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Flug 2039

Flug 2039

Titel: Flug 2039 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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sah dann schon nach dem Anfang vom Ende aus. Mein Bild auf der Titelseite von People war bereits drei Monate alt.
    Und so etwas wie eine Promi-Jobberatung gibt es nicht.
    Das erlebt man nie, dass verblühte Filmstars oder ähnliche Leute zur Umschulung auf die Abendschule gehen. Das Einzige, was mir noch übrig blieb, waren die Gameshows, und so schlau bin ich nun auch wieder nicht.
    Ich hatte meinen Zenit überschritten, und vom Timing her schien mir dies wieder einmal ein guter Zeitpunkt zu sein, mich endlich umzubringen, und fast hätte ich’s auch getan. Die Pillen lagen schon in meiner Hand. So nahe war ich dran. Ich wollte mich mit einer Überdosis Metatestosteron aus der Welt schaffen.
    Dann ruft der Agent an, laut, richtig laut schreit er ins Telefon, und das hört sich an wie eine Million kreischende Christen, die in Kansas City deinen Namen schreien, so viel Erregung ist in seiner Stimme.
    Über das Telefon in meinem Hotelzimmer erzählt mir der Agent vom besten Engagement meiner bisherigen Karriere. Nächste Woche. Dreißig Sekunden zwischen einer Tennisschuhreklame und einem Werbespot für eine Taco-Restaurantkette, und das zur besten Sendezeit.
    Wunderliche Vorstellung, dass ich die Pillen schon fast geschluckt hatte.
    Das ist nun ganz und gar nicht mehr langweilig.
    Landesweites Fernsehen, zig Milliarden Zuschauer, das wäre das Allergrößte, meine letzte Chance, die Pistole zu ziehen, um mich während einer vernünftigen Sehbeteiligung zu erschießen.
    Das wäre ein absolut nicht unzubeachtendes Märtyrertum.
    »Einen Haken hat die Sache allerdings«, sagt der Agent. Er schreit aus dem Hörer: »Ich habe denen erzählt, dass Sie ein Wunder tun werden.«
    Ein Wunder.
    »Nichts zu Großes. Sie brauchen nicht das Tote Meer zu teilen oder so was«, sagt er. »Wasser in Wein verwandeln wäre schon ausreichend, aber denken Sie dran, ohne ein Wunder wird der Spot nicht gesendet.«

Kapitel 23
    Plötzlich kehrt Fertility Hollis in mein Leben zurück. Ich bin inkognito in Spokane, Washington, und labe mich in einem Shari’s Restaurant an Kuchen und Kaffee, als sie zur Tür hereinkommt und ohne Umschweife auf meinen Tisch zusteuert. Fertility Hollis ist nicht gerade das, was man eine gute Fee nennen könnte, aber es kann einen schon überraschen, wo sie überall auftaucht.
    Wenn auch meistens eher nicht.
    Fertility mit ihren altgrauen Augen, gelangweilt wie der Ozean.
    Fertility, deren Ausatmen jedes Mal ein erschöpftes Stöhnen ist.
    Sie ist das blasierte Auge des Sturms, der die Welt um sie herum ist.
    Fertility, deren Arme und Gesichtszüge schlaff herabhängen wie die eines ausgelaugten Überlebenden, eines Unsterblichen, eines ägyptischen Vampirs, nachdem er Millionen Jahre lang Fernsehwiederholungen gesehen hat, die wir Geschichte nennen. Sie lässt sich auf den Stuhl mir gegenüber sinken, und ich bin ziemlich froh darüber, für mein Wunder hätte ich sie nämlich sowieso gebraucht.
    Das war zu der Zeit, als ich meinem Gefolge noch immer hätte davonlaufen können. Ich war zwar noch nicht wieder in der Versenkung verschwunden, aber ich stand an einem Wendepunkt. Dank meinem Einbruch in den Medien. Meiner Flaute.
    Wenn man sieht, wie Fertility sich mit den Ellbogen auf dem Tisch lümmelt und das Gesicht in die Hände stützt, wie ihr die verblichen roten Haare schlaff ins Gesicht hängen, könnte man meinen, sie komme soeben von einem Planeten, auf dem weniger Schwerkraft herrscht als auf der Erde. Als hätte sie, dünn wie sie ist, ein Gewicht von achthundert Pfund.
    Sie trägt eine Kombination, Hose, Bluse, Schuhe, und schleppt eine Stofftasche mit sich herum. Die Klimaanlage läuft, und man kann ihren Weichspüler riechen, süß und künstlich.
    Sie sieht aus wie verdünnt.
    Sie sieht aus wie aufgelöst.
    Sie sieht aus wie ausgelöscht.
    »Glotz nicht so«, sagt sie. »Ich bin heut bloß nicht geschminkt. Ich habe hier einen Termin.«
    Ihr Job.
    »Richtig«, sagt sie. »Mein schlimmer Job.«
    Ich frage: Wie geht’s meinem Fisch?
    »Gut«, sagt sie.
    Ausgeschlossen, dass es Zufall ist, ihr hier zu begegnen. Offenbar ist sie mir gefolgt.
    »Du vergisst, dass ich alles weiß«, sagt Fertility und fragt: »Wie viel Uhr ist es?«
    Ich sage es ihr. Dreizehn Uhr fünfunddreißig.
    »In elf Minuten wird die Kellnerin dir noch ein Stück Kuchen bringen. Ein Zitronenröllchen diesmal. Heute Abend werden nur etwa sechzig Leute zu deinem Auftritt kommen. Und morgen früh wird die Walker River Bridge in

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