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Flüstern in der Nacht

Flüstern in der Nacht

Titel: Flüstern in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Bungalow in einer Straße alter Bungalows mit wunderschönen Fassaden. Ein paar der Häuser wirkten schäbig und renovierungsbedürftig, grau und armselig, aber die meisten waren gepflegt, frisch getüncht, hatten Fensterläden in Kontrastfarben, das eine oder andere besaß sogar eine hübsche kleine Veranda, gelegentlich ein Buntglasfenster oder eine Tür mit Mosaikglaseinsatz, mit Kutschenlampen und Ziegeldächern. Das hier war keine wohlhabende Gegend, aber durchaus eine mit Charakter.
    Das Haus der jungen Frau lag in Dunkelheit da, bevor sie eintraf. Sie ging hinein und knipste die Lichter der vorderen Zimmer an.
    Bruno parkte den Dodge auf der gegenüberliegenden Straßenseite im Schatten, schaltete die Scheinwerfer ab, den Motor aus und kurbelte das Fenster herunter. Die ganze Umgebung wirkte friedlich. Man konnte kaum einen Laut vernehmen. Die einzigen Geräusche kamen von den Bäumen, die auf den hartnäckigen Herbstwind reagierten, oder von gelegentlich vorüberrollenden Fahrzeugen, von einer Stereoanlage oder einem Radio in der Ferne, das gerade Swing-Musik präsentierte, eine Benny-Goodman-Melodie aus den vierziger Jahren, aber Bruno wollte der Titel einfach nicht einfallen; die Melodie schwebte in Fragmenten auf ihn zu, je nachdem, ob der Wind gerade Laune zeigte oder nicht. Bruno saß hinter dem Steuer seines Lieferwagens und wartete, lauschte, beobachtete.
    Um 18.40 Uhr gelangte Frye zu dem Schluß, daß die junge Frau weder Ehemann noch Freund besaß, der bei ihr wohnte. Hätte ein Mann das Haus mit ihr geteilt, so wäre er zweifellos längst von der Arbeit nach Hause gekommen. Frye beschloß, noch weitere fünf Minuten zu warten. Die Benny-Goodman-Musik verstummte. Die einzige Veränderung.
    Um 18.45 Uhr stieg er aus dem Dodge und ging quer über die Straße auf das Haus zu.
    Der Bungalow stand auf einem schmalen Grundstück, viel dichter an den benachbarten Häusern, als Bruno lieb war. Aber zumindest befanden sich an den Grundstücksgrenzen eine Menge Bäume und Sträucher, die die vordere Terrasse vor neugierigen Blicken der Nachbarn abschirmten. Trotzdem würde er sich beeilen und sich schnell Zutritt zu dem Bungalow verschaffen müssen, damit es keinen Ärger gäbe und sie keine Gelegenheit fände, zu schreien.
    Er ging zwei flache Stufen hinauf, betrat die Veranda. Die Dielen ächzten unter seinem Schritt etwas. Er klingelte. Sie kam an die Tür, lächelte unsicher. »Ja?« An der Tür lag eine Sperrkette vor, schwerer und massiver als gewöhnlich, bot aber nicht einen Bruchteil des Schutzes, den die Frau wahrscheinlich zu haben glaubte. Selbst ein viel kleinerer Mann hätte die Kette mit ein paar kräftigen Schlägen gegen die Tür aus ihrer Verankerung reißen können. Bruno mußte seine mächtigen Schultern nur ein einziges Mal einsetzen, kurz und hart, während sie ihn noch anlächelte und »Ja?« sagte. Die Tür explodierte förmlich nach innen, Splitter flogen durch die Luft, und ein Teil der abgerissenen Sperrkette fiel klirrend zu Boden.
    Er sprang ins Haus und schlug die Tür hinter sich zu. Die Frau lag jetzt auf dem Rücken; sie war hingefallen, die Tür hatte sie mitgerissen. Sie trug immer noch den weißen Arbeitskittel, ihr Rock hatte sich über ihre Schenkel hochgeschoben und zeigte ihre hübschen Beine. Er ließ sich neben ihr auf ein Knie nieder. Sie war benommen. Sie schlug die Augen auf und versuchte, zu ihm aufzublicken, aber sie brauchte einen Moment, um klar sehen zu können.
    Er preßte ihr die Messerspitze an den Hals. »Wenn du schreist«, drohte er, »schlitz' ich dich auf. Hast du verstanden?« Die Verwirrung in ihren warmen braunen Augen wich der Angst, und sie fing zu zittern an. Tränen traten ihr in die Augen, glitzerten, rollten aber noch nicht herunter. Er piekste ihre Haut ganz leicht an, und ein winziger Blutstropfen zeigte sich. Sie zuckte zusammen.
    »Daß du ja nicht schreist«, wiederholte er. »Kannst du mich hören?«
    Es kostete sie sichtlich Mühe, darauf zu antworten. »Ja«, flüsterte sie.
    »Wirst du dich benehmen?« »Bitte. Bitte, tun Sie mir nicht weh.«
    »Ich will dir nicht wehtun«, entgegnete Frye. »Wenn du ruhig bist, nett bist und wenn du das tust, was ich will, dann brauch' ich dir nicht wehzutun. Aber wenn du schreist oder weglaufen willst, dann schneid' ich dich in Stücke. Verstehst du das?«
    Mit kaum hörbarer Stimme antwortete sie: »Ja.« »Wirst du brav sein?« »Ja.« »Lebst du allein hier?«
    »Ja.«
    »Kein Ehemann?«

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