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Flug des Adlers

Titel: Flug des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. E. Knight
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hatte. Vor Jahren hatte sein Vater die Kur von St. Louis beseitigt - das hatte er nicht von seinem Vater erfahren, sondern von einigen Männern, die mit ihm gedient hatten -, und die Grogs hatten im Vorraum des Fahrstuhls, der einst auf das Monument hinaufgeführt hatte, ihr eigenes Denkmal errichtet. Allerlei Objekte waren auf einem halbrunden Stück Fallschirmseide ausgelegt worden, das den großen Bogen über der Lobby nachahmte - Patronenhülsen, eine Feldflasche, ein Messer im Stil des KA-BAR, ein Kletterhandschuh, ein Stück Nylonschnur. Den Sinn dieser Dinge konnte er nachvollziehen, aber da gab es auch noch einen Fuchsschwanz, ein paar sonderbar geformte Würfel in einem klaren Plastikschlauch und eine verkorkte Flasche, deren Inhalt aussah wie Salatöl.

    Die Erinnerungsstücke waren frei von Staub. Vielleicht hüpfte im Zuge von Festlichkeiten ein Geschichtenerzähler auf den Kasten mit der Fallschirmseide (glaubten die Grogs, die Gegenstände hinter Glas zu verwahren, würde sie ihrer Kraft berauben?) und benutzte die Gegenstände als Requisiten. Vielleicht lagen auch Leichen hinter der Tür begraben, die von dem schweren Kasten blockiert wurde. Grogs bauten häufig Denkmäler vor Grabstätten. Es war unter den Grogs auch nicht tabu, die Erinnerungsstücke für einen Moment zum Zweck der genaueren Betrachtung oder der Ehrerweisung herauszunehmen, wenn man sie anschließend zurücklegte.
    Valentine war in Versuchung, den Handschuh zu ergreifen. Zwar war er für seine eigene Hand zu groß, doch schien er immer noch zu klein im Vergleich mit seiner Erinnerung an die gewaltigen, tüchtigen Hände seines Vaters. Er verzichtete darauf, ihn herauszunehmen, denn die alten Grogs, die sich auf der Schwelle drängelten, schnaubten schon verärgert, als er sich nur einmal zu nahe an die Auslage beugte.
    Cutcher führte ihn zu den Klippen am Fluss und zeigte ihm ein Haus, dessen ausgedehntes Kellergeschoss in den Kalkstein getrieben worden war. Zuletzt hatte das Haus einem Flusshändler gehört, der eine Sägemühle an der Werft besaß und an einem markerschütternden, schwindsüchtigen Husten litt. In einem Anfall von Furcht hinsichtlich seines nahenden Todes hatte er seinen gesamten Besitz mit allem Mobiliar der Kirche gespendet.
    »Sein letztes Geschäft, dieses Mal mit Gott«, sagte Cutcher lachend. »Möge sich der Handel für ihn auszahlen.«
    Sie hatten vor, Blake zu verlegen, sobald die Forscher der Miskatonic den letzten Sehtest abgeschlossen hatten. Hier oben in der mondlosen Finsternis unter den Bäumen
hätte er viel Platz zum Auskundschaften. Cutcher bemerkte, mit ihm mitzuhalten würde ihn vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen.
    Es fühlte sich falsch an, in einem Keller Abschied zu nehmen. Auf Wiedersehen sagte man in Vorgärten, am Gartentor, auf einem Bahnsteig oder an einer Bushaltestelle, nicht in einem verrammelten Untergeschoss, das nach nassen Windeln roch.
    »Wenn du mehr Geld brauchst …«, sagte Valentine zu Narcisse.
    »Monsignore Cutcher hat Mittel genug. Es wird uns an nichts mangeln.«
    »Außer am Anblick einer dieser großen Palmen.«
    »Königspalmen«, sagte Narcisse und nickte. »Ich vermisse sie wirklich, und den Geruch des Seewinds am Morgen auch.«
    »Ich möchte dir noch einmal danken, dass du …«
    Sie bohrte ihm den Finger in den gesunden Oberschenkel. »Daveed, bitte. Ich bin alt, und ich habe gelernt, wo der Unterschied zwischen gebraucht und benutzt werden liegt. Hier werde ich gebraucht. Hier kann ich mich nächtelang mit dem guten Priester unterhalten, während wir Wache halten. Ein tiefsinniger, freundlicher Mann mit Güte und Magie im Herzen. Ich habe nur zwei oder drei andere Menschen wie ihn kennengelernt.«
    »Ich wünschte, ich hätte noch Zeit, um ein paar Bauklötze für Blake zu besorgen. Und ein paar Leselernbücher.«
    »Ich werde ein paar Scrabblesteine besorgen oder malen. Solche, wie sie die Ratthasen hatten. Er wird das ABC lernen, wenn er so weit ist. Er lernt, aber sein Geist reift bisher ein bisschen langsamer als sein Körper.«
    Valentine trauerte den verlorenen Mah-Jongg-Steinen nach. Die bunten Farben und die aufwendigen Muster
hätten Blake bestimmt Spaß gemacht. Valentines letzte Erinnerung an die schönen Tage mit Malia Carrasca lag wahrscheinlich irgendwo tief in The Nut in einem Gefängnisarchiv.
    Narcisse gab ihm einen Beutel mit Trockenfleisch und einen mit süßen Keksen, dazu ein paar Nüsse, vermengt mit Hafer und Maisbrotkrumen - die

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