Flüstern in der Nacht
wußte einfach nicht, was ich sagen sollte. Indem ich mich für Frye verbürgte, habe ich mich schon blamiert. Wahrscheinlich hegte ich die Hoffnung, das Ganze würde sich irgendwie legen.« »Und warum haben Sie sich für ihn verbürgt?« wollte Hilary wissen.
»Es ist einfach ... verstehen Sie ... Ich dachte wirklich, er wäre in jener Nacht zu Hause.« »Sie haben mit ihm gesprochen?« fragte Hilary. »Nein«, gab Laurenski zu. Er räusperte sich. »Sehen Sie, den Anruf an jenem Abend hat ein Beamter der Nachtschicht entgegengenommen. Tim Larsson, einer meiner besten Leute, seit sieben Jahren hier tätig. Wirklich ein tüchtiger Mann. Nun ... als die Polizei von Los Angeles wegen Bruno Frye anrief, dachte Tim, es wäre vielleicht klüger, mich anzurufen, um zu fragen, ob ich das vielleicht übernähme, nachdem es sich bei Frye um einen der prominentesten Bürger des Bezirks handelte. Ich war an jenem Abend zu Hause. Meine Tochter hatte Geburtstag, für mich und meine Familie ein recht wichtiger Anlaß; deshalb wollte ich mir mein Privatleben an diesem Abend von meiner Arbeit nicht zerstören lassen. Schließlich habe ich sehr wenig Zeit für meine Kinder ...« »Das verstehe ich«, meinte Tony. »Ich kann mir vorstellen, daß Sie hier gute Arbeit leisten. Und ich verstehe genug vom Polizeibetrieb, um zu wissen, daß acht Stunden am Tag hierfür nicht genügen.«
»Eher zwölf, und das an sechs oder sieben Tagen der Woche«, antwortete der Sheriff. »Nun, jedenfalls hat Tim mich in der Nacht angerufen, und ich habe ihm gesagt, er sollte das erledigen. Verstehen Sie, zunächst klang es nach einer ziemlich lächerlichen Anfrage. Ich meine, Frye war schließlich ein bekannter Geschäftsmann, sogar Millionär, weiß Gott. Warum sollte er das alles wegwerfen und versuchen, jemanden zu vergewaltigen? Also riet ich Tim, sich der Sache anzunehmen und mir Bescheid zu geben, sobald er Näheres erführe. Wie gesagt, er ist ein äußerst tüchtiger Beamter. Außerdem kannte er Frye besser als ich. Tim hat, ehe er sich für die Arbeit hier entschied, fünf Jahre in der Verwaltung des Shade-Tree-Weingutes gearbeitet, und in dieser Zeit Frye praktisch täglich zu Gesicht bekommen.«
»Dann hat also Officer Larsson Frye vergangenen Mittwoch nachts aufgesucht«, meinte Tony.
»Ja. Er rief mich während der Geburtstagsfeier meiner Tochter nochmals an und erklärte, Frye sei zu Hause, nicht in Los Angeles. Also habe ich Los Angeles das mitgeteilt und mich blamiert.«
Hilary runzelte die Stirn. »Das verstehe ich aber nicht. Wollen Sie damit behaupten, dieser Tim Larsson habe Sie angelogen?«
Laurenski wollte darauf nicht antworten. Er stand auf und fing an, im Zimmer auf und ab zu gehen, wobei er mit finsterer Miene zu Boden starrte. Schließlich entgegnete er: »Ich habe Vertrauen zu Tim Larsson. Ich vertraute ihm immer. Er ist ein guter Mann. Einer meiner besten. Ich kann mir das einfach nicht erklären.«
»Bestand Anlaß für ihn, Frye zu decken?« fragte Tony. »Sie meinen, ob Sie Kumpel waren? Nein. Nichts dergleichen. Nicht einmal Freunde. Er arbeitete nur für Frye. Und er hat den Mann nicht gemocht.«
»Hat er behauptet, er hätte Bruno Frye in jener Nacht gesehen?« fragte Hilary Laurenski.
»Damals nahm ich einfach an, er hätte ihn gesehen«, erwiderte der Sheriff. »Später sagte Tim mir dann, er sei der Meinung gewesen, Frye über Telefon identifizieren zu können und es bestünde wirklich kein Anlaß, die ganze Strecke mit einem Streifenwagen zu fahren und persönlich nachzusehen. Wie Sie ja sicherlich wissen, hatte Bruno Frye eine sehr ausgeprägte, sehr seltsame Stimme.«
»Also könnte sein, daß Larsson mit jemandem sprach, der Frye deckte, jemandem, der seine Stimme imitieren konnte«, erklärte Tony.
Laurenski sah ihn an. »Das behauptet Tim auch. Das ist seine Entschuldigung. Aber das Ganze paßt nicht. Wer hätte das denn tun sollen? Weshalb deckte er Vergewaltigung und Mord? Und wo befindet sich der Betreffende jetzt? Und außerdem handelte es sich bei Fryes Stimme nicht gerade um eine Tonlage, die man so leicht nachahmen konnte.« »Was glauben Sie also?« fragte Hilary.
Laurenski schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Ich brüte schon die ganze Woche darüber nach. Ich möchte Larsson glauben. Aber wie kann ich das? Irgend etwas ist hier im Gange – aber was? Und bis ich darauf eine Antwort habe, schickte ich Tim in unbezahlten Urlaub.« Tony schaute zuerst Hilary und
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