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Flug des Adlers

Titel: Flug des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. E. Knight
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wäre vielleicht einfacher, ihn irgendwo in dieser Stadt zu verstecken. Hier fallen Fremde auf - jemand, der versucht, hier herumzuschnüffeln, wird zweifellos die Aufmerksamkeit der Stämme erregen.«
    Sie stiegen hinunter in einen Bereich mit Räumen, die in Anbetracht der vielen Spülbecken einst als Küchen gedient haben mussten. Hölzerne Trennwände trennten an einer langen Mauer Lagerräume und Schlafabteile zum Schutz vor der schlimmsten Sommerhitze ab. Valentines Habe füllte eine der Kabinen; die längerfristig verstauten Truhen der Gebrüder Bloch ruhten offen in einer anderen. Die Brüder, Verhaltensbiologen der Miskatonic in Pine Bluff, studierten alles, was Blake konsumierte und
ausschied, und unterzogen ihn von Zeit zu Zeit einer medizinischen Untersuchung - das allerdings nur unter der Aufsicht von Personen, denen Valentine vertraute. Narcisse aus dem Kommando Süd rauszuholen, war leichter gewesen, als er gedacht hatte: Sie hatten sie in einem Genesungsheim untergebracht und ihr eine Arbeit zugewiesen, die eher einer Beschäftigungstherapie entsprach. Man hatte sie behandelt wie eine Patientin, nicht wie eine fähige Pflegerin oder Köchin. Will Post hatte ihr Valentines Angebot unterbreitet und dafür gesorgt, dass sie in eine Grenzstadt gelangte, in der sie einander treffen konnten.
    Valentine freute sich darauf, die Jungs von der Miskatonic nach Hause zu schicken. Denen würde das Kinn bis auf den schlammigen Grund des nahen Mississippi sacken.
    Valentine nahm Kochgerüche wahr. Die Blochs waren vermutlich gerade beim Frühstück. Blake war weitgehend nachtaktiv, und sie hatten sich seinem Tagesrhythmus angepasst.
    Das Quietschen von Gummi auf Linoleum hallte aus der Finsternis des vor ihnen liegenden Korridors.
    »Ich habe deine Schritte auf den Stufen gehört, Daveed«, sagte Narcisse und schob sich in das schwache Licht, das von den schmutzigen Fliesen zurückgeworfen wurde.
    Valentines alte Führerin aus Haiti lächelte unter einer ihrer farbenfrohen Bandanas zu ihm empor. Ihr Gesicht hatte ein paar neue Falten und Leberflecken.
    »Hallo Sissy.«
    »Du siehst müde aus. Ruh dich aus und iss was. Ich bringe dir eine Schale Suppe. Brot ist auch da. Und Olivenöl von dem einen oder anderen Raubzug. Die Grauen kriegen davon fürchterlichen Dünnschiss, darum überlassen sie es uns.«

    »Ich möchte erst nach Blake sehen.«
    »Natürlich.«
    »Ich verabschiede mich dann von Ihnen beiden«, sagte Cutcher. »Sie können jederzeit gern zu mir kommen, David, falls Sie wegen Blake besorgt sind.«
    »Mach ich, Monsignore.«
    Sissy führte ihn den Korridor hinunter. Seit er das letzte Mal hier gewesen war, hatten sie einen Erste-Hilfe-Koffer von der Größe einer Aktentasche an der Wand angebracht; Valentine fragte sich, ob es vielleicht noch ärgere Probleme gegeben hatte als die mit den Eichhörnchen und Tauben. Sie betraten den ehemaligen Müllverbrennungsraum, der nun dem jungen Schlächter als Schlafzimmer diente.
    Eine alte Nonne mit einem Gesicht wie eine Rosine bewachte seinen Schlaf, und durch einen Spalt in dem Kellerfenster drang ein Lichtstrahl herein, der gerade so viel Helligkeit lieferte wie eine Nachtlampe.
    »David Valentine, sind Sie doch endlich zurückgekommen«, flüsterte sie und nahm ihn in die Arme. »Es ist ein Segen.«
    Blake war gewachsen wie der Mais in Iowa in einem heißen, gewittrigen Sommer. Valentine fühlte noch den alten Schmerz und musterte seine eigenen Handgelenke. Man konnte schwache Spuren erkennen, die aussahen wie die Einstichwunden an den Armen der Süchtigen, die er im Zoo von Chicago gesehen hatte. Er erinnerte sich gut an die strapaziösen ersten Monate mit Blake, als er ihn, ständig unter einer Decke versteckt, von einem dunklen Loch im Niemandsland zum nächsten geschleppt hatte. Damals hatte er ihn genährt, wann immer kein Vieh zur Verfügung gestanden hatte. Einmal hatte er in dieser Zeit in den Spiegel gesehen und dort das Gespenst seiner selbst erblickt.

    »Blake«, sagte Valentine von der anderen Seite des Raums aus. Manchmal schlug der Schlächter zu wie ein wildes Tier, wenn etwas ihn im Schlaf berührte.
    Die Lider über den gelben, schlitzförmigen Pupillen öffneten sich. Die zierliche Gestalt setzte sich auf. Valentine erkannte auf seinem Pyjama die Bilder von Ernie und Bert.
    »papa«, sagte Blake mit seiner zarten, hauchigen Stimme. Er sprang aus dem Bett und überwand mit einem unbeholfenen Satz einen guten Meter.
    »Springen«, mahnte

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