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Flug 2039

Flug 2039

Titel: Flug 2039 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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beachten.
    »Okay«, sagt sie. »Ich habe dir deine Sünden verziehen. Wenn es dir hilft, ein bisschen zu entspannen, kann ich dir den Labello wohl besorgen.«

Kapitel 11
    Und natürlich, wir verlieren Fertility bei einem Fernfahrerlokal am Stadtrand von Denver, Colorado. Das habe sogar ich kommen sehen. Als unser Fahrer mal pinkeln geht, schleicht sie davon, um mir einen Labello zu besorgen. Adam und ich schlafen beide, bis wir sie schreien hören.
    Und natürlich hat sie das so geplant.
    Im Dunkeln, nur der Mond scheint durch die Fenster, stolpere ich zwischen den Möbeln zur Haustür, die Adam bereits aufgestoßen hat.
    Langsam schneller werdend, schon schaltet der Fahrer einen Gang höher, verlassen wir den Parkplatz. Fertility rennt uns nach. In ihrer ausgestreckten Hand hält sie den Labello. Die roten Haare flattern hinter ihr her. Ihre Schuhe klatschen auf den Asphalt.
    Adam streckt eine Hand aus, um sie zu retten. Mit der anderen Hand hält er sich am Türrahmen fest.
    Das ganze Haus bebt, ein kleiner Beistelltisch mit Marmorplatte kippt um und poltert an Adam vorbei aus der Tür. Fertility springt zur Seite, als der Tisch auf die Straße kracht.
    »Nimm meine Hand«, sagt Adam. »Du schaffst es.«
    Ein Esszimmerstuhl rattert aus dem Haus und verfehlt Fertility nur knapp. »Nein«, sagt sie.
    Ihre Worte sind im Lärm des Dieselmotors kaum zu hören: »Nimm den Labello.«
    »Nein«, sagt Adam. »Wenn ich dich nicht hochziehen kann, springen wir. Wir müssen zusammenbleiben.«
    »Nein«, sagt Fertility. »Nimm den Labello. Er braucht ihn.«
    »Dich braucht er noch mehr«, sagt Adam.
    Die Fenster, die wir aufgelassen haben, saugen Luft nach innen, und der offene Wohnbereich wirkt wie ein Kanal, der den Luftstrom durch die Vordertür strömen lässt. Bestickte Sofakissen heben ab und schießen an Adam vorbei ins Freie. Sie treffen Fertility mitten ins Gesicht und bringen sie ins Straucheln. Gerahmte Kunstdrucke, zumeist Reproduktionen von botanischen Kupferstichen und Bilder von eleganten Rennpferden, reißen von den Wänden und segeln auf die Straße, wo sie zu Splittern aus Glas und Holz und Kunst zerstieben.
    Ich möchte ja helfen, bin aber zu schwach. Ich habe in den letzten Tagen zu viel Aufmerksamkeit verloren. Ich kann mich kaum auf den Beinen halten. Mein Blutzuckerspiegel ist völlig außer Kontrolle. Ich kann nur zusehen, wie Fertility zurückbleibt und Adam sich immer weiter hinauslehnt.
    Die Seidenblumengestecke geraten in Bewegung, rote Seidenrosen, rote Seidengeranien und blaue Schwertlilien segeln hinaus und umflattern Fertility. Klatschmohn, das Symbol des Vergessens, landet auf der Straße, und sie rennt darüber hinweg. Falscher Jasmin und Wicken, weiß und rosa, Schleierkraut und Orchideen, weiß und violett, alles landet zu Fertilitys Füßen.
    »Nicht springen«, sagt Fertility.
    »Ich werde euch finden«, sagt sie. »Ich weiß, wo ihr hinfahrt.«
    Und dann schafft sie es beinahe doch noch. Fast erreicht sie Adams Hand, aber als er sie packen und hineinziehen will, greifen sie aneinander vorbei.
    Knapp daneben. Als Adam die Hand aufmacht, liegt aber der Labello darin.
    Und Fertility verschwindet ins Dunkel und in die Vergangenheit.
    Fertility ist weg. Inzwischen fahren wir mit sechzig Meilen pro Stunde, und Adam dreht sich um und schmeißt den Labello nach mir, so heftig, dass der Stift von zwei Wänden abprallt. »Hoffentlich bis du jetzt zufrieden,« knurrt Adam. »Hoffentlich hilft das Zeug deinen Lippen.«
    Der Geschirrschrank im Esszimmer springt auf, und Teller, Salatschüsseln, Suppenterrinen, Weingläser und Tassen hüpfen und kollern zur Tür hinaus. Und alles zerschmettert auf der Straße und bleibt als breite Spur aus Splittern, die im Mondlicht funkeln, hinter uns zurück.
    Niemand rennt mehr hinter uns her, und Adam wuchtet eine Farbfernsehtruhe mit Dolby-Sound und nahezu digitaler Bildqualität zur Tür. Ein Schrei, und dann schmeißt er das Gerät nach draußen. Dann schiebt er ein samtbezogenes Zweiersofa hinaus. Dann das Spinett. Und all das kracht berstend auf die Straße.
    Dann sieht er mich an.
    Ich, blöd, schwach und verzweifelt, krieche umher und versuche den Labello zu finden.
    Adam bleckt die Zähne, Haarsträhnen hängen ihm ins Gesicht. »Dich sollte ich auch noch rausschmeißen«, sagt er.
    Ein Schild schwebt vorbei: Nebraska 98 Meilen.
    Auf Adams Antlitz leuchtet auf einmal ein unheimliches Lächeln auf. Er taumelt zur offenen Haustür hin und schreit in den

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