Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flug 2039

Flug 2039

Titel: Flug 2039 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
Vom Netzwerk:
man dich schließlich erzogen«, sagt Adam. »Das wäre der letzte Schritt deines Sklavendaseins.«
    Und was kann ich tun, um noch irgendetwas an meinem Leben zu ändern?
    »Die einzige Möglichkeit, jemals dein wahres Ich zu erkennen, besteht darin, dass du genau das tust, wovon die Kirchenältesten dir am heftigsten abgeraten haben«, sagt Adam. »Du musst die eine allergrößte Sünde begehen. Die ultimative Sünde. Du musst dich von der Kirchenlehre abwenden«, sagt Adam.
    »Sogar der Garten Eden war bloß ein großer schicker Käfig«, sagt Adam. »Wenn du nicht in den Apfel beißt, wirst du für den Rest deines Lebens ein Sklave sein.«
    Ich habe doch schon den ganzen Apfel gegessen. Ich habe alles getan. Ich bin im Fernsehen aufgetreten und habe die Kirche angeprangert. Ich habe vor Millionen Zuschauern Gott gelästert. Ich habe gelogen und gestohlen und sogar getötet, falls man Trevor Hollis mitzählen kann. Ich habe meinen Körper mit Drogen besudelt. Ich habe das Tal der Kirchenkolonie zerstört. Ich habe in den vergangenen zehn Jahren jeden Sonntag gearbeitet.
    »Du bist aber immer noch Jungfrau«, sagt Adam.
    Mit einem ordentlichen Sprung, sage ich mir, könnte ich alle meine Probleme endgültig lösen.
    »Du weißt schon: horizontaler Nahkampf. Die Salami wegstecken. Einlochen. Eine Nummer schieben. Die Sichel putzen. Matratzensport. Die Tante aufs Kreuz legen. Auf Tauchfahrt gehen. Das Tier mit den zwei Rücken machen. Ein Rohr verlegen. Einen reinhängen. Die Büchse anbohren«, sagt Adam.
    »Hör auf, dein Leben zu reparieren. Kümmere dich nur noch um das eine große Thema«, sagt Adam.
    »Kleiner Bruder«, sagt Adam, »du musst jetzt endlich was zum Bumsen kriegen.«

Kapitel 9
    Die Kirchenkolonie der Credisten ist exakt achttausenddreihundertzwanzig Hektar groß und umfasst nahezu das gesamte Tal des Flemming River westnordwestlich von Grand Island, Nebraska. Von Grand Island aus braucht man mit dem Auto vier Stunden dorthin. Von Sioux Falls sind es neun Stunden in südlicher Richtung.
    Immerhin das steht fest.
    Über das andere, was Adam mir erzählt hat, denke ich noch nach. Adam hat gesagt, in den meisten Kulturen bestehe der erste Schritt zur Versklavung der Menschen in ihrer Kastration. Man spricht dann von Eunuchen. Manche Kulturen sorgen nur dafür, dass der Sex den Menschen keinen sonderlichen Spaß macht. Dort werden Körperteile abgeschnitten. Die Klitoris, wie Adam das nennt. Oder die Vorhaut. Dadurch werden die empfindlichen Stellen, die Stellen, die einem das größte Lustgefühl verschaffen, mit der Zeit immer gefühlloser.
    Genau das ist der Sinn der Sache, sagt Adam.
    Die ganze Nacht lang fahren wir nach Westen, immer weiter weg von der Stelle, an der die Sonne aufgehen wird – als suchten wir vor ihr zu davonzulaufen, um nicht sehen zu müssen, was sie uns zeigen will, wenn wir nach Hause kommen.
    Auf dem Armaturenbrett vor dem Beifahrersitz klebt eine fünfzehn Zentimeter große Plastikpuppe, ein Mann in der Tracht der Credisten: weite Hosen, Wolljacke, Hut. Seine Plastikaugen glühen im Dunkeln. Seine zum Gebet gefalteten Hände sind so weit nach oben und nach vorn gereckt, dass es aussieht, als wollte er einen Hechtsprung machen.
    Fertility hat Adam gesagt, er solle einen neueren grünen Chevy nehmen, der zwei Straßen hinter dem Fernfahrerlokal von Grand Island irgendwo am Rand stehe. Sie hat gesagt, die Schlüssel würden noch stecken, und der Wagen wäre voll getankt. Keine fünf Minuten, nachdem wir das Casa Castile verlassen hatten, hatten wir das Auto gefunden.
    Adam starrt die Armaturenbrettpuppe an und sagt: »Was zum Teufel soll das sein?«
    Das soll ich sein.
    »Sieht dir aber kein bisschen ähnlich.«
    Es soll echt fromm aussehen.
    »Sieht eher aus wie ein Teufel«, sagt Adam.
    Ich sitze am Steuer.
    Adam sagt, die Kulturen, die dich nicht körperlich kastrieren, um dich zu versklaven, kastrieren dein Denken. Sie stellen Sex als so schmutzig und böse und gefährlich dar, dass du, selbst wenn du weißt, wie gut es wäre, sexuelle Beziehungen zu haben, dennoch darauf verzichten wirst.
    So machen es die meisten Religionen in der Außenwelt, sagt Adam. Und so haben es auch die Credisten getan.
    Ich will das alles gar nicht hören, aber als ich das Radio anmache, sind da alle Knöpfe auf religiöse Sender voreingestellt. Chorgesänge. Prediger, die mir erzählen, ich sei schlecht, ich lebte verkehrt. Auf einem Sender höre ich eine vertraute Stimme, es ist der

Weitere Kostenlose Bücher