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Flug 2039

Flug 2039

Titel: Flug 2039 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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statt aus Rigipsplatten. Anstrich im blaugrünen Ozeanlook.«
    Nein, flüstere ich. Wo in der Welt?
    »Ich wusste, dass du das meinst«, sagt Fertility.
    Am Fenster schwebt ein Schild vorbei: Achtung Umleitung.
    Ich kann mich an das Zimmer nicht erinnern. Unter der Decke läuft ein Tapetenstreifen mit tanzenden Elefanten an allen Wänden entlang. Das Bett hat einen Baldachin, von dem weiße fabrikgefertigte Spitzenvorhänge herabhängen, die mit rosa Satinbändern zurückgebunden sind. Weiße Läden flankieren die Fenster. Fertility und ich sind von einem herzförmigen Wandspiegel umrahmt.
    Ich frage: Was ist denn aus dem Maison geworden?
    »Das war zwei Häuser vorher«, sagt Fertility. »Wir sind jetzt in Kansas. In einem halben Maplewood Chateau mit vier Zimmern. Das ist so ziemlich das Beste, was es an Fertighäusern gibt.«
    Also was richtig Nettes?
    »Adam meint, es sei das Beste«, sagt sie und streicht mir die Bettdecke glatt. »Es wird mit farblich abgestimmten Bettbezügen geliefert, und das Geschirr in den Esszimmerschränken passt zu der malvenfarbenen Sitzgruppe im Wohnzimmer. Im Bad gibt es sogar malvenfarbene Handtücher. Die Küche fehlt allerdings, jedenfalls in dieser Hälfte. Aber irgendwo muss sie ja sein, und sie ist garantiert auch malvenfarben.«
    Ich frage: Wo ist Adam?
    »Der schläft.«
    Er hat sich keine Sorgen um mich gemacht?
    »Ich habe ihm erzählt, wie die ganze Sache ausgehen wird«, sagt Fertility. »Und jetzt ist er sehr zufrieden.«
    Die Bettvorhänge schwingen mit der Bewegung des Hauses hin und her.
    Am Fenster schwebt ein Schild vorbei: Vorsicht.
    Schrecklich, dass Fertility alles weiß.
    »Ich weiß, dass du es schrecklich findest, dass ich alles weiß«, sagt Fertility.
    Ich frage, ob sie auch weiß, dass ich ihren Bruder getötet habe.
    Und einfach so kommt die Wahrheit ans Licht. Meine komplette Beichte auf dem Sterbelager.
    »Ich weiß, dass du in der Nacht, in der er gestorben ist, mit ihm gesprochen hast«, sagt sie. »Aber Trevor hat sich selbst umgebracht.«
    Und dass ich nicht sein homosexueller Geliebter war.
    »Auch das wusste ich.«
    Und dass ich die Stimme am Krisentelefon war, mit der sie unanständige Reden geführt hat.
    »Ich weiß.«
    Sie verreibt eine Hand voll Feuchtigkeitscreme zwischen den Handflächen und massiert sie mir dann sacht in die Schultern. »Trevor hat dein Pseudokrisentelefon angerufen, weil er mal was Neues ausprobieren wollte. Und ich war aus dem gleichen Grund hinter dir her.«
    Mit geschlossenen Augen frage ich, ob sie weiß, wie das alles ausgehen wird.
    »Auf lange oder auf kurze Sicht?«, fragt sie.
    Beides.
    »Auf lange Sicht«, sagt sie, »werden wir alle sterben. Dann werden unsere Körper verwesen. Nichts Überraschendes. Und auf kurze Sicht werden wir noch lange glücklich sein.«
    Echt?
    »Echt«, sagt sie. »Also keine Panik.«
    Ich sehe mich in dem herzförmigen Spiegel älter werden.
    Am Fenster schwebt ein Schild vorbei: Komm gut nach Hause.
    Am Fenster schwebt ein Schild vorbei: Achtung Radarkontrolle.
    Am Fenster schwebt ein Schild vorbei: Auch tagsüber mit Licht.
    »Kannst du dich nicht einfach entspannen und die Dinge laufen lassen?«, sagt Fertility.
    Ich frage sie, ob sie damit Katastrophen meint, Schmerzen und Elend. Ob ich das wirklich einfach so geschehen lassen kann.
    »Und Freude«, sagt sie, »und Heiterkeit und Glück, und Zufriedenheit.« Sie zählt alle Flügel des Columbia Memorial Mausoleums auf. »Du kannst nicht alles beherrschen«, sagt sie. »Du kannst nicht alles lenken.«
    Aber du kannst auf die Katastrophe vorbereitet sein.
    Am Fenster schwebt ein Schild vorbei: Nie oben ohne!
    »Wenn du dauernd an Katastrophen denkst, kriegst du sie auch geliefert«, sagt Fertility.
    Ein Schild schwebt vorbei: Achtung Steinschlag.
    Ein Schild schwebt vorbei: Achtung gefährliche Kurven.
    Ein Schild schwebt vorbei: Rutschgefahr bei Nässe.
    Draußen rückt Nebraska immer näher.
    Die ganze Welt ist eine Katastrophe, die nur darauf wartet einzutreten.
    »Du solltest wissen, dass ich nicht immer bei dir sein werde«, sagt Fertility, »aber ich werde dich immer finden.«
    Am Fenster schwebt ein Schild vorbei: Oklahoma 25 Meilen.
    »Was auch immer geschieht«, sagt Fertility, »was auch immer du tun wirst, oder dein Bruder, es ist das Richtige.«
    Sie sagt: »Du musst mir vertrauen.«
    Ich frage: Kannst du mir einen Labello besorgen? Für meine Lippen. Die sind ganz rissig.
    Ein Schild schwebt vorbei: Vorfahrt

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