind eine schwere Halsverletzung erlitten. Vielleicht beides. Jedenfalls war er es, der heute nacht zu mir gesprochen hat, Bruno Frye und keine raffinierte Imitation. Darauf verwette ich jeden Cent, den ich habe.«
    Tony erkannte, daß sie immer noch sehr ärgerlich wirkte, und er schien nicht länger überzeugt, daß sie hysterisch oder auch nur verwirrt war. Ihre dunklen Augen blickten ganz klar, und ihre Sprechweise wirkte klar und präzise. Diese Frau hatte sich völlig unter Kontrolle.
    »Aber Frye ist tot«, wiederholte Tony schwächlich. »Er war hier.« »Wie könnte er das?«
    »Ich sagte ja, das ist es, was ich herausfinden möchte.« Tony trat gedanklich in einen fremden Raum ein, einen Raum seines Bewußtseins, der sich aus Unmöglichkeiten zusammensetzte. Er erinnerte sich undeutlich an etwas, was er in einer Sherlock-Holmes-Geschichte gelesen hatte. Sherlock Holmes hatte Watson gegenüber die Meinung geäußert, daß man bei der Aufklärung eines Falles alle Möglichkeiten aussondern mußte, bis einem nur noch eine übrigblieb, und diejenige, ganz gleich, wie unwahrscheinlich oder absurd sie auch sein mochte, mußte dann die betreffende sein.
    War das Unmögliche möglich? Konnte ein Toter wiederauferstehen?
    Er dachte an die unerklärliche Verbindung zwischen den Drohungen des Einbrechers und den Gegenständen, die man in Bruno Fryes Wagen fand. Er dachte an Sherlock Holmes und sagte schließlich: »Also gut.« »Also gut was?« fragte sie. »Also gut, vielleicht war es Frye.« »Er war es.«
    »Irgendwie ... auf irgendeine Weise ... Gott allein weiß, wie ... aber vielleicht hat er die Stiche tatsächlich überlebt. Mir scheint es völlig unmöglich, aber ich denke, ich muß es in Betracht ziehen.«
    »Wie ungeheuer großzügig von dir«, spottete sie. Ihr Gefieder sträubte sich noch immer. So leicht würde sie ihm nicht verzeihen.
    Sie löste sich von ihm und trat ins Schlafzimmer. Er folgte ihr.
    Er fühlte sich leicht benommen. Sherlock Holmes hatte nichts darüber verkündet, wie man mit dem beunruhigenden Gedanken leben sollte, daß nichts unmöglich schien. Sie holte einen Koffer aus der Garderobe, legte ihn auf das Bett und fing an, ihn mit Kleidern vollzustopfen. Tony ging zum Telefon, das auf ihrem Nachttisch stand, und nahm den Hörer ab. »Die Leitung ist tot. Er muß die Drähte draußen durchgeschnitten haben. Wir werden vom Telefon eines Nachbarn aus anrufen müssen, um Meldung zu machen.«
    »Ich mache keine Meldung.«
    »Keine Sorge«, betonte er. »Jetzt ist alles anders. Ich werde deine Darstellung unterstützen.« »Dafür ist es zu spät«, sagte sie scharf. »Was meinst du damit?«
    Sie antwortete nicht. Sie zog eine Bluse so ruckartig vom Bügel, daß dieser krachend zu Boden fiel. »Du hast doch etwa nicht immer noch die Absicht, dich in einem Hotel zu verstecken und Privatdetektive zu beauftragen?« sagte er.
    »O doch. Genau das habe ich vor«, sagte sie und faltete die Bluse zusammen.
    »Aber ich sagte doch, daß ich dir glaube.« »Und ich sagte, daß es jetzt zu spät ist, zu spät, als daß es noch etwas bedeuten könnte.« »Warum bist du so schwierig?«
    Hilary gab keine Antwort. Sie legte die zusammengefaltete Bluse in den Koffer und ging zum Schrank zurück, um das nächste Kleidungsstück herauszuholen. »Hör' zu«, meinte Tony, »ich habe nur ein paar vernünftige Zweifel geäußert, dieselben Zweifel, die jeder andere in einer derartigen Situation auch äußern würde. Tatsächlich sogar dieselben Zweifel, die du vorgebracht hättest, wenn ich es gewesen wäre, der behauptete, einen wiederauferstandenen Toten gesehen zu haben. Wären die Rollen vertauscht, so würde ich von dir eine skeptische Reaktion erwarten und nicht wütend auf dich sein. Warum bist du so verdammt reizbar?« Sie kam mit zwei weiteren Blusen vom Schrank zurück und fing an, eine davon zusammenzufalten. Sie schaute Tony nicht an. »Ich habe dir vertraut ... aus ganzem Herzen«, sagte sie.
    »Ich habe dein Vertrauen nicht verletzt.« »Du bist wie alle anderen.«
    »Und das, was vorher in meiner Wohnung war – war das nicht etwas Besonderes?« Sie gab ihm keine Antwort.
    »Willst du

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